Verfahrensgang

LG Aachen (Aktenzeichen 9 O 343/19)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 27. Februar 2020 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 9 O 343/19 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 13.783,89 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Oktober 2019 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugunsten der Beklagten zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin schloss mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine fondsgebundene Rentenversicherung ("Rüruprente") mit Versicherungsbeginn zum 1. Oktober 2008 ab. Mit Schreiben vom 16. April 2019 erklärte sie den Widerruf.

Mit der Klage hat die Klägerin im Wege der Stufenklage die Rückabwicklung des Vertrags verlangt. Sie hat hierzu die Auffassung vertreten, noch im Jahr 2019 zum Widerruf berechtigt gewesen zu sein. Die Widerrufsbelehrung sei nicht ordnungsgemäß gewesen. Zudem seien ihr die Pflichtinformationen nach § 7 VVG i.V.m. §§ 1, 2 VVG-InfoV nicht vollständig erteilt worden; so fehlen etwa Angaben zur Höhe der Abschluss- und Vertriebskosten gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 VVG-InfoV (s. S. 11 der Replik vom 8. Januar 2020, GA 111).

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

1. ihr Auskunft über den Rückkaufswert im Sinne von § 169 Abs. 3 VVG einschließlich der Überschussanteile zum 17. April 2019 sowie über die Höhe der bis zum 17. April 2019 angefallenen Abschluss- und Vertriebskosten zu Vertrag Nr. x.5xxx3xx.x9 zu erteilen;

2. an sie einen nach Auskunftserteilung noch zu beziffernden Betrag nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2019 zu zahlen;

3. an sie weitere 958,19 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Eintritt der Rechtshängigkeit (20. Oktober 2019) zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat sich auf den Standpunkt gestellt, die Widerrufsbelehrung sei nicht zu beanstanden. Die Klägerin habe auch sämtliche fristauslösenden Unterlagen vor Antragstellung erhalten, was sie durch Empfangsbekenntnis bestätigt habe.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 27. Februar 2020, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Ausübung eines etwa fortbestehenden Widerrufsrechts stehe jedenfalls § 242 BGB entgegen.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlich gestellten Anträge zunächst in vollem Umfang weiterverfolgt hat. Nachdem die Beklagte in der Berufungserwiderung das Fondsguthaben zum 17. April 2019 mit einem Betrag von 11.736,15 EUR und die Abschlusskosten mit 2.047,74 angegeben hat, hat die Klägerin den Auskunftsantrag für erledigt erklärt. Sie stellt sich weiterhin auf den Standpunkt, die Widerrufsbelehrung sei unzureichend und die Pflichtinformationen seien - insbesondere auch zur Höhe der Abschluss- und Vertriebskosten - unvollständig. Entgegen der landgerichtlichen Auffassung liege auch keine Verwirkung vor.

Die Klägerin beantragt nunmehr, die Beklagte zu verurteilen,

1. an sie 13.783,89 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2019 zu zahlen;

2. an sie weitere 958,19 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Eintritt der Rechtshängigkeit (20. Oktober 2019) zu zahlen.

Die Beklagte hat sich vorsorglich der Teilerledigungserklärung unter Verwahrung gegen die Kostenlast angeschlossen und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Zur Rüge der Klägerin, es fehlten hinreichende Angaben zu den Abschluss- und Vertriebskosten, hat sie in der Berufungserwiderung auf § 13 der AVB verwiesen und geltend gemacht, damit seien Informationen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 VVG-InfoV "nicht insgesamt unterlassen" worden (GA 262). Mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2020 trägt sie vor, dem Vorschlag für einen Antrag auf Abschluss einer Rentenversicherung sei u.a. ein Produktinformationsblatt beigefügt gewesen, das auf S. 2 unter Ziffer 3 bezifferte Angaben über die Abschluss- und Vertriebskosten enthalte (GA 429). Dieses Produktinformationsblatt habe die Klägerin erhalten; dessen Empfang habe sie bestätigt.

Die Klägerin hat dies in Abrede gestellt und trägt weiterhin vor, sie habe nur das von ihr vorgelegte Produktinformationsblatt erhalten (Anlage K 2, GA 17 f.; nochmals im Rahmen der Anlage BK 2 vorgelegt, GA 304 f.). Darin befänden sich keine Angaben zu den Abschl...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge