Entscheidungsstichwort (Thema)

Zivilprozess - Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit; Konfliktvertretung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Zulässigkeit eines Ablehnungsgesuchs als Mittel der "Konfliktvertretung" im Zivilprozess

2. Die dienstliche Äußerung nach § 44 Abs. 3 ZPO dient der Tatsachenfeststellung. Entgegen Schneider (NJW 2008, 491 f.) ist es deshalb nicht Aufgabe des abgelehnten Richters, in seiner Erklärung das Vorbringen des Ablehnungsgesuchs "zu würdigen".

3. Soweit sich das Ablehnungsgesuch auf den Inhalt einer Entscheidung des abgelehnten Richters stützt, ist eine dienstliche Äußerung dieses Richters nicht veranlasst. Denn insoweit würde die dienstliche allein auf eine nachträgliche Rechtfertigung der jeweiligen Entscheidung hinauslaufen und könnte deshalb zur Entscheidung über das Gesuch nichts beitragen (vgl. BVerwG NVwZ-RR 2008, 140 f.)

 

Normenkette

ZPO § 42 Abs. 1, § 44 Abs. 3, § 46 Abs. 2, § 47 Abs. 1; GG Art. 103 Abs. 1; EMRK Art. 6 Abs. 1 S. 1; BRAO § 1

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 19.11.2008; Aktenzeichen 22 O 77/04)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 2) vom 8.12.2008 gegen den Beschluss der 22. Zivilkammer des LG Köln vom 19.11.2008 - 22 O 74/04, in diesem Beschluss des LG Köln selbst als Beschluss der "20. ZK" bezeichnet, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu 2) zu tragen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der H. I. OHG (Schuldnerin) die Beklagten gemäß den §§ 93 InsO, 128 HGB als Gesellschafter der Schuldnerin für deren Verbindlichkeiten in Anspruch. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin ist durch Beschluss des AG Köln vom 1.12.2003 eröffnet worden. Der Beklagte zu 2) war seit dem 1.1.1999 nicht mehr aktiv im Unternehmen der Schuldnerin tätig.

Nachdem auf entsprechenden Insolvenzantrag des Beklagten zu 1), des Herrn X. I., für diesen ein sog. starker vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden war, hat das LG durch Beschluss vom 21.4.2004 festgestellt, dass der Rechtsstreit gegen den Beklagten zu 1) unterbrochen sei. Danach hat der Kläger im Termin vom 2.9.2004 vor dem LG beantragt, den Beklagten zu 2) zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 1.339.044,70 EUR nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 1.1.2004 zu zahlen. Diesem Antrag hat das LG durch ein am 9.9.2004 verkündetes Teilurteil bis auf einen geringen Teil des Zinsverlangens entsprochen. Dieses Teilurteil hat der Senat auf die Berufung des Beklagten zu 2) durch (unangefochten gebliebenes) Urt. v. 23.8.2006 - 2 U 128/04 - aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen. Der Senat hat ausgeführt, zwar sei es nach der Rechtsprechung des BGH (BGH NZI 2003, 229), welcher der Senat folgt, trotz der damit begründeten Gefahr einander widersprechender Entscheidungen im selben Rechtsstreit nicht zu beanstanden, wenn - wie hier - gegen einen von zwei einfachen Streitgenossen durch Teilurteil entschieden werde, nachdem der Rechtsstreit ggü. dem anderen nach § 240 Abs. 1 ZPO unterbrochen sei. Das Teilurteil vom 9.9.2004 beruhe indes deshalb auf einem Verfahrensfehler, weil die Zivilkammer ihm zu Unrecht die Erwägung zugrunde gelegt habe, dass sich der Beklagte zu 2) zu den nach einem Hinweisbeschluss der Kammer vom 8.6.2004 erfolgten weiteren Darlegungen des Klägers nicht mehr geäußert habe. Vielmehr habe der Beklagte zu 2) durch seinen Schriftsatz vom 23.8.2004 sehr wohl ebenso zu den Ausführungen im Schriftsatz des Klägers vom 1.7.2004 wie zu dem Hinweisbeschluss vom 8.7.2004 Stellung genommen. Diese Stellungnahme habe, so hat der Senat weiter ausgeführt, das LG nicht berücksichtigt. Das angefochtene Teilurteil beruhe auch auf diesem Verfahrensfehler. Hätte die Kammer die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 23.8.2004 berücksichtigt, so hätte es nicht ohne vorherige Durchführung einer aufwendigen Beweisaufnahme in der Sache entscheiden können. Erst nach dieser Beweisaufnahme zu einer Vielzahl von - jeweils von dem Beklagten zu 2) bestrittenen - Einzelforderungen lasse sich feststellen, ob und wenn ja in welchem Umfang die Klage begründet sei. Deshalb werde der Rechtsstreit entsprechend dem darauf gerichteten Antrag des Beklagten zu 2) nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverwiesen.

Nachdem die Parteien danach ausweislich eines Aktenvermerks der damaligen Berichterstatterin des LG zunächst über die Möglichkeit einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich gesprochen hatten, hat der Kläger mit einem an das LG gerichteten Schriftsatz vom 20.7.2007 gebeten das Verfahren fortzusetzen und zugleich angeregt, zur Vereinfachung der Verfahrensabwicklung zunächst nur Zeugen aus dem Hause der Schuldnerin zu laden. Durch Verfügung vom 14.11.2007 - zuvor war die Akte nach einem Aktenvermerk der Geschäftsstelle des LG dort offenbar für Monate außer Kontrolle geraten und schließlich wieder a...

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