Tenor

  • I.

    Der Zulassungsantrag wird als unbegründet verworfen.

  • II.

    Die Rechtsbeschwerde gilt damit als zurückgenommen (§ 80 Abs. 4 S. 4 OWiG).

  • III.

    Die Kosten des Verfahrens vor dem Beschwerdegericht trägt der Betroffene.

 

Gründe

Angesichts der erkannten Geldbuße von 70,- € ist die Rechtsbeschwerde nicht ohne weiteres statthaft, sondern bedarf gemäß § 79 Abs. 1 S. 2 OWiG der Zulassung. Deren gesetzliche Voraussetzungen (vgl. § 80 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 OWiG) liegen indessen nicht vor.

Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, allgemeine Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (vgl. BGH VRS 40, 134 [137]). Zulassungsbedürftige Fragen in dieser Hinsicht wirft die Sache nicht auf; insbesondere hat der Senat in einem Parallelverfahren mit Entscheidung vom heutigen Tag zu der dort ebenfalls verfahrensgegenständlichen Geschwindigkeitsmessung mit dem Messgerät TraffiStar S 350 und mit Blick auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes vom 5. Juli 2019 (Lv 7/17 = NJW 2019, 2456 ff) wie folgt Stellung genommen (vgl. SenE v. 27.09.2019 - III-1 RBs 339/19):

"Die angefochtene Entscheidung verletzt ihn (erg.: den Betroffenen) nicht in seinem Grundrecht auf ein faires Verfahren. Namentlich ist sein Anspruch auf effektive Verteidigung nicht in durchgreifender Weise berührt.

Anlass zu Ausführungen bietet insoweit das Urteil des Verfassungsgerichtshofes des Saarlandes (VerfGH) vom 5. Juli 2019 (Lv 7/17 = NJW 2019, 2456 ff.), wonach der Grundsatz des fairen Verfahrens verletzt ist, wenn der Betroffene einwendet, er könne das Messergebnis mangels gespeicherter Rohmessdaten nicht sachverständig überprüfen lassen.

Die Entscheidung, die Geltung nur für das Saarland entfaltet, bindet den Senat nicht. Er teilt im Übrigen die Auffassung auch in der Sache nicht; er hält vielmehr die dort postulierten Anforderungen an ein faires Verfahren und eine effektive Verteidigung für überzogen. Die Prämisse jederzeitiger anlassloser Überprüfbarkeit lässt sich jedenfalls für den Bereich der Verfolgung massenhaft auftretender Verkehrsordnungswidrigkeiten aus diesen Grundsätzen nicht herleiten (so wohl auch: Krenberger, NZV 2019, 421, 422). Das gilt nach Auffassung des Senats unabhängig davon, ob Messdaten im Einzelfall vom Gerät gespeichert werden oder nicht. Er folgt insoweit der Auffassung des OLG Oldenburg (Beschl. v. 09.09.2019 - 2 Ss OWi 233/19 - betr. das Lichtschrankenmesssystem ES 8.0).

Ein Messgerät durchläuft eine intensive, sich in der Regel über mehrere hundert Stunden erstreckende Bauartprüfung bei der Physikalisch Technischen Bundesanstalt (PTB). So sind bei dem betroffenen System TraffiStar S 350 - so der Sachverständige der PTB in der mündlichen Verhandlung vor dem VerfGH - über 21.000 Messungen mit dem Ergebnis durchgeführt worden, dass die gesetzlich geforderten Fehlergrenzen eingehalten werden. Erst nach erfolgreichem Durchlaufen dieser Testverfahren wird die Konformitätsbescheinigung erteilt, die nach der vom Senat geteilten obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. zuletzt SenE v. 21.11.2018 - III-1 RBs 383/18 -; SenE v. 10.04.2019 - III-1 RBs 416/19 -; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.01.2017 - IV 3 RBs 20/17 -; OLG Oldenburg, Beschl. v. 13.03.2017 - 2 Ss OWi 40/17 -; OLG Rostock, Beschl. v. 22.01.2019 - 21 SS OWi 251/128 -) ein sog. antizipiertes Sachverständigengutachten darstellt. Hinzu kommt, dass nach erfolgter Zulassung eines Messverfahrens jedes zum Einsatz kommende Einzelgerät noch zusätzlich dem Erfordernis der regelmäßigen Eichung - mithin einer turnusmäßigen Kontrolle der Gerätefunktionen und ihrer Konformität mit dem bei der PTB hinterlegten Baumuster durch eine unabhängige Landesbehörde - unterliegt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.07.2014 - 1 RBs 50/14 -). Etwaigen Ungewissheiten und Ungenauigkeiten wird schließlich durch - äußerst großzügig bemessene - Toleranzabzüge Rechnung getragen. All dies begründet ein hohes Maß an Zuverlässigkeit, welches bei der Verfolgung angemessene Beachtung finden muss.

Das erkennt im Grundsatz auch der VerfGH an, indem "in keiner Weise bezweifelt wird, dass der Zulassungs- oder Konformitätsprüfung der PTB außerordentlich sorgfältig und neutral erfolgen und unter den gleichen Bedingungen gewährleisten, zu gleichen Ergebnissen zu gelangen." Ist dem aber so, so ist es nur konsequent, Vertrauen in die vom Messsystem gelieferten Ergebnisse zu setzen. Nach Auffassung des Senats würde die Systematik des antizipierten Sachverständigengutachtens konterkariert, ja geradezu ad absurdum geführt, würde der Betroffene diese jederzeit und allein auf einen Verdacht hin in Frage stellen und überprüfen dürfen. Durch die Verwehrung einer solchen Prüfung wird er nicht "zum unmündigen Objekt staatlicher Verfügbarkeit" degradiert bzw. "auf Gedeih und Verderb der amtlichen Bestätigung der Zuverlässigkeit eines elektronischen Systems und der es steuernden Algorithmen ausgeliefert". Anders als der VerfGH...

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