Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozessrecht: Ablehnung eines ehrenamtlichen Richters wegen Befangenheit im Verfahren nach dem LwVG

 

Leitsatz (amtlich)

Der Umstand allein, dass die im Verfahren nach dem LwVG beteiligten ehrenamtlichen Richter konventionellen Landbau betreiben, rechtfertigt auch aus Sicht einer Partei, die ökologischen Landwirtschaft betreibt, nicht die Besorgnis der Befangenheit i.S.d. § 42 ZPO. Die Ablehnung setzt vielmehr eine in der Person des zur Entscheidung berufenen Richter liegenden individuellen Ablehnungsgrund voraus, der erst dann gegeben ist, wenn der Richter durch sein konkretes Verhalten die Besorgnis der Voreingenommenheit oder Parteilichkeit begründet. Das Verfahren und die Voraussetzungen der Berufung zum ehrenamtlichen Richter sowie ihre Heranziehung zu den Sitzungen sind in §§ 4 und 6 LwVG gesetzlich geregelt. Diese gesetzliche Regelung unterscheidet nicht danach, welche Art der Landwirtschaft der ehramtliche Richter betreibt.

 

Normenkette

ZPO § 42

 

Verfahrensgang

AG Kempen (Beschluss vom 24.07.2005; Aktenzeichen 23 Lw 58/04)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Kläger vom 18.8.2005 gegen den Beschluss des AG - Landwirtschaftsgericht - Kempen vom 24.7.2005 - 23 Lw 58/04 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Das AG hat das Ablehnungsgesuch gegen die ehrenamtlichen Richter zu Recht und mit zutreffender Begründung als unbegründet zurückgewiesen. Die Besorgnis der Befangenheit begründen die Kläger ausschließlich damit, dass die ehrenamtlichen Richter die Landwirtschaft im konventionellen und nicht im ökologischen Anbau betreiben. Das ist kein Ablehnungsgrund i.S.d. § 42 ZPO. Die Ablehnung setzt einen in der Person des zur Entscheidung berufenen Richters liegenden individuellen Ablehnungsgrund voraus (Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 42 Rz. 30). Ablehnungsgründe sind daher grundsätzlich nicht den gesellschaftlichen Standort des Richters betreffende Umstände, wie etwa die Mitgliedschaft in einer Partei, einer Gewerkschaft oder sonstigen gesellschaftlichen Organisation. Das gleiche gilt für die allgemeine Einstellung des Richters zu bestimmten gesellschaftlichen oder wirtschaftspolitischen Fragen (vgl. zum ganzen Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 42 Rz. 30 ff., m.w.N.). Demgemäß vermag auch die allgemeine Einstellung des Richters zu den landwirtschaftlichen Produktionsmethoden eine Ablehnung nicht zu rechtfertigen. Ein Ablehnungsgrund kann sich erst dann ergeben, wenn der Richter durch sein konkretes Verhalten die Besorgnis der Voreingenommenheit oder Parteilichkeit begründet. Das machen die Kläger hier aber nicht geltend. Vielmehr heben sie - was in der Beschwerdebegründung besonders klar herausgestellt wird - auf den generellen Gesichtspunkt ab, dass unabhängig von den Einzelheiten des Verfahrens durch die spezielle Besetzung der Landwirtschaftsgerichte mit ehrenamtlichen Richtern, die selbst Landwirtschaft betreiben, eine besondere Fachkunde und Kenntnisse der tatsächlichen Gegebenheiten sichergestellt seien. Daraus folgt indessen nicht, dass bei der Auswahl der ehrenamtlichen Richter danach zu unterscheiden wäre, ob sie konventionelle oder ökologische Landwirtschaft betreiben. Das Verfahren und die Voraussetzungen der Berufung zum ehrenamtlichen Richter in Landwirtschaftssachen sind gesetzlich in § 4 LwVG und in den Ausführungsbestimmungen der Länder (für NRW im AGLwVG v. 20.12.1960, geändert durch Gesetz v. 18.5.2004; Barnstedt/Steffen, LwVG, 7. Aufl., § 4 Rz. 47) geregelt. Eine Unterscheidung hinsichtlich der vom ehrenamtlichen Richter ausgeübten landwirtschaftlichen Produktionsmethode sieht das Gesetz nicht vor. Bei der Heranziehung der ehrenamtlichen Richter ist nach § 6 Abs. 1 LwVG lediglich in Pachtsachen oder Angelegenheiten nach dem Bundesvertriebenengesetz auf eine paritätische Besetzung zu achten. Bei Pachtsachen betrifft das allerdings nur die Eigenschaft des ehrenamtlichen Richters als Pächter oder Verpächter. Sonstige gesetzliche Vorgaben bestehen nicht. Der Antrag der Kläger läuft auf eine Korrektur dieser gesetzlichen Vorgaben hinaus. Diese ist jedoch dem Gesetzgeber vorbehalten.

Der Verweis der Kläger im Schriftsatz vom 21.9.2005 darauf, dass sie sich in ihren Bedenken ggü. der Besetzung mit Beisitzern, die konventionellen Landbau betreiben, durch das vorangegangene Verfahren bestärkt sehen, ändert hieran nichts. Das Gesetz geht davon aus, dass sich das Gericht eine für die Entscheidung etwa erforderliche Sachkenntnis durch einen Sachverständigen verschaffen kann. Dabei ist es auch Sache der Partei, auf Gesichtspunkte, die aus ihrer Sicht von Bedeutung sind, hinzuweisen. Ein Grund, die gesetzlich vorgesehene Besetzung des Gerichts abzuändern, ergibt sich aus den von den Klägern angeführten Gesichtspunkten nicht.

Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen; die Kosten der Beschwerde sind Teil der Kosten der Hauptsache (Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 46 Rz., 20 m.w.N.)

Die Entscheidung ergeht nach § 20 Abs. 1 Nr....

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