Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewöhnlicher Aufenthalt des Erblassers bei Einreichung der Scheidung

 

Leitsatz (amtlich)

Durch die Einreichung eines Scheidungsantrages bringt ein Erblasser zum Ausdruck, dass er seinen bisherigen gewöhnlichen Aufenthalt iSv § 343 Abs. 1 FamFG an dem Ort der gemeinsamen Ehewohnung aufgibt und nunmehr einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt an dem Ort seines jetzigen Lebensmittelpunkts begründen will.

 

Normenkette

FamFG §§ 3, 5, 343 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Köln (Aktenzeichen 29 IV 163/17)

AG Bremen (Aktenzeichen 31 IV 246/17)

 

Tenor

Zuständig ist das Amtsgericht - Nachlassgericht - Köln.

 

Gründe

I. Mit am 08.05.2017 beim Amtsgericht Köln eingegangenen undatiertem Schreiben hat der Beteiligte zu 2) ein Testament eingereicht, das die Rechtspflegerin des Amtsgerichts Köln am 15.05.2017 eröffnet hat. Mit Verfügung vom 15.05.2017, ausgeführt am 20.06.2017, hat das Amtsgericht Köln das eröffnete Testament an das Amtsgerichts Bremen zuständigkeitshalber übersandt. Mit Schriftsatz vom 18.05.2017 hat der Beteiligte zu 1) beim Amtsgericht Bremen Testamente eingereicht, die die Rechtspflegerin des Amtsgerichts Bremen am 08.06.2017 eröffnet hat. Ausweislich des Eröffnungsprotokolls vom 08.06.2017 hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts Bremen den Vorgang gem. § 350 FamFG zuständigkeitshalber an das Amtsgericht Köln "abgegeben". Mit Schreiben vom 13.06.2017 hat das Amtsgericht Bremen u.a. die eröffneten Testamente und das Eröffnungsprotokoll vom 08.06.2017 an das Amtsgericht Köln übersandt.

Durch am 06.07.2017 erlassenen Beschluss vom 05.07.2017 hat sich das Amtsgericht Köln für unzuständig erklärt und die Sache an das Amtsgericht Bremen verwiesen. Durch Beschluss vom 25.07.2017 hat sich das Amtsgericht Bremen für unzuständig erklärt und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit vorgelegt.

II. 1. Das zuständige Gericht ist gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG zu bestimmen, da ein sogenannter negativer Zuständigkeitsstreit besteht (vgl. hierzu etwa Keidel/Sternal, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 5 Rn. 21 m.w.N.). Da das nächsthöhere gemeinsame Gericht der Amtsgerichte Bremen und Köln der Bundesgerichtshof ist, hat die Zuständigkeitsbestimmung durch das Oberlandesgericht Köln, zu dessen Bezirk das zunächst mit der Sache befasste Amtsgericht Köln gehört, zu erfolgen (§ 5 Abs. 2 FamFG). Sache im Sinne von § 5 Abs. 2 FamFG ist hier die gemeinsame Verwahrung aller eröffneten Verfügungen gem. § 350 FamFG durch das gem. § 343 FamFG örtlich zuständige Nachlassgericht.

2. Zuständiges Gericht ist das Amtsgericht - Nachlassgericht - Köln.

Bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 ZPO sind nicht nur die allgemeinen Zuständigkeitsvorschriften, sondern auch die verfahrensrechtlichen Bindungswirkungen (§ 3 Abs. 3 S. 2 FamFG) und Zuständigkeitsverfestigungen (§ 2 Abs. 2 FamFG) zu beachten. Die Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses wirkt daher auch im Bestimmungsverfahren fort, weshalb regelmäßig das Gericht als zuständig zu bestimmen ist, an das die Sache durch den ersten - bindenden - Verweisungsbeschluss gelangt ist. Dabei kommt einem Verweisungsbeschluss grundsätzlich auch dann Bindungswirkung zu, wenn er sachlich unrichtig ist oder auf Verfahrensmängeln beruht. (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa OLG Düsseldorf, FGPrax 2010, 213; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2013, 1354; Keidel/Sternal, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 5 Rn. 45; jeweils m.w.N.).

a) Dem am 06.07.2017 erlassenen Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Köln vom 05.07.2017, durch den die Sache an das Amtsgericht Bremen verwiesen worden ist, kommt indes keine Bindungswirkung zu. Nach allgemeiner Ansicht kommt offenbar gesetzeswidrigen und offensichtlich unrichtigen Verweisungsbeschlüssen keine Bindungswirkung zu. Offensichtlich unrichtig in diesem Sinne sind Verweisungsbeschlüsse insbesondere dann, wenn sie auf objektiver Willkür beruhen, wenn sie also schlechterdings nicht als im Rahmen des Gesetzes ergangen angesehen werden können, weil sie nicht nur auf unrichtiger Rechtsanwendung beruhen, sondern jeder gesetzlichen Grundlage entbehren (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BGH NJW 2006, 847; KG, FamRZ 2011, 319; weitere Nachweise bei Keidel/Sternal, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 3 Rn. 53 sowie zur inhaltsgleichen Regelung in § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO bei Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 281 Rdn. 17). Für die Annahme von Willkür braucht sich das verweisende Gericht nicht bewusst über Tatsachen oder Rechtsnormen hinweggesetzt zu haben. Weicht es von der Gesetzeslage oder der ganz einhelligen Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum ab, dann muss es dies wenigstens gesehen und die eigene Auffassung begründet haben; fehlt es daran, ist die Verweisung willkürlich (Senat FGPrax 2014, 282, 283; KG, KGR 2000, 68). Gleiches gilt, wenn das verweisende Gericht die maßgeblichen Umstände weder prüft noch nachvollziehbar aufzeigt (Senat, aaO; OLG Düsseldorf, FGPrax 2013, 27).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der am 06.07.2017 erlass...

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