Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Anspruch auf Rückerstattung gezahlter Schadensersatzleistungen, da Anspruch auf Regulierung auf Reparaturkostenbasis trotz Veräußerung des Fahrzeugs innerhalb von 6 Monaten

 

Leitsatz (amtlich)

Es reicht aus, dass der Geschädigte nachweist, dass er zum Zeitpunkt des Reparaturauftrags den für das Integritätsinteresse erforderlichen Weiterbenutzungswillen hatte. Dies ist anzunehmen, wenn es sich um einen sehr seltenen Fahrzeugtyp handelt, dessen Ersatzbeschaffung zunächst aussichtslos erscheint.

Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Integritätsinteresse ergibt sich nicht, dass dieses bei einem Verkauf innerhalb einer Sechsmonatsfrist nur in den Fällen angenommen werden kann, wenn eine Weiternutzung des Fahrzeugs nicht möglich gewesen ist.

 

Normenkette

BGB §§ 249, 812, 823; ZPO § 287

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Urteil vom 13.11.2015; Aktenzeichen 8 O 81/15)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.11.2015 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Aachen - 8 O 81/15 - wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückgewiesen, mit der Maßgabe, dass sich die vorläufige Vollstreckbarkeit nach diesem Beschluss richtet.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil des LG Aachen vom 13.11.2015 - 8 O 81/15 - und dieser Beschluss sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des erstinstanzlichen Urteils und dieses Beschlusses vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Rückzahlungsansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung anlässlich der Regulierung eines Verkehrsunfalls.

Bei einem Verkehrsunfall vom 24.09.2014, der seitens des bei der Klägerin versicherten Fahrzeugs C mit dem amtlichen Kennzeichen IT-VO XX verschuldet war, wurde der kurz zuvor als Neuwagen erworbene Pkw des Beklagten, ein nur in geringer Stückzahl produzierter B mit dem amtlichen Kennzeichen E-JF XXX, schwer beschädigt. Die nach dem eingeholten Sachverständigengutachten geschätzten Reparaturkosten i.H.v. 44.403,92 EUR brutto (37.314,22 EUR netto) zuzüglich Wertminderung i.H.v. 8.000 EUR überstiegen den Wiederbeschaffungswert i.H.v. 47.500 EUR brutto (39.915,97 EUR netto), so dass der geschätzte Reparaturaufwand zwischen 100 und 130 % des Wiederbeschaffungswertes lag. Die Klägerin regulierte zunächst den Wiederbeschaffungssaufwand unter Zugrundelegung eines höheren Restwertes als nach dem Gutachten und zahlte 11.555,97 EUR an den Beklagten. Der Beklagte gab die Reparatur seines Fahrzeugs in Auftrag. Auf die Reparaturrechnung i.H.v. 38.969,50 EUR netto zahlte die Klägerin weitere 35.413,43 EUR und damit insgesamt 46.969,50 EUR, die sich aus den Netto-Reparaturkosten nach Rechnung zuzüglich Wertminderung zusammensetzen. Zwischenzeitlich erwarb der Beklagte einen neuen B und verkaufte das verunfallte Fahrzeug. Nachdem der Beklagte der Klägerin keine Weiternutzung über 6 Monate hinaus nachgewiesen hatte, forderte die Klägerin mit Schreiben vom 19.05.2014 den Beklagten erfolglos zur Zahlung von 21.473,70 EUR auf (Zahlung i.H.v. 46.969,50 EUR abzüglich 25.495,80 EUR, dieser Betrag errechnet sich aus dem Wiederbeschaffungswert netto i.H.v. 39.915,97 EUR abzüglich eines Restwerts netto i.H.v. 14.420,17 EUR, wobei sich die Werte jeweils aus dem Gutachten ergeben).

Die Klägerin hat in erster Instanz eine Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 21.473,70 EUR nebst Zinsen beantragt und die Auffassung vertreten, dass der Beklagte lediglich einen Anspruch auf den Wiederbeschaffungsaufwand habe, da er sein Integritätsinteresse mangels Weiternutzung für mindestens sechs Monate nicht nachgewiesen habe.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und behauptet, er habe zunächst eine Ersatzbeschaffung eines neuen B tätigen wollen, was aber mangels Verfügbarkeit dieses seltenen Modells nicht möglich gewesen sei. Deshalb habe er sich zur Reparatur entschieden und habe bei Erteilung des Reparaturauftrages vorgehabt, das Fahrzeug noch mehrere Jahre weiter zu nutzen. Erst während der Reparaturarbeiten habe er durch seinen Verkaufsberater, den Zeugen B2, unerwartet ein Angebot zum Erwerb eines gleichartigen Fahrzeuges erhalten und dieses angenommen.

Der Rechtsstreit ist wegen örtlicher Unzuständigkeit vom LG Köln an das LG Aachen verwiesen worden.

Das LG hat nach Vernehmung des Zeugen B2 und persönlicher Anhörung des Beklagten die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Klägerin kein Anspruch auf Rückerstattung gezahlter Schadensersatzleistungen zustehe, da der Beklagte einen Anspruch auf Regulierung auf Reparaturkostenbasis zuzüglich Wertminderung gehabt habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe das erforderliche Integritätsinteresse des Beklagten zur Überzeugung des Gerichts fest. Die 6-Monatsfrist stelle keine zusätzliche Anspruchsvoraussetzung dar, sondern habe lediglic...

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