Normenkette

BGB §§ 823, 1004; DSGVO Art. 9, 74, 85; RStV § 9c; StGB §§ 201, 201a, 203

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 28 O 98/19)

 

Tenor

Die Kosten des Verfahrens werden den Verfügungsbeklagten zu je 1/2 auferlegt.

 

Gründe

I. Der Verfügungskläger leidet seit früher Jugend unter einer schweren Intelligenzminderung und einer Autismus-Störung und war ab September 2018 als Patient in der geschlossenen psychiatrischen Abteilung "K oben" des A-Klinikums der B GmbH in der Cstr. xx, D in Behandlung. Der Verfügungskläger stand und steht nach dem insofern bestrittenen Prozessvortrag auch weiterhin unter Betreuung. Seine Betreuerin, die die Anwaltsvollmacht des Verfahrensbevollmächtigten für den Verfügungskläger gezeichnet hat, war u.a. für die Aufgabenkreise Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge und Vertretung vor Behörden bestellt. Mit Beschluss des AG Berlin-Schöneberg vom 04.06.2019 - 53 XVII S 82/16 - ist der Aufgabenkreis erweitert worden um die "Wahrnehmung des Persönlichkeitsschutzes." (Bl. 338 d.A.)

Die Verfügungsbeklagte zu 1) ist Journalistin und Mitarbeiterin der Verfügungsbeklagten zu 2), welche Fernsehsendungen produziert. Die im hiesigen Verfahren streitgegenständlichen Handlungen sind für das TV-Format "E" vorgenommen worden, welches vom Fernsehsender F ausgestrahlt wird. Die Verfügungsbeklagte zu 1) ließ sich mit dem Ziel einer verdeckten Recherche unter einem falschen Namen als Praktikantin im oben genannten Klinikum anstellen und war dort im Herbst 2018 unentgeltlich tätig. Vor Beginn des Praktikums ist u.a. eine "Niederschrift über die Verpflichtung zum Datenschutz" gefertigt worden, bei der die Verfügungsbeklagte zu 1) u.a. über (vermeintliche) Verschwiegenheitspflichten gemäß § 203 Abs. 1 und 4 StGB belehrt worden ist. Ferner wurde sie darauf hingewiesen, dass Bild- und Tonaufnahmen auf der geschlossenen, für die Öffentlichkeit nur zu Besuchszeiten zugänglichen Station, untersagt sind. Wegen der Einzelheiten der Unterlagen zum Praktikum wird auf Anlage A 1 (AH I) verwiesen. In der Zeit ihres Praktikums wurden von der Verfügungsbeklagten zu 1) in umstrittenen Umfang heimliche Ton- und Bildaufnahmen auf der oben genannten Station angefertigt. Wie jedenfalls zuletzt unstreitig ist, wurden dabei zumindest auch Aufnahmen vom Verfügungskläger getätigt, wobei die konkreten Aufnahmesituationen weiter streitig sind.

Mit Schreiben vom 12.02.2019 (Anlage A 2, AH I) meldete sich die Verfügungsbeklagte zu 2) über ihren Mitarbeiter G beim Träger des Klinikums, teilte mit, über psychiatrische Kliniken zu recherchieren, bezog sich auf die genannte Station und den Zeitraum Oktober/November 2018 und fragte u.a. in einem von der Mitarbeiterin H der Verfügungsbeklagten zu 2) nach Rücksprache mit der Verfügungsbeklagten zu 1) verfassten Fragenkatalog:

((Abbildung))

Mitarbeiter des Klinikums und die Betreuerin des Verfügungsklägers erkannten darin den Verfügungskläger wieder. Das Klinikum verwies unter dem 21.02.2019 auf die ärztliche Schweigepflicht, soweit nach der Fragestellung identifizierbare Patientinnen und Patienten betroffen seien. Man bat um die Übersendung von Schweigepflichtentbindungen vor einer Stellungnahme. Die Antragsgegnerin zu 2) teilte am 25.02.2019 (Anlage A 4, AH I) u.a. mit, dass man sich noch im Recherchestadium befinde, nicht entschieden sei, ob und wie über die Einrichtung berichtet würde und insofern auch kein Konflikt mit § 203 StGB drohe, weil man ohnehin nicht identifizierend über die einzelnen Patientinnen und Patienten berichten würde. Das Klinikum forderte unter dem 26.02.2019 die Verfügungsbeklagte zu 1) zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung betreffend eine weitere Verarbeitung von Bild- und Tonaufnahmen auf (Anlage A 7, AH I). Am 01.03.2019 (Anlage A 8, AH I) teilte eine Mitarbeiterin der Mediengruppe F GmbH für die Verfügungsbeklagte zu 1) mit, dass man weiterhin im Recherchestadium sei und eine Verwertung des Materials immer erst nach einer Prüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen erfolge, weswegen man die Abmahnung zurückwies. Die Datenerhebung und -verarbeitung zu journalistischen Zwecken sei zulässig.

Mit Anwaltsschreiben vom 22. und 25.02.2019 (Anlagen A 9 f., AH I) hatte sich zuvor der jetzige Verfahrensbevollmächtigte für den Verfügungskläger bestellt und die beiden Verfügungsbeklagten unter Verweis auf angebliche Verstöße gegen § 201, 201a, und 203 StGB abgemahnt, Unterlassungsverpflichtungserklärungen eingefordert und Auskunfts- sowie Kostenerstattungsansprüche geltend gemacht. Die Mediengruppe F GmbH wies auch dies für die Verfügungsbeklagten mit Schreiben vom 27. bzw. 28.02.2019 (Anlagen 11 a) und b), AH I) zurück u.a. unter Verweis auf laufende Recherchen und eine Beachtung der rechtlichen Vorgaben für eine Verarbeitung personenbezogener Daten. Unter dem 27.02.2019 forderte u.a. der Verfügungskläger vom externen und ebenfalls bei der Mediengruppe F Deutschland GmbH angesiedelten Datenschutzbeauftragten der Verfügungsbeklagten ...

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