Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Frage der Unanfechtbarkeit einer Entscheidung auf Prozesskostenvorschuss

 

Leitsatz (amtlich)

Nach der Neuregelung des § 321a ZPO zum 1.1.2005 ist eine "außerordentliche Beschwerde" generell nicht mehr statthaft. Die neu geschaffene Vorschrift des § 321a ZPO zeigt, dass nach dem Willen des Gesetzgebers eine unanfechtbare Entscheidung bei Verletzung des rechtlichen Gehörs grundsätzlich durch das entscheidende Gericht im Wege der Selbstkontrolle überprüft werden soll.

Damit ist die Berechtigung einer außerordentlichen Beschwerde entfallen. An ihre Stelle tritt die "Gehörsrüge" des § 321a ZPO bei unanfechtbaren Beschlüssen. Dabei ist die Tatbestandsvoraussetzung "Verletzung des rechtlichen Gehörs" weit zu fassen. Neben den eigentlichen Fällen der Verletzung des rechtlichen Gehörs wie sog. Pannenfällen, Prätusionsfällen und Hinweisfällen (Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 321a Rz. 8 bis 10) fallen hierunter Fälle der offenkundigen Unrichtigkeit.

 

Normenkette

ZPO § 620 Nr. 10, § 620c S. 2

 

Verfahrensgang

AG Bonn (Beschluss vom 09.03.2005; Aktenzeichen 47 F 11/05)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - FamG - Bonn vom 9.3.2005 - 47 F 11/05 -, mit welchem dem Antragsgegner aufgegeben worden ist, an die Antragstellerin einen Prozesskostenvorschuss i.H.v. 1.986,60 EUR zu zahlen, wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist gem. §§ 620 Nr. 10, 620c S. 2 ZPO unzulässig. Hierauf ist der Antragsgegner gem. Verfügung des Senates vom 4.4.2005 (Bl. 97 GA) hingewiesen worden. Gleichwohl hält er seine sofortige Beschwerde aufrecht. Er vertritt, trotz der Neuregelung des § 321a ZPO nach wie vor die Auffassung, dass es für die Unanfechtbarkeit Ausnahmen gebe, nämlich bei "greifbarer, grober Gesetzwidrigkeit".

Dem folgt der Senat nicht. Schon vor der Gesetzesnovellierung zu § 321a ZPO hat der Senat die Auffassung vertreten, dass nicht anfechtbare Entscheidungen der Instanzgerichte in analoger Anwendung des § 321a ZPO a.F. nur mit der Gehörsrüge angreifbar waren. Eine außerordentliche Beschwerde, wie zum früheren Recht angenommen, sei generell nicht mehr statthaft (OLG Köln v. 21.5.2004 - 4 WF 60/04, n.v.). Diese Auffassung hat der Senat darauf gestützt, dass das BVerfG zwar in seinen Entscheidungen vom 30.4.2003 (BVerfG FuR 2003, 553 ff.) und vom 7.10.2003 (BVerfG v. 7.10.2003 - 1 BvR 10/99, NJW 2003, 3687 ff.) entschieden habe, dass der Gesetzgeber verpflichtet sei, etwa bestehende Lücken im Rechtsschutz ggü. Gehörsverstößen zu schließen. Dabei bleibe es ihm überlassen, ob er den verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsschutz unter Beachtung des Art. 103 Abs. 1 GG durch die Möglichkeit einer Selbstkorrektur durch das entscheidende Erstgericht oder durch die Möglichkeit der Anrufung eines Rechtsmittelgerichts eröffne. Damit sei aber klargestellt, dass es verfassungsrechtlich nicht geboten sei, dem Rechtssuchenden stets zwei Instanzen zu eröffnen. Soweit die nunmehrige gesetzliche Regelung den genannten Verfassungsgrundsätzen nicht genüge, habe das BVerfG (BVerfG v. 7.10.2003 - 1 BvR 10/99, NJW 2003, 3687 ff.) entschieden, dass in der Übergangszeit bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, die spätestens bis zum 31.12.2004 zu erfolgen habe, die bisherige Rechtslage unter Einschluss der von der Rechtsprechung entwickelten außerordentlichen Rechtsbehelfe hingenommen werden könne. Dies sei nach Auffassung des Senats nach In-Kraft-Treten der ZPO-Reform die förmliche Gegenvorstellung analog § 321a ZPO. Die neu geschaffene Vorschrift zeige, dass nach dem Willen des Gesetzgebers eine unanfechtbare Entscheidung bei Verletzung des rechtlichen Gehörs grundsätzlich durch das entscheidende Gericht im Wege der Selbstkontrolle überprüft werden solle. Ob ein möglicher Gehörsverstoß oder ein sonstiger wesentlicher Verfahrensmangel vorliege, der eine Abhilfeentscheidung rechtfertigen könne, brauche der Senat demnach nicht zu entscheiden (OLG Köln v. 21.5.2004 - 4 WF 60/04).

Hieran hat sich nach der Neuregelung des § 321a ZPO zum 1.1.2005 nichts geändert. Vielmehr hat sich der Gesetzgeber eindeutig dafür entschieden, dass für die Überprüfung unanfechtbarer Entscheidungen die Gehörsrüge nach § 321a ZPO der zutreffende Rechtsbehelf ist. Damit ist die Berechtigung einer außerordentlichen Beschwerde jedenfalls entfallen. Stattdessen wird die gesamte Regelung des § 321a ZPO n.F. bei unanfechtbaren Beschlüssen anzuwenden sein. Dabei ist die Tatbestandsvoraussetzung "Verletzung des rechtlichen Gehörs" weit zu fassen. Neben den eigentlichen Fällen der Verletzung des rechtlichen Gehörs wie sog. Pannenfällen (Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 321a Rz. 8), sog. Präklusionsfälle (Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 321a Rz. 9) und den Hinweisfällen (Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 321a Rz. 10) fallen hierunter auch Fälle der offenkundigen Unrichtigkeit. Bei offenbaren Un...

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