Leitsatz (amtlich)

Die Dringlichkeitsvermutung des § 25 UWG – die bei markenrechtlichen Unterlassungsansprüchen analog anwendbar sein mag – gilt bei der Verfolgung von Auskunftsansprüchen nach § 19 Abs. 3 MarkenG nicht.

 

Normenkette

MarkenG § 19 Abs. 3; UWG § 25

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 09.05.2003; Aktenzeichen 33 O 144/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 16.5.2003 gegen den ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Ziff. II zurückweisenden Beschluss der 33. Zivilkammer des LG Köln vom 9.5.2003 – 33 O 144/03 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der im einstweiligen Verfügungsverfahren gestellte Antrag auf Anordnung der Verpflichtung zur Auskunftserteilung gem. § 19 Abs. 1, 3 MarkenG ist mangels eines Verfügungsgrundes unzulässig.

1. Der Senat lässt offen, ob die Dringlichkeitsvermutung des § 25 UWG auf markenrechtliche Unterlassungsansprüche analog anzuwenden ist (dagegen Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 8. Aufl., Kap. 54 Rz. 19 ff.; OLG Frankfurt v. 9.8.2002 – 6 W 103/02, GRUR 2002, 1096). Wegen der anders gelagerten Interessen insb. des Antragsgegners setzt jedenfalls die Durchsetzung markenrechtlicher Auskunftsansprüche im einstweiligen Verfügungsverfahren die Darlegung und Glaubhaftmachung der Eilbedürftigkeit nach §§ 935, 940 ZPO durch den Antragsteller voraus.

Ein auf Auskunftserteilung gerichteter Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist als Vorwegnahme der Hauptsache grundsätzlich unzulässig (Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 840 Rz. 8). Auch wenn § 19 Abs. 3 MarkenG im Fall offensichtlicher Rechtsverletzungen den Weg des vorläufigen Rechtsschutzes ausdrücklich eröffnet, ist diesem Gesichtspunkt Rechnung zu tragen. Die Erfüllung des Auskunftsanspruchs ist durchggf. abändernde Entscheidung im Hauptverfahren nicht mehr rückgängig zu machen. Der Schutz der Interessen des Auskunftsverpflichteten gebietet es deshalb, die Durchsetzung eines Auskunftsanspruchs auf der Grundlage des § 19 Abs. 3 MarkenG auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken. Dies schließt aber weitere Erleichterungen der Zulässigkeit des Antrags wie eine entspr. Anwendung der Dringlichkeitsvermutung des § 25 UWG aus und erfordert eine Anwendung der allgemeinen zivilprozessualen Grundsätze zur Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes (s.a. Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 19 Rz. 17, 18; Eichmann, GRUR 1990, 575 [586]; a.A. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 1. Aufl., § 19 Rz. 36; Ekey/Klippel/Wüst, Markenrecht, § 19 Rz. 28). Auf die mit der Vorwegnahme der Hauptsache einhergehende besondere Interessenlage und den Ausnahmecharakter des § 19 Abs. 3 MarkenG hat auch der Gesetzgeber bei Einführung des Produktpirateriegesetzes vom 7.3.1990 ausweislich der amtlichen Begründung – BT-Drucks. 11/4792, S. 32 – abgestellt und sich deshalb ausdrücklich gegen eine (entspr.) Anwendung des § 25 UWG ausgesprochen.

2. Die Antragstellerin hat nicht schlüssig dazu vorgetragen und erst recht nicht glaubhaft gemacht, dass die Durchsetzung ihres Auskunftsanspruchs im Eilverfahren notwendig ist, um somit zu besorgende weitere Kennzeichenverstöße schon im Vorfeld abwehren zu können. Insbesondere genügt nicht die bloße Möglichkeit, dass die von der Antragstellerin beanstandeten, mit einer Streifenkennzeichnung versehenen Trainingsanzüge auch nach Erlass der auf Unterlassung gerichteten einstweiligen Verfügung über das von mehreren rechtlich selbständigen Gesellschaften geführte bundesweite Filialnetz der Antragsgegnerin vertrieben werden könnten, solange keine konkreten Anhaltspunkte auf eine entspr. Absicht hindeuten, es z.B. zu derartigen Vorfällen in der Vergangenheit gekommen ist.

Ob es im Rahmen einer dem Streitfall vorangegangenen früheren Auseinandersetzung der Parteien zu Verzögerungen bei der Auskunftserteilung gekommen ist, kann dahinstehen. Mangels Kenntnis der Gründe für einen eventuellen längeren Zeitablauf lässt sich nämlich nicht feststellen, dass die Antragsgegnerin etwa systematisch eine Verzögerungstaktik betreiben würde, welche eine vorläufige Regelung erforderlich machen könnte.

In der Frage, ob der Antragsgegnerin darüber hinaus eine offensichtliche Rechtsverletzung i.S.d. § 19 Abs. 3 MarkenG vorzuwerfen ist, neigt der Senat der von dem LG vertretenen ablehnenden Auffassung zu. Einer Entscheidung bedarf dies hingegen nicht, da der Antrag auf Anordnung der Verpflichtung zur Auskunftserteilung bereits mangels eines Verfügungsgrundes unzulässig ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Beschwerdewert: 7.500 Euro

Dr. Schwippert von Hellfeld Wagner

 

Fundstellen

Haufe-Index 1107515

OLGR Düsseldorf 2003, 76

OLGR Frankfurt 2003, 76

OLGR Hamm 2003, 76

OLGR Köln 2003, 272

OLGR Köln 2003, 76

WRP 2003, 1008

GRUR-RR 2003, 296

KG-Report 2003, 76

Mitt. 2004, 440

OLGR-BHS 2003, 76

OLGR-CBO 2003, 76

OLGR-KSZ 2003, 76

OLGR-KS 2003, 76

OLGR-MBN 2003, 76

OLGR-NBL 2003, 76

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