Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag, eine Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage zu setzen

 

Leitsatz (amtlich)

Einem Antrag auf Fristsetzung zur Erhebung der Hauptsacheklage fehlt das Rechtsschutzbedürfnis jedenfalls dann, wenn der Gläubiger zum Ausdruck gebracht hat, dass sich die einstweilige Verfügung verfahrensrechtlich erledigt, und der materielle Anspruch zweifelsfrei nicht (mehr) besteht. Die "verfahrensrechtliche Erledigung" setzt voraus, dass der Gläubiger auch auf die Rechte aus der Kostenentscheidung und einem anschließenden Kostenfestsetzungsbeschluss verzichtet.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 10.08.2004; Aktenzeichen 31 O 803/01)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss der 31. Zivilkammer des LG Köln - 31 O 803/01 - vom 10.8.2004 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antragstellerin wird aufgegeben, bis zum 31.10.2004 Klage zur Hauptsache zu erheben. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist wird die einstweilige Verfügung der 31. Zivilkammer des LG Köln vom 14.12.2001 - 31 O 803/01 - auf Antrag des Antragsgegners aufgehoben werden.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

 

Gründe

I. Der Antragsgegner ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn D.I. Dieser war Franchisenehmer der Antragstellerin. Gegenstand des Franchisevertrages war der Betrieb eines Schnellrestaurants in der C.-Straße in B. Nachdem der Franchisenehmer in Zahlungsverzug geraten war, wurde die Kündigung des Franchisevertrages ausgesprochen und erwirkte die Antragstellerin in der Folgezeit eine einstweilige Verfügung, die das Verbot der Benutzung bestimmter Marken der Antragstellerin zur Bewerbung bzw. Kennzeichnung eines Restaurantbetriebs und/oder von Geflügelprodukten beinhaltete. Der Franchisenehmer legte Widerspruch ein und begründete diesen damit, dass die Kündigung nicht ordnungsgemäß von der Antragstellerin ausgesprochen worden sei. Das Widerspruchsverfahren ist durch den Eintritt der Insolvenz des Franchisenehmers unterbrochen worden. Dieser hat das Restaurant aufgegeben, in den Räumlichkeiten befindet sich inzwischen ein Schnellrestaurant einer konkurrierenden Schnellimbisskette. Der Antragsgegner hat das Verfahren aufgenommen, den Widerspruch zurückgenommen und beantragt, der Antragstellerin gem. §§ 926 Abs. 1, 936 ZPO eine Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage zu setzen. Dem hat die Antragstellerin unter Verzicht auf die Vollstreckung aus der das Verbot enthaltenden Ziff. 1) der einstweiligen Verfügung widersprochen.

Die Kammer hat den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, diesem fehle angesichts des Vollstreckungsverzichts der Antragstellerin und des angenommenen Wegfalls der Wiederholungsgefahr das Rechtsschutzbedürfnis. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Antragsgegners, dem die Kammer nicht abgeholfen hat.

II. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

1. Das als "Beschwerde" bezeichnete Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde gem. § 567 Abs. 1 Ziff. 2 ZPO statthaft und zulässig.

Allerdings waren die richterlichen Mitglieder die Kammer zur Entscheidung über den Antrag nicht berufen. Funktionell zuständig für die Entscheidung über einen Antrag, dem Antragsteller einer einstweiligen Verfügung gem. §§ 926 Abs. 1, 936 ZPO eine Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage zu setzen, ist anstelle der richterlichen Mitglieder des Spruchkörpers gem. § 20 Nr. 14 RpflG der Rechtspfleger. Gleichwohl ist die sofortige Beschwerde zulässig, weil durch die Entscheidung der funktional unzuständigen Kammer in ihrer richterlichen Besetzung nicht ein Rechtsmittel eröffnet worden ist, das sonst nicht gegeben wäre. Denn gegen die ablehnende Entscheidung wäre gem. § 11 Abs. 1 RPflG auch dann gem. § 567 Abs. 1 Ziff. 2 ZPO die sofortige Beschwerde statthaft gewesen, wenn sie der Rechtspfleger getroffen hätte.

2. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Nachdem die Antragstellerin eine einstweilige Verfügung gegen den Franchisenehmer erwirkt hat, kann dieser bzw. an seiner Stelle der Antragsgegner als Insolvenzverwalter, ohne dass weitere Voraussetzungen erfüllt sein müssten, gem. §§ 926 Abs. 1, 936 ZPO beanspruchen, dass der Antragstellerin eine Frist zur Erhebung der noch nicht rechtshängigen Hauptsacheklage gesetzt wird.

Zutreffend hat die Kammer allerdings angenommen, dass dem Antrag im Einzelfall das Rechtsschutzbedürfnis fehlen kann. Dafür liegen die Voraussetzungen aber nicht vor. Dem Antrag auf Fristsetzung zur Erhebung der Hauptsacheklage fehlt das Rechtsschutzbedürfnis dann, wenn der Gläubiger zum Ausdruck gebracht hat, dass sich die einstweilige Verfügung verfahrensrechtlich erledigt hat, und der materielle Anspruch zweifelsfrei nicht (mehr) besteht. Streitig ist, ob die beiden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein müssen, oder ob der Untergang des materiellen Anspruchs genügt (Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 8. Aufl., Kap. 56, Rz. 8; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 25 Rz. 44; Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 92...

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