Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage der möglichen Befangenheit wegen Mitwirkung an Zwischenentscheidungen ( § 24 StPO)

2. Das Befangenheitsverfahren dient nicht dazu, in Vorwegnahme des Rechtsmittelverfahrens die sachliche Richtigkeit einer in diesem angefochtenen Entscheidung der abgelehnten Richter ( hier : Beschlagnahme von Briefen des Angeklagten aus der Justizvollzugsanstalt an eine Zeugin) zu überprüfen.

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Angeklagten verworfen.

 

Gründe

I.

Am 05.02.2013 hat die große Strafkammer des Landgerichts K. den Angeklagten, der aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts K. vom 23.05.2012 seit diesem Tage bis zum 26.06.2012 inhaftiert war und der sich nach zwischenzeitlicher Haftverschonung und Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls seit dem 17.10.2012 erneut in Untersuchungshaft befindet, wegen Geiselnahme in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit vorsätzlicher Körperverletzung, wegen gefährlicher Körperverletzung, vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Bedrohung, Nötigung und Freiheitsberaubung von über einer Woche Dauer zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Mit Beschluss vom selben Tage hat die Kammer die Haftfortdauer angeordnet. Gegen das Urteil hat der Beschwerdeführer Revision eingelegt.

Mit Beschluss vom 28.02.2013 hat die Strafkammer in der Besetzung mit dem Vorsitzenden Richter am Landgericht K., dem Richter am Landgericht A. und der Richterin B. angeordnet, zwei Schreiben des Angeklagten aus der Justizvollzugsanstalt an seine Verlobte, die Zeugin K., vom 25.02.2013 und 27.02.2013 zu beschlagnahmen, vorläufig sicher zu stellen, von der Beförderung auszuschließen und nach Fertigung einer beglaubigten Ablichtung, die zu den Akten zu nehmen sei, zur Habe des Angeklagten in der JVA zu nehmen. Begründet worden ist dies damit, dass die Schreiben einerseits dazu bestimmt und geeignet seien, Zeugen zu beeinflussen, und sie zum anderen umfangreiche Passagen beinhalteten, die den Tatbestand der Beleidigung zum Nachteil des Vorsitzenden der Kammer wie des früheren Verteidigers des Angeklagten, Rechtsanwalts B. aus Köln, erfüllten.

Der Angeklagte hat durch seinen jetzigen Verteidiger mit Schriftsatz vom 06.03.2013 Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts K. vom 28.02.2013 eingelegt. Eine Abhilfeentscheidung der Kammer ist noch nicht ergangen, da in dem Schriftsatz vom 06.03.2013 die an dem Beschluss vom 28.02.2013 beteiligten Richter zugleich wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden sind. Zur Begründung des Befangenheitsgesuchs hat der Angeklagte vorgebracht, die Entscheidung der Kammer, die Briefe des Angeklagten anzuhalten, sei nicht nur sachlich falsch; eine derartige Verkennung der Voraussetzungen des § 119 Abs. 1 Satz 7 StPO begründe zudem auch für einen besonnenen Angeklagten die Besorgnis der Befangenheit der an der Entscheidung beteiligten Richter.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 18.03.2013, dem Angeklagten zugestellt am 22.03.2013, hat die 10. große Strafkammer des Landgerichts K. ohne Beteiligung der abgelehnten Richter das Ablehnungsgesuch als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die sofortige Beschwerde des Angeklagten vom 25.03.2013, bei Gericht am selben Tage eingegangen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Verwerfung der sofortigen Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 28 Abs. 2 Satz 1, Satz 2, 311 StPO statthaft, da sich das Befangenheitsgesuch nach Abschluss der ersten Instanz gegen Richter wendet, die nicht mehr in der Sache zu erkennen berufen sind. Die sofortige Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere innerhalb der einwöchigen Beschwerdefrist des § 311 Abs. 2 StPO eingelegt worden.

Sie ist jedoch unbegründet.

Gemäß § 24 Abs. 2 StPO findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Das wiederum ist der Fall, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, dass der abgelehnte Richter ihm gegenüber eine Haltung einnimmt, die seine Unparteilichkeit oder Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann. Dabei kommt es zwar auf den Standpunkt des Ablehnenden an, nicht aber auf seinen (möglicherweise einseitigen) subjektiven Eindruck und seine unzutreffenden Vorstellungen vom Sachverhalt. Maßgebend sind vielmehr die Vorstellungen eines vernünftigen Angeklagten und die Vorstellungen, die sich ein bei voller Vernunft befindlicher Prozessbeteiligter bei der ihm zumutbaren ruhigen Prüfung des Sachverhalts machen kann. Der Ablehnende muss daher für sein Ablehnungsgesuch Gründe vorbringen, die jedem unbeteiligten Dritten einleuchten (statt aller: Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 24 Rdnr. 8 m. w. Nachw.). Die Mitwirkung an Zwischenentscheidungen in dem anhängigen Verfahren und die in solchen Verfahren geäußerten Rechtsmeinungen rechtfertigen die A...

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