Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestellung und Vergütung eines Verfahrenspflegers

 

Normenkette

FamFG §§ 340, 342; BGB §§ 1960-1961

 

Verfahrensgang

AG Aachen (Aktenzeichen 700F VI 1603/15)

 

Tenor

Der Beschluss für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft muss eine einzelfallbezogene Begründung der gesetzlichen Voraussetzungen enthalten. Eine Begründung, die lediglich floskelhaft den Gesetzeswortlaut wiederholt, genügt nicht.

Bei der Festsetzung der aus dem Nachlass zu entnehmenden Vergütung des Nachlasspflegers ist den potenziellen Erben rechtliches Gehör zu gewähren. Sind diese noch nicht bekannt, ist im Rahmen des Vergütungsfestsetzungsverfahrens für die unbekannten Erben ein Verfahrenspfleger zu bestellen.

Für die Bestellung eines Verfahrenspflegers in einer Nachlasspflegschaftssache ist das Nachlassgericht und nicht das Betreuungsgericht zuständig.

Ein anwaltlicher Verfahrenspfleger kann eine Vergütung nach dem RVG nur beanspruchen, soweit er im Rahmen seiner Bestellung Tätigkeiten ausübt, für die ein juristischer Laie vernünftigerweise einen Rechtsanwalt zuziehen würde.

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 3) vom 19.09.2017 wird der am 08.09.2017 erlassene Beschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts - Nachlassgerichts - Aachen vom 07.09.2017, 700F VI 1603/15, aufgehoben und der Antrag des Beteiligten zu 2) auf Festsetzung einer Vergütung von 1.358,86 EUR gemäß der berichtigten Gebührenrechnung vom 22.05.2017 (Rechnungs-Nr. 94/2017) zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beteiligte zu 2) zu tragen.

 

Gründe

I. Am 05.12.2014 ist Herr H. F. (Erblasser) verstorben. Er hat u.a. einen hälftigen Miteigentumsanteil an einem Einfamilienhaus in E./Niederlande hinterlassen.

Mit Schreiben vom 29.06.2015 hat die Sparkasse Aachen die Anordnung einer Nachlasspflegschaft nach §§ 1960, 1961 BGB beantragt. Sie hat vorgetragen, dass sie Gläubigerin des Erblassers sei, die Ehefrau und die Kinder des Erblassers die Erbschaft ausgeschlagen hätten und ihr weitere Erben nicht bekannt seien. Der Nachlass sei gefährdet. So habe der Sohn D. F. einen zum Nachlass gehörenden PKW verkauft, um die Beerdigungskosten zu bezahlen. Zudem werde das Grundstück in E. von Unbefugten genutzt (Bl. 2 ff. d.A.).

Daraufhin hat das Nachlassgericht durch am 08.07.2015 erlassenen Beschluss die Nachlasspflegschaft angeordnet und den Beteiligten zu 1) mit dem Wirkungskreis der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses und zur Ermittlung der Erben bestellt und zur Begründung ausgeführt, dass die Erbenstellung noch nicht vollständig geklärt und sicherungsbedürftiger Nachlass in Form von hälftigem Grundbesitz vorhanden sei (Bl. 10 ff. d.A.).

Der Beteiligte zu 1) hat sich in der Folgezeit u.a. um einen Verkauf der Immobilie in E./Niederlande bemüht.

Durch am 21.07.2016 erlassenen Beschluss hat das Nachlassgericht den Beteiligten zu 2) als Verfahrenspfleger für die Vertretung der unbekannten Erben des Erblassers bei der Veräußerung und gegebenenfalls Belastung des Grundbesitzes in E./Niederlande bestellt und zur Begründung ausgeführt, dass die Veräußerung dazu diene, "den Nachlass liquide zu stellen" (Bl. 162 ff. d.A.).

In der Folgezeit ist es zur Versteigerung des Grundbesitzes in E./Niederlande gekommen.

Mit der Gebührenrechnung vom 22.05.2017 (Rechnungs-Nr. 94/2017), auf deren Inhalt Bezug genommen wird, hat der Beteiligte zu 2) für seine Tätigkeit als Verfahrenspfleger ausgehend von einem Verfahrenswert von 50.000,00 EUR eine 1,3 Geschäftsgebühr gem. §§ 2, 13 RVG, Nr. 2300 VV-RVG nebst Pauschale und Umsatzsteuer, insgesamt einen Betrag von 1.822,96 EUR abgerechnet (Bl. 298 d.A.). Mit Schriftsatz vom 12.06.2017 hat er seine Gebührenrechnung vom 22.05.2017 berichtigt und unter Zugrundelegung eines Verfahrenswertes von 53.000,00 EUR einen Betrag von 1.954,46 EUR abgerechnet (Bl. 300 ff. d.A.). Mit Schriftsatz vom 14.07.2017 hat der Beteiligte zu 2) seine Gebührenrechnung vom 22.05.2017 erneut berichtigt und unter Zugrundelegung eines Verfahrenswertes von 26.500,00 EUR einen Betrag von 1.358,86 EUR abgerechnet (Bl. 312 f. d.A.).

Der Beteiligte zu 3) ist der berichtigten Gebührenrechnung des Beteiligten zu 2) vom 22.05.2017 mit Schriftsatz vom 25.07.2017 entgegengetreten (Bl. 314 f. d.A.). Er hat ausgeführt, dass keine wirksame Bestellung des Beteiligten zu 2) als Verfahrenspfleger vorliege, weil es sich um eine Ergänzungspflegschaft und damit um eine betreuungsgerichtliche Zuweisungssache handele, die in die Zuständigkeit des Betreuungsgerichts falle. Zudem dürfe der Beteiligte zu 2) nicht nach dem RVG abrechnen, weil er keine berufsspezifischen Dienste erbracht habe. Er könne nur stundenweise nach dem VBVG abrechnen. Dem ist der Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz vom 04.08.2017, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 316 ff. d.A.), entgegengetreten.

Durch am 08.09.2017 erlassenen Beschluss hat das Nachlassgericht dem Beteiligten zu 2) für seine Tätigkeit als Verfahrenspfleger eine Vergütung in Höhe von 1.358,86 EUR aus der Landeskasse festgesetzt (Bl. ...

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