Entscheidungsstichwort (Thema)

Löschung einer Belastung bei Unauffindbarkeit der notariellen Bewilligungsurkunde

 

Leitsatz (amtlich)

1. Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit einer im Grundbuch eingetragenen Baubeschränkung sowie einer Verfügungsbeschränkung.

2. Der Umstand, dass die im Grundbuch in Bezug genommene Bewilligungsurkunde nicht auffindbar ist, erlaubt jedenfalls im Antragsverfahren nicht die Löschung der Belastung. Vielmehr ist von Amts wegen, ein Verfahren zur Urkundenwiederbeschaffung einzuleiten.

 

Normenkette

BGB §§ 137, 1018, 1090; GBO §§ 53, 148

 

Verfahrensgang

AG Köln (Aktenzeichen RO19461-4)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten vom 21. Januar 2021 i.V.m. dem Schriftsatz vom 23. Juni 2021 gegen den am 26. Oktober 2020 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Köln-Rondorf, RO19461-4, wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Das im Rubrum genannte Grundstück war ursprünglich im Grundbuch des Amtsgerichts ... auf Blatt 1976A gebucht. Am 24. Januar 1938 erfolgte eine Umschreibung des Grundstücks nach Blatt 5095. Am 29. Januar 1947 wurde für dieses Grundstück eine Grundakte angelegt, auf dessen Blatt 1 sich folgender am 29. Januar 1947 verfasster Vermerk befindet: "Grundakten sind in Verlust geraten." Am 7. Januar 2003 erfolgte eine Übertragung des Grundstücks nunmehr auf das Blatt 19461. In Abteilung II Nr. 1 ist das Grundstück wie folgt belastet:

"Eine Bau- und Verfügungsbeschränkung zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks Flur 55 Nr. 1521/11 nach Maßgabe der Bewilligung vom 21./22. Dezember 1920, eingetragen am 8. Januar 1921 in Blatt 1976 A, über Blatt 5095 hierher mitübertragen am 7. Januar 2003."

Bemühungen des Rechtspflegers des Grundbuchamts um die Beiziehung der Ursprungsgrundakten Blatt 1976 A bzw. weiterer Grundstücke, bei denen ebenfalls eine entsprechende Belastung gebucht ist, blieben erfolglos. Weder im Archiv des Grundbuchamtes noch im Landesarchiv NRW konnten die Akten aufgefunden werden. Das ursprünglich an dem Flurstück 1515/11 in südöstlicher Richtung unmittelbar angrenzende Flurstück 1521/11 wurde im Jahre 1923 aufgrund einer Teilvermessung in die Flurstücke 1606/11 bis 1620/11 zerlegt (vgl. Auskunft eines Vermessungsbüros Bl. 34 f. d.GA.).

Mit Schriftsatz ihres damaligen Verfahrensbevollmächtigten vom 13. Mai 2016 (Bl. 45 d.GA.) regte die Eigentümerin die Löschung des in Abt. II Nr. 1 eingetragenen Rechts wegen fehlender Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit an, da sich aus dem Grundbuch kein bestimmbarer Inhalt des Rechts ergebe. Auf die in Bezug genommene Eintragungsbewilligung könne mangels Existenz der Ursprungsgrundakten nicht zurückgegriffen werden. Zudem könne die Verfügungsbefugnis über ein veräußerliches Recht nicht wirksam durch ein Rechtsgeschäft ausgeschlossen werden. Durch den am 1. August 2016 erlassenen Beschluss lehnte der Rechtspfleger eine Löschung des eingetragenen Rechts ab.

Mit Schriftsatz ihres jetzigen Verfahrensbevollmächtigten vom 29. Juni 2020 (Bl. 64 ff. d.GA.) hat die Beteiligte beantragt bzw. angeregt,

die im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeit gem. § 53 GBO zu löschen,

hilfsweise

das Verfahren gem. § 148 GBO i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 2 und § 11 der Verordnung über die Wiederherstellung zerstörter oder abhandengekommener Grundbücher und Urkunden von Amts wegen zu eröffnen.

Dabei hat sie erneut die Auffassung vertreten, die eingetragene Verfügungsbeschränkung sei ihrem Inhalt nach gem. § 137 S. 1 BGB und zudem gem. § 1090 Abs. 1 Alt. 2 i.V.m. § 1018 BGB unzulässig. Der Angabe "Bau- und Verfügungsbeschränkung" fehle die notwendige Kennzeichnungskraft. Soweit die ursprünglichen Grundakten nicht mehr auffindbar bzw. vorhanden seien, sei das Verfahren zur Wiederherstellung zerstörter oder abhandengekommener Grundbücher und Urkunden von Amts wegen zu eröffnen.

Mit dem am 26. Oktober 2020 erlassenen Beschluss hat das Grundbuchamt unter Bezugnahme auf seine Entscheidung vom 29. Juli 2016 den Antrag auf Löschung des Rechts in Abt. II Nr. 1 zurückgewiesen. In den Gründen hat das Grundbuchamt weiterhin darauf hingewiesen, dass "zu gegebener Zeit das Verfahren zur Wiederherstellung der wahrscheinliche kriegsvernichteten Bewilligung einleiten werde." Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Beteiligten, mit der diese ihre Anträge bzw. Anregungen wiederholt.

II. 1. Die mit dem Ziel der Löschung des in Abt. II Nr. 1 eingetragenen Rechts eingelegte Beschwerde ist gem. § 71 Abs. 2 S. 2 GBO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG statthaft (vgl. OLG Karlsruhe FGPrax 2014, 49; OLG München FGPrax 2018, 12; KEHE/Sternal, Grundbuchrecht, 8. Aufl. 2019, § 71 GBO Rn. 39 m.w.N.) und auch im Übrigen zulässig (§ 73 GBO). Soweit die Beteiligte mit der Beschwerde zudem die Wiederherstellung der abhandengekommenen Unterlagen begehrt, ist das Rechtsmittel nicht statthaft. Denn bisher hat das Grundbuchamt die Wiederherstellung der abhanden gekommenen Urkunde noch nicht endgültig abgelehnt, sondern die Einleitung des Verfahrens lediglich zurückgestellt. Die ...

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