Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungsgrundbuchsache: Voraussetzung für die Beschwerdefähigkeit einer formlosen Mitteilung von Gründen gegen eine gewünschte Amtslöschung; Wirksamkeit einer eingetragenen Unterteilung von Sondereigentum ohne Zuordnung betroffener Räume zum neuen Miteigentumsanteil; Einbeziehung früheren Gemeinschaftseigentums ohne Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer; vorherige Abhilfe durch das Grundbuchamt nach Beschwerdeeinlegung beim Beschwerdegericht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die formlose schriftliche Mitteilung von Gründen, die der von einem Beteiligten gewünschten Amtslöschung entgegen stehen sollen, kann eine mit der Beschwerde anfechtbare Entscheidung sein, wenn die Mitteilung als abschließende und verbindliche Entschließung des Grundbuchamts erscheint.

2. Wird bei der Unterteilung eines Sondereigentums ein zugehöriger Raum keinem der neu entstandenen Miteigentumsteile als Sondereigentum zugeordnet, sondern ohne Mitwirkung der anderen Wohnungseigentümer "zur Gemeinschaftsbenutzung" ausgewiesen, so entsteht unzulässiges isoliertes Sondereigentum und ist die Eintragung der Unterteilung im Grundbuch inhaltlich unzulässig und von Amts wegen zu löschen.

3. Wird bei der Unterteilung eines Sondereigentums ein bisher nicht zu diesem gehörender, sondern im Gemeinschaftseigentum stehender Raum ohne Mitwirkung der anderen Wohnungseigentümer einer der neu entstandenen Einheiten als Sondereigentum zugeordnet, so ist die Eintragung der Unterteilung im Grundbuch inhaltlich unzulässig und von Amts wegen zu löschen.

4. In einer Grundbuchsache ist das Beschwerdegericht berechtigt, über eine unmittelbar bei ihm eingelegte Beschwerde zu entscheiden, ohne das Rechtsmittel zuvor dem Grundbuchamt zur Prüfung der Abhilfe vorzulegen.

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 und 2 wird die Entscheidung des Grundbuchamts St. vom 18.7.2013 aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, in den Wohnungsgrundbüchern von H. Nr. 717, 718 und 729 die im Bestandsverzeichnis unter dem 17.2.2003 eingetragene Änderung der Teilungserklärung als inhaltlich unzulässig zu löschen.

2. Gerichtskosten werden im Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Die Beteiligten Ziff. 4 und 5 haben die den Beschwerdeführern im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu tragen.

3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 20.000 festgesetzt.

 

Gründe

A. Mit der Beschwerde wenden sich die Beteiligten Ziff. 1 und 2 gegen die Weigerung des Grundbuchamts, eine in den Wohnungsgrundbüchern eingetragene Unter-Teilungserklärung zu löschen.

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer des Wohnungseigentums Nr. 1 der Anlage E. in St.-H. Das aus einem Altbau und einem Neuanbau bestehende Anwesen wurde von der damaligen Eigentümerin durch Teilungserklärung vom 11.4.2002 in zwei Miteigentumsanteile aufgeteilt, jeweils verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung nebst Nebenräumen. Die Eheleute G. erwarben als Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer sogleich die Wohnung Nr. 1 (Wohnungsgrundbuch Nr. 717). Mit weiterer Teilungserklärung vom 14.11.2002 unterteilte die Eigentümerin den zweiten Miteigentumsanteil in zwei Teile, jeweils verbunden mit dem Sondereigentum an einem Teil der Räume der bisherigen Wohnung Nr. 2, nunmehr Wohnungen Nr. 2 neu (Wohnungsgrundbuch Nr. 718) und Nr. 3 (Wohnungsgrundbuch Nr. 729). Mit notariellem Kaufvertrag vom 11.12.2002 veräußerte die Eigentümerin die Wohnung Nr. 2 (neu) an die Beteiligten Ziff. 3 und 4 und die Wohnung Nr. 3 an die Beteiligte Ziff. 5. Am 30.8.2007 veräußerten die Eheleute G. die Wohnung Nr. 1 an die Beteiligten Ziff. 1 und 2. Mit notariellem Übergabevertrag vom 11.12.2012 übertrug der Beteiligte Ziff. 3 seinen hälftigen Miteigentumsanteil (Wohnung Nr. 2 neu) auf die Beteiligte Ziff. 4, die seit dem 6.2.2013 als alleinige Eigentümerin im Grundbuch eingetragen ist.

Am 28.3.2012 hat das Grundbuchamt in der zweiten Abteilung der Wohnungsgrundbücher zugunsten aller Eigentümer einen Widerspruch gegen folgende Eintragungen eingetragen: Gemeinschaftseigentum Nr. 4 im KG, Sondereigentum Nr. 2 im EG hinsichtlich des Eingangsbereichs, sowie Treppe zu Sondereigentum Nr. 3 im KG und EG. Dagegen wandte sich der Beschwerdeführer Ziff. 1 mit Schreiben vom 20.6.2012 und dem Begehren, nicht nur einen Widerspruch einzutragen, sondern die Unterteilung gemäß Teilungserklärung vom 14.11.2002 zu löschen, weil die Unterteilung nichtig sei. Denn die Unterteilungserklärung sei auf die Schaffung neuen Gemeinschaftseigentums im Keller und im Treppenhaus gerichtet und beziehe die Kellertreppe ein, obwohl diese nicht Teil des Sondereigentums der vormaligen Wohnung Nr. 2 gewesen sei. Mit formlosen Schreiben vom 28.6.2012 (Ratschreiberin) und vom 18.7.2012 (Rechtspflegerin) teilte das Grundbuchamt dem Beschwerdeführer Ziff. 1 mit, dass die für eine amtswegige Löschung erforderliche inhaltlich unzulässige Eintragung i.S.d. § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO nicht gegeben sei.

Dagegen wenden sich die Beteiligten Ziff. 1 und 2 mit de...

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