Leitsatz (amtlich)

Ist die Teilerfüllung schon vorprozessual unstreitig, der Vollstreckungsauftrag auf den streitigen Teil beschränkt, dem Schuldner jedoch zuvor eine uneingeschränkte vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Urkunde zugestellt und im Rechtsstreit auf Antrag des Schuldners die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde uneingeschränkt für unzulässig erklärt worden, ist der erfüllte Teilbetrag nur mit einem geringen Betrag für das Titulierungsinteresse zu bewerten (hier: ohne Auswirkung auf die Gebührenstufe).

 

Normenkette

BRAGO § 9 Abs. 2; ZPO § 3

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Aktenzeichen 10 O 480/01)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die gem. § 9 Abs. 2 BRAGO statthafte Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Kläger, mit der diese eine Festsetzung des Streitwerts der Vollstreckungsgegenklage auf den Betrag der titulierten Hauptforderung (725.000 DM) erstreben, ist unbegründet.

Zwar ist es für den Streitwert der Vollstreckungsgegenklage ohne Bedeutung, ob der Gläubiger nur wegen eines Teiles des nach dem Schuldtitel vollstreckbaren Betrages die Vollstreckung betrieben hat, solange er das Recht in Anspruch nimmt, den ganzen Schuldtitel im Vollstreckungswege geltend zu machen, und der Schuldner die beantragte Unzulässigkeitserklärung nicht auf einen abgrenzbaren Teil der titulierten Forderung beschränkt. Anders verhält es sich jedoch, wenn die Parteien von Anfang an nur über einen Teilbetrag des i.Ü. unstreitig erfüllten Zahlungstitels streiten. Dann kann entweder von einer konkludenten Beschränkung des Antrags auf den streitigen Teil auszugehen sein (vgl. OLG Köln, RPfleger 1976, 138; OLG Hamm, JurBüro 1988, 1078; Hillach/Rohs, Handbuch des Streitwerts, 8. Aufl., § 74 m.w.N. in Fn. 905) oder, wenn die Auslegung des Antrags trotz der unstreitigen Teilerfüllung zu einer uneingeschränkten Unzulässigkeitserklärung führen sollte, der erfüllte Teilbetrag nur mit einem geringen Titulierungsinteresse zu bewerten sein (OLG Koblenz, JurBüro 1989, 133; OLG Hamm, OLGReport Hamm 1997, 335; Schneider/Herget, Streitwert, 11. Aufl., Rz. 4909).

Hier war die Teilerfüllung durch die von Klägerseite erfolgten Zahlungen bereits vorprozessual unstreitig; der Streit beschränkte sich auf die Wirksamkeit der von den Klägern wegen eines Teilbetrages i.H.v. 136.125,85 DM erklärten Aufrechnung. Zwar ergibt sich aus der Klagebegründung keine Beschränkung des Antrages auf Unzulässigkeitserklärung der Zwangsvollstreckung. Die Tatsache, dass die Prozessbevollmächtigten der Kläger im erstinstanzlichen Rechtsstreit an ihrer von der Klageerwiderung beanstandeten Streitwertangabe (auf 725.000 DM) festgehalten haben, weil die Beklagten unbeschadet der Beschränkung des Vollstreckungsauftrages (auf 136.125,85 DM) den Klägern zuvor eine uneingeschränkte vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Urkunde zugestellt hatten (Schriftsatz vom 21.12.2001, S. 3), steht auch einer Auslegung im Sinne einer Antragsbeschränkung entgegen. Anerkanntermaßen besteht für eine Vollstreckungsabwehrklage trotz unstreitiger Teilerfüllung weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis, solange der Gläubiger den Vollstreckungstitel unverändert in Händen hält (vgl. BGH v. 16.6.1992 – XI ZR 166/91, MDR 1992, 960 = NJW 1992, 2148; v. 21.1.1994 – V ZR 238/92, MDR 1994, 479 = NJW 1994, 1161). Dem tragen der Antrag der Kläger und der diesem Antrag stattgebende Urteilsausspruch des LG Rechnung. Gleichwohl ist die Festsetzung des Streitwerts auf 69.600,04 Euro (das entspricht 136.125,85 DM) i.E. nicht zu beanstanden, weil die wirtschaftliche Bedeutung der vollstreckungshindernden Entscheidung des LG hinsichtlich des unstreitig erfüllten Teils so gering ist, dass die Gebührenstufe (bis 80.000 Euro) durch eine zusätzliche Bewertung dieses Titulierungsinteresses der Kläger nicht überschritten wird (so hat beispielsweise das OLG Koblenz, JurBüro 1989, 133, dieses Interesse bei einem bis auf 17.500 DM erfüllten Zahlungstitel über 170.000 DM mit 500 DM, das OLG Hamm, OLGReport Hamm 1997, 335, bei einem bis auf 18.375 DM erfüllten Zahlungstitel über 525.000 DM mit 1.000 DM bewertet).

Eine Kostenentscheidung ist in diesem Beschwerdeverfahren nicht veranlasst (§ 25 Abs. 4 GKG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1107464

BauR 2003, 1448

OLGR Köln 2003, 238

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