Verfahrensgang

LG Köln (Entscheidung vom 08.12.2022)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 13. großen Strafkammer des Landgerichts Köln vom 08.12.2022 wird als unbegründet verworfen.

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der 13. großen Strafkammer des Landgerichts Köln vom 08.12.2022 teilweise aufgehoben und festgestellt, dass die Aufrechterhaltung der besonderen Sicherungsmaßnahme der unregelmäßigen Beobachtung im Zeitraum vom 09.02.2022 bis zum 08.03.2022 rechtswidrig war. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet verworfen.

Der Antragsteller trägt die Kosten seines Rechtsmittels; die Kosten des Rechtsmittels der Antragsgegnerin und die dem Antragsteller hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller befand hat sich in vorliegender Sache aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Köln vom 26.05.2020 (502 Gs 1410/20) zunächst in der Zeit vom 26.05.2020 bis zum 05.07.2020 in Untersuchungshaft. Für die Zeit vom 06.07.2020 bis zum 01.02.2022 wurde deren Vollzug unterbrochen und statt ihrer in anderen Sachen gegen den Antragsteller verhängte Strafhaft vollstreckt. Am 06.01.2022 wurde er in diesem Zusammenhang in die von der Antragsgegnerin geführte Justizvollzugsanstalt E. verlegt. Nachdem der Antragsteller am 10.01.2022 dem medizinischen Dienst eine Patientenverfügung übergeben hatte, in welcher er jegliche medizinische Behandlung oder Fürsorge abgelehnt hatte, daneben verfügt hatte, dass lebensrettende medizinische Maßnahmen nicht durchgeführt werden sollten, und er schließlich auch die Durchführung wiederbelebender Maßnahmen abgelehnt hatte, ordnete die Antragsgegnerin noch an diesem Tage wegen anzunehmender Suizidgefahr die besondere Sicherungsmaßnahme der unregelmäßigen Beobachtung an. Seit dem 02.02.2022 befindet sich der Antragsteller wieder in Untersuchungshaft. Die Maßnahme der unregelmäßigen Beobachtung wurde auch nach diesem Zeitpunkt noch aufrechterhalten und erst am 08.03.2022 aufgehoben. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf die Darstellung in der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen.

Mit an das Landgericht gerichtetem Schreiben vom 23.05.2022 hat der Antragsteller beantragt, die Rechtswidrigkeit der besonderen Sicherungsmaßnahme der unregelmäßigen Beobachtung für den Zeitraum vom 01.02.2022 bis zum 08.03.2022 festzustellen. Dem ist das Landgericht mit Beschluss vom 08.12.2022 bezogen auf den Zeitraum vom 05.02.2022 bis zum 08.03.2022 nachgekommen, im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen richten sich die Beschwerden sowohl des Antragstellers als auch der Antragsgegnerin. Mit Beschluss vom 08.02.2023 hat das Landgericht den Rechtsmitteln nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet, diejenige der Antragstellerin erzielt lediglich den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.

1. Gegen die Zulässigkeit der - gemäß § 119a Abs. 3 StPO auch für die Antragsgegnerin - statthaften Beschwerden der Verfahrensbeteiligten bestehen keine Bedenken. Aus den vom Landgericht zutreffend dargelegten Gründen besteht auch das für den Antragsteller erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse.

2. In der Sache sind die Rechtsmittel indes (weitgehend) erfolglos, die angegriffene Entscheidung bedarf lediglich der geringfügigen Korrektur in Bezug auf den Zeitpunkt, von dem an sich die unregelmäßige Beobachtung des Antragstellers als rechtswidrig darstellt.

a) Zu Recht hat das Landgericht zunächst seine Zuständigkeit für die Entscheidung über das Begehren des Antragstellers nur für die Zeit ab 02.02.2022 an bejaht, so dass eine Entscheidung über die Rechtswidrigkeit der Maßnahme für den vom Antrag des Antragstellers weiter umfassten Tag des 01.02.2022 nicht zu treffen war. Die Zuständigkeit der Strafkammer war insoweit gemäß § 119a Abs. 1 Satz 1, § 126 Abs. 2 Satz 1, 2 StPO nur für die Zeit begründet, in denen die Untersuchungshaft (wiederholt) vollzogen worden ist. Der Senat versteht das Beschwerdevorbringen des Antragstellers dahin, dass er sich hiergegen auch nicht wendet.

b) Das Landgericht ist hinsichtlich der gerichtlichen Überprüfbarkeit der angegriffenen Maßnahme auch von den zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen. Es hat die besondere Sicherungsmaßnahme der unregelmäßigen Beobachtung während der Untersuchungshaft zutreffend gemäß § 28 UVollzG NRW an § 69 Abs. 1, 2 Nr. 4 StVollzG NRW gemessen. Danach ist - soweit hier von Bedeutung - deren Voraussetzung, dass aufgrund konkreter Tatsachen die Gefahr der Selbsttötung in erhöhtem Maße anzunehmen ist. Bei der Prüfung, ob eine solche Gefahr vorliegt, steht der Vollzugsbehörde auf Grund ihrer besonderen Sachnähe ein Beurteilungsspielraum zu. Die von ihr zu treffende Prognoseentscheidung ist in Anwendung der Grundsätze des § 115 Abs. 5 StVollzG nur dahin überprüfbar, ob die Vollzugsbehörde von einem zutreffend oder vollständigen Sachverhalt ausgegangen ist, ihrer Entscheidung den richtigen Begriff der Ei...

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