Entscheidungsstichwort (Thema)

Scheidungsfolgesache – rechtzeitiges Begehren

 

Leitsatz (amtlich)

Die Entscheidung in einer Scheidungsfolgesache wird rechtzeitig begehrt, wenn der Sachantrag in der Folgesache in der mündlichen Verhandlung I. Instanz zu Protokoll genommen wird. Eine Begründung des Antrags ist zur Herbeiführung der Anhängigkeit nicht geboten. Der Partei muss zur Begründung des Sachantrags Gelegenheit gegeben werden.

 

Verfahrensgang

AG Lahnstein (Urteil vom 30.06.2003; Aktenzeichen 5 F 313/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des AG – FamG – Lahnstein vom 30.6.2003 zu Ziff. 5 (Zugewinnausgleich) aufgehoben; die Sache wird insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an das AG zurückverwiesen.

 

Gründe

Die Parteien haben am 15.7.1984 geheiratet und leben seit August 2001 voneinander getrennt.

Das vorliegende Verfahren wurde durch den Antrag des Antragstellers auf Scheidung der Ehe im August 2002 eingeleitet. Im sodann anberaumten Verhandlungstermin am 19.5.2003 hat die Antragsgegnervertreterin zu Protokoll u.a. beantragt, den Antragsteller zur Zahlung eines Zugewinnausgleichsbetrages i.H.v. 10.109,19 Euro zu verurteilen. Zur Ermittlung des Zugewinnausgleichsanspruchs überreichte die Antragsgegnervertreterin eine Berechnung; zugleich bat sie darum, den Anspruch auf Zahlung eines Zugewinnausgleichsbetrages schriftsätzlich begründen zu dürfen. Diesen Antrag hat das AG abgelehnt und in dem sodann anberaumten Verkündungstermin die Ehe der Parteien geschieden, den Versorgungsausgleich und das Aufenthaltsbestimmungsrecht betreffend die gemeinsame Tochter der Parteien geregelt; darüber hinaus wurden sowohl der Antrag der Antragsgegnerin auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt als auch der Antrag auf Zahlung eines Zugewinnausgleichsbetrages zurückgewiesen. Zur Begründung der Entscheidung zum Zugewinnausgleich hat das AG ausgeführt, die Antragsgegnerin habe einen Anspruch auf Zahlung eines Zugewinnausgleichsbetrages bis zur letzten mündlichen Verhandlung nicht hinreichend substantiiert dargetan; die Erläuterungen in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz seien verspätet und blieben daher gem. § 296a ZPO unberücksichtigt.

Mit der gegen dieses Urteil gerichteten Berufung erstrebt die Antragsgegnerin die Aufhebung des Urteils hinsichtlich der Entscheidung über den Zugewinnausgleichsanspruch und die Zurückverweisung der Sache an das AG Lahnstein. Die Antragsgegnerin vertritt die Auffassung, das AG habe verfahrensfehlerhaft den Anspruch auf Zahlung eines Zugewinnausgleichsbetrages zurückgewiesen; der Amtsrichter hätte ihr hinreichend Gelegenheit geben müssen, den zu Protokoll gestellten Antrag zum Zugewinnausgleich in der Sache zu begründen.

Die in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache Erfolg. Das amtsgerichtliche Verfahren leidet an einem wesentlichen Mangel, weil der Antragsgegnerin keine Gelegenheit gegeben worden ist, den – rechtzeitig gestellten – Antrag auf Zahlung eines Zugewinnausgleichsbetrages ordnungsgemäß zu begründen. Da die Folgesache Zugewinnausgleich aufgrund des Verfahrensmangels noch nicht entscheidungsreif ist, sondern es der weiteren Aufklärung bedarf, war die Sache entsprechend dem Antrag der Antragsgegnerin zurückzuverweisen (vgl. § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Im Einzelnen:

Gemäß § 623 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist u.a. die Folgesache Zugewinnausgleich zusammen mit der Scheidungssache zu verhandeln und hierüber zu entscheiden, sofern dies von einem Ehegatten „rechtzeitig begehrt wird”. Nach Abs. 4 der Vorschrift muss das Verfahren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz in der Entscheidungssache anhängig gemacht sein. In welcher Weise das Verfahren anhängig zu machen ist, regeln die Vorschriften über den Scheidungsverbund nicht näher, so dass insoweit gem. § 624 Abs. 3 ZPO die Vorschriften über das Verfahren vor dem LG gelten. § 297 Abs. 1 Satz 3 ZPO sieht vor, dass der Vorsitzende gestatten kann, die Sachanträge zu Protokoll zu erklären. Da dies ausweislich des Verhandlungsprotokolls vom 19.5.2003 vorliegend hinsichtlich der Folgesache Zugewinn geschehen ist, ist dieser Antrag rechtzeitig gestellt worden i.S.d. § 623 ZPO (vgl. zum Ganzen auch BGH v. 6.5.1987 – IVb ZR 52/86, MDR 1987, 921 = FamRZ 1987, 802 [804]; Zöller/Philippi, 21. Aufl., § 623 Rz. 25). Wenn das Gesetz nach alledem den Ehegatten die Möglichkeit einräumt, im Scheidungsverfahren nachträglich durch Antragshäufung Folgesachen geltend zu machen und diese Möglichkeit im Interesse eines möglichst umfassenden Verhandlungs- und Entscheidungsverbundes in § 623 Abs. 2 ZPO zeitlich lediglich dahin begrenzt, dass die Folgesache bis zum Schluss der erstinstanzlichen Scheidungsverhandlung anhängig gemacht sein muss, so müssen die Parteien auch Gelegenheit haben, eine für die Herbeiführung der Anhängigkeit nicht gebotene, aber für die Zulässigkeit und Begründetheit des Folgesachenantrages erforderliche o...

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