Leitsatz (amtlich)

1. Bei einem Streit über die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist § 512a ZPO nicht anzuwenden. Zuständig für die Klage eines EG-Bürgers aus unerlaubter Handlung ist das Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist.

2. Wird ein ausländischer Arbeitnehmer von seinem dortigen Arbeitgeber vorübergehend nach Deutschland entsandt, ist deutsches Sozialversicherungsrecht nicht anzuwenden. Eine Haftungsbeschränkung scheidet aus. Das gilt auch dann, wenn nach dem Recht des Herkunftsstaates ein Versicherungsschutz nicht besteht.

3. Ein Gerüstbauer haftet nach § 836, 837 BGB, wenn Dritte in seinem Auftrag das Werk auf einem fremden Grundstück errichten. Lösen sich Gerüstteile, schuldet er Ersatz aller Schäden, die mit der Ablösung der Teile in unmittelbarem Zusammenhang stehen (hier: Sturzverletzung eines Arbeiters durch Lösung einer Verstrebung)

 

Normenkette

BGB §§ 836-837; EGBGB Art. 40 Abs. 1; ZPO § 512a; EGV 44/2001; SGB VII § 2 Abs. 2, § 104ff; SGB IV § 5

 

Verfahrensgang

LG Trier (Urteil vom 07.08.2001; Aktenzeichen 11 O 128/00)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 7.8.2001 verkündete Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des LG Trier wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass unter Abweisung der Klage im Übrigen festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger 2/3 allen materiellen und immateriellen Schadens zu ersetzen, der ihm aus dem Arbeitsunfall vom 12.4.1997 auf der Baustelle in Bitburg, in der Nähe des Matratzen-Marktes C. GmbH, entstanden ist und künftig noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger, ein englischer Staatsbürger, ist von Beruf Maurer. Er begehrt Feststellung gegenüber der Beklagten, dass diese ihm alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen hat, die er bei einem Arbeitsunfall am 12.4.1997 auf einer Baustelle in Bitburg erlitten hat. Dieser Unfall war darauf zurückzuführen, dass der Kläger im Zusammenhang mit Arbeiten zum Abbruch eines Haus-Balkons von einem mangelhaft gesicherten Baugerüst in die Tiefe gestürzt ist und sich schwere Verletzungen zugezogen hat.

Die Beklagte hatte mit einer Firma D., niedergelassen in England, einen sogenannten Nachunternehmervertrag abgeschlossen, der die Ausführung von Hoch- und Tiefbauarbeiten an verschiedenen Objekten umfasste. In den zusätzlichen Vereinbarungen des Vertrages vom 25.3.1997 (Bl. 22/23 GA) ist u.a. Folgendes geregelt: „Materialgestellung, Schalungen, Gerüste, Geräte und so weiter erfolgt durch die Firma W. Bau” (= Beklagte).

Von der Verantwortlichkeit der Beklagten für das Gerüst abgesehen, ist weiterhin streitig, für wen der Kläger bei der Ausführung der Arbeit tätig war und ob Haftungsbeschränkungen nach dem Sozialgesetzbuch in Betracht kommen.

Der Kläger hat vorgebracht, zwischen ihm als selbstständigem Maurer und der Beklagten sei ein mündlicher Nachunternehmervertrag abgeschlossen worden. Schon aus diesem Grunde gebe es keine Haftungsprivilegierung zu Gunsten der Beklagten.

Die Beklagte hat geltend gemacht, der Kläger sei einzig und allein „über” die Firma D. beschäftigt gewesen. Diese habe den Kläger zur Ausführung der Arbeiten nach Deutschland geschickt. Sie, Beklagte, stehe zum Kläger in keinerlei Rechtsbeziehungen.

Das LG hat Beweis erhoben, wie das Baugerüst aufgestellt und ob es gesichert war und darüber hinaus, auf welcher vertraglichen Grundlage der Kläger für die Beklagte tätig war.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen tatbestandliche Ausführungen im Einzelnen verwiesen wird, hat das LG der Klage unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils (in den Gründen) von 1/3 stattgegeben (Bl. 142 bis 150 GA).

Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klage sei zulässig, und ein Feststellungsinteresse bestehe schon deshalb, weil die Verjährung unterbrochen werden solle.

Aus den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen ergebe sich, dass deutsches Recht Anwendung finde. Das gelte auch für Ansprüche aus unerlaubter Handlung. Solche und vertragliche Ansprüche gründeten auf der Verantwortlichkeit der Beklagten für das Gerüst.

Wegen der Eigenschaft des Klägers als selbstständiger Subunternehmer komme eine Haftungsbeschränkung zu Gunsten der Beklagten nicht in Betracht. Ihn treffe jedoch ein Mitverschulden mit einem Haftungsanteil von 1/3.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten, die im Wesentlichen rügt (Bl. 164–168 GA): Schon der Tenor des Urteils sei nicht richtig, da die durch das Mitverschulden bedingte eingeschränkte Haftung nicht zum Ausdruck komme. Der Kläger könne keine Feststellung beanspruchen, die drohende Verjährung sei keine Rechtfertigung dafür, dass anstelle der Leistungsklage eine Feststellungsklage erhoben werde.

Mit dem Aufbau des Gerüsts habe sie, Beklagte, nichts zu tu...

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