Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung für Versicherungsschutz

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 23.03.1979; Aktenzeichen 8 O 326/78)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 23. März 1979 verkündete Grundurteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz (8 O 326/78) wird zurückgewiesen.

2. Auf die Anschlußberufung des Klägers wird das genannte Urteil des Landgerichts Koblenz teilweise abgeändert und dahin gefaßt:

Die Klage ist dem Grunde nach in vollem Umfang gerechtfertigt.

3. Zur weiteren Verhandlung über den Betrag des streitigen Anspruchs wird die Sache an das Landgericht Koblenz zurückverwiesen.

4. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt der Kostenentscheidung im Schlußurteil des Landgerichts vorbehalten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der beklagten Versicherung den Ersatz des Wertes seines bei einem Unfall Ende 1977 in Algerien total beschädigten Pkw, den er anläßlich der Finanzierung des Kaufpreises im Frühjahr 1977 bei der Beklagten vollkaskoversichert hatte. Die Beklagte verweigert die Versicherungsleistungen unter Hinweis auf die Europa-Klausel des § 2 AKB.

Der Erwerb des Unfallfahrzeugs des Klägers ist von der … Sparkasse finanziert worden; diese Sparkasse, die mit der beklagten … Versicherungsanstalt ständig zusammenarbeitet, verlangte vom Kläger die Übereignung des Pkw sowie eine Kasko-Versicherung; sie händigte auch dem Kläger das Antragsformular (nebst der Deckungskarte) aus und leitete den Versicherungsantrag des Klägers an den Bezirksvertreter W. der Beklagten weiter. Der Zeugin G., die die Kreditverhandlungen mit dem Kläger auf seiten der … Sparkasse führte und den Abschluß des Versicherungsvertrags vermittelte, war bekannt, daß der Kläger als Monteur bei einer deutschen Firma in Algerien arbeitete und das Fahrzeug dorthin mitnehmen wollte; der Kläger hat diesen Umstand bei den Verhandlungen auch ausdrücklich erwähnt. Die Zeugin G. hat diesen Umstand auch dem Bezirksvertreter W. der Beklagten mitgeteilt. Weder die Zeugin G. noch der Bezirksvertreter W. noch die Beklagte/haben den Kläger über den Ausschluß des Algerien-Risikos in der Kasko-Versicherung aufgeklärt.

Nach Verweigerung des Versicherungsschutzes durch die Beklagte hat der Kläger Klage erhoben mit der Begründung, er hätte den Pkw nicht gekauft, wenn ihm von Anfang an bekannt gewesen wäre, daß im Falle eines Schadens in Algerien kein Vollkasko-Versicherungsschutz gegeben sei, da er zur Eigenfinanzierung nicht in der Lage gewesen wäre (AS 4). Da die Beklagte ihn darüber nicht aufgeklärt habe, hafte sie aus dem Vertrag, jedenfalls aber aus culpa in contrahendo, für den eingetretenen Schaden.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.000,– DM nebst 7 % Zinsen seit 13. Juli 1978 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 23. März 1979 hat das Landgericht die Klage dem Grunde nach zur Hälfte für gerechtfertigt erklärt. Das Gericht ist von der … tatsächlichen Feststellung (AS 66) ausgegangen, es sei zwischen den Parteien unstreitig, daß der Abschluß eines Kasko-Versicherungsvertrags für das außereuropäische Ausland nicht möglich ist, „da eine solche Versicherung nicht angeboten wird”. Das Landgericht hielt die mangelnde Aufklärung des Klägers jedoch für ein zum Schadenersatz verpflichtendes Verschulden bei Vertragsschluß (culpa in contrahendo) und erklärte den Anspruch des Klägers dem Grunde nach zur Hälfte für gerechtfertigt, weil den Kläger ein hälftiges Mitverschulden treffe, da er die Versicherungsbedingungen auf den Umfang des Versicherungsschutzes hätte überprüfen müssen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, deren Rechtzeitigkeit in der mündlichen Verhandlung (AS 133) festgestellt worden ist.

Die Beklagte trägt dazu vor:

Das Landgericht habe sein Urteil ohne hinreichende Beachtung des unterschiedlichen Tatbestands an die Entscheidung des BGH vom 20.6.1963 (BGHZ 40, 23 ff.) angelehnt.

Die gewohnheitsrechtliche Erfüllungshaftung scheide nach Auffassung des BGH aber aus, wenn der Versicherungsnehmer es unterlassen habe, sich die Versicherungsbedingungen aushändigen zu lassen. Daß der Kläger im vorliegenden Fall dies unterlassen habe, sei ein Indiz dafür, daß er wußte, daß die Kasko-Versicherung sich nicht auf Algerien erstrecke.

Eine Haftung aus culpa in contrahendo scheide nach Auffassung des BGH aus,

„wenn der Versicherer eine Versicherung, wie der Versicherungsnehmer sie sich irrig vorgestellt hat, nicht übernimmt und der Versicherungsnehmer, falls er hierüber aufgeklärt worden wäre, auch bei anderen Versicherern eine derartige Versicherung nicht hätte abschließen können oder nicht abgeschlossen hätte” (BGHZ 40, 27).

Obwohl § 2 AKB eine „Erweiterung” erwähne, behauptet die Beklagte unter Verweis auf Brück/Möller (8. Aufl., Bd. V, Lieferung 2, Anm. J 74), es gäbe für Fahrzeuge keine von der Europaklausel abweichenden Bestimmungen. Der uneingeschränkte Mangel der Existenz abweichender Bestimmungen sei Ausdruck der Tatsache, daß kein...

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