Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksame Pauschalierungsklausel bei unberechtigter Kündigung

 

Verfahrensgang

LG Trier (Urteil vom 20.07.2009; Aktenzeichen 5 O 94/09)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 05.05.2011; Aktenzeichen VII ZR 161/10)

 

Tenor

1) Die Berufungen der Beklagten gegen das am 20.7.2009 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des LG Trier und gegen das am 24.8.2009 verkündete Ergänzungsurteil der Einzelrichterin werden zurückgewiesen.

2) Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten.

3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4) Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagten nacheiner durch die Beklagten erfolgten "Kündigung" eines Vertrages über die Lieferung und Errichtung eines Ausbauhauses "Sommerhit" auf Zahlung einer Vergütungspauschale sowie außergerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen in den angefochtenen Urteilen Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZP0).

Durch das Urteil vom 20.7.2009 hat das LG die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 14.029,35 EUR, d.h. von 15 % des Gesamtpreises für das Haus (93.529 EUR), nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.3.2009 (Rechtshängigkeit) zu zahlen. Weiterhin hat es die Beklagten durch das Ergänzungsurteil vom 24.8.2009 gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 755,80 EUR vorgerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.3.2009 zu zahlen.

Das LG ist von einer Kündigung des Werkvertrages ausgegangen, da die Beklagten die vertraglich vereinbarten Rücktrittsvoraussetzungen nicht erfüllt hätten. Aufgrund der Kündigung sei die Klägerin berechtigt, den Vergütungsanspruch aus § 649 BGB i.V.m. der vereinbarten Pauschalierung unter § 8 Nr. 1 Abs. 2 des Hausvertrages geltend zu machen. Die Pauschale von 15 % sei noch angemessen.

Gegen die beiden Urteile richten sich die Berufungen der Beklagten mit dem Ziel der Klageabweisung.

Durch Beschluss des Senats vom 21.10.2009 sind die beiden Berufungsverfahren gem. § 518 Satz 2 ZP0 verbunden worden.

II. Zu Recht hat das LG der Klägerin einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale i.H.v. 15 % des vereinbarten Gesamtpreises aus § 649 BGB i.V.m. § 8 Ziff. 1 Abs. 2 des Hausvertrages zuerkannt.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Vertrag nicht durch einen wirksamen Rücktritt beendet worden. Das in § 1 der Zusatzvereinbarung zum Hausvertrag (Bl. 20 GA) vereinbarte Rücktrittsrecht konnten die Beklagten durch die Erklärung in ihrem Schreiben vom 9.1.2008 (Bl. 21 GA) mangels Vorliegens der Rücktrittsvoraussetzungen nicht wirksam ausüben. Entgegen den vertraglichen Vereinbarungen haben sie der Klägerin weder den Finanzierungsantrag vorgelegt noch nach einer am 16.10.2007 per E-Mail erhaltenen Finanzierungsabsage innerhalb einer Frist von zwei Wochen den Rücktritt erklärt.

Das LG hat die Erklärung der Beklagten in ihrem Schreiben vom 9.1.2008 deshalb zutreffend als Kündigung i.S.d. § 649 BGB gewertet. Durch diese Kündigung ist der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der gem. § 8 Ziff. 1 Abs. 2 des Hausvertrages vereinbarten Vergütungspauschale begründet worden. Die Vereinbarung hält einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB stand.

Zwar ist anerkannt, dass auf Abwicklungsklauseln gem. § 308 Nr. 7 BGB, die die Höhe der Vergütung bei vorzeitiger Vertragsbeendigung regeln, wegen der vergleichbaren Interessenlage die Vorschrift des § 309 Nr. 5b BGB analog Anwendung findet (BGH, Urt. v. 10.10.1996 - VII ZR 250/94, NJW 1997, 259; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 308 Rz. 38 m.w.N.). Danach ist in allgemeinen Geschäftsbedingungen die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung unwirksam, wenn dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet ist, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale.

Diesen Anforderungen wird die streitgegenständliche Klausel gerecht.

Sie gestattet dem Bauherrn in § 8 Ziff. 1 a.E. ausdrücklich den Nachweis, dass der nach § 649 BGB dem Unternehmer zustehende Betrag wesentlich niedriger als die Pauschale ist. Zwar fehlt der ausdrückliche Hinweis, dass dem Bauherrn gestattet ist nachzuweisen, dass ein Schaden bzw. ein Anspruch i.S.v. § 649 BGB überhaupt nicht entstanden ist. In Übereinstimmung mit dem LG hält der Senat dies jedoch für unschädlich. Einen solchen dem Gesetzeswortlaut voll inhaltlich entsprechenden - weiteren - Hinweis zu fordern, käme einer reinen Förmelei gleich, da dies nach objektivem Empfängerhorizont und auch aus der Sicht des "rechtsunkundigen Durchschnittskunden" (s. Ulmer/Brandner/Hensen AGBR 10. Aufl., § 309 Nr. 5 BGB Rz. 20) bereits aus der vorliegend verwendeten Formulierung erstichtlich ist (AG München Urt. v. 31.8.2007 - 222 C 20175/06, NJW-RR 2008, 139). Wenn es dem Bauherrn gestattet ist nachzuweisen, dass d...

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