Entscheidungsstichwort (Thema)

Eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistungen im Insolvenzfall

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 11.08.2009)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 31.05.2011; Aktenzeichen II ZR 106/10)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Koblenz vom 11.8.2009 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 11.000 EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

 

Gründe

I. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der M. Bauunternehmen GmbH & Co. KG in K.; die Beklagte ist eine der Kommanditistinnen und Mehrheitsgesellschafterin der Komplementär-GmbH. Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt der Kläger die Freigabe des von der Sparkasse ... zur Auszahlung bereit gehaltenen Übererlöses aus der freihändigen Verwertung eines mit einer Sicherungsgrundschuld belasteten Grundstücks der Beklagten.

Es wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), die wie folgt ergänzt werden:

Das Grundstück der Beklagten in K. war zugunsten der Volksbank ... eG an erster Rangstelle mit einer Grundschuld i.H.v. 424.372,26 EUR und an zweiter Rangstelle mit einer Grundschuld i.H.v. 332.339,72 EUR belastet; besichert wurde ein unbefristeter Kreditrahmen der Schuldnerin (Zweckerklärung Bl. 70 ff. GA). Im Februar 2003 hat die Volksbank einen letztrangigen Teilbetrag der Grundschuld i.H.v. 138.048,80 EUR an die Sparkasse ... abgetreten; besichert wurden insofern Forderungen der Sparkasse aus div. Darlehensverträgen mit der Schuldnerin (Zweckerklärung Anlage K 1 - Bl. 8 f. GA). Am 14.10.2003 erklärte die Schuldnerin eine umfassende Abtretung ihrer Außenstände (Globalabtretung) an die Sparkasse ... (Urkunde Bl. 89 ff. GA); diese war zur Offenlegung der Abtretung - u.a. - im Falle des Verzugs der Kreditnehmerin mit ihren Zahlungspflichten berechtigt. Seit Mitte Dezember 2003 führte die Schuldnerin - auch - mit der Sparkasse ... "Krisengespräche" zur Überwindung der angespannten Liquiditätslage; die Banken verlangten Einlagen und/oder Gesellschafterdarlehen i.H.v. mindestens 80.000 EUR sowie die alsbaldige Vorlage eines von einer Unternehmensberatungsgesellschaft erarbeiteten Restrukturierungskonzepts. Mit Schreiben an die Schuldnerin vom 19.1.2004 (Bl. 207 f. GA) kündigte die Sparkasse ... eine restriktivere Führung des Firmenengagements an (strenge Führung des Kontokorrentkredits innerhalb der Linie und Befristung bis 31.5.2004; Kürzung des Avalrahmens und Absage an "neue Bürgschaftsurkunden"; Zustellung der Grundschuldbestellungsurkunden); es wurde weitere Unterlagen angefordert (u.a. betriebswirtschaftliche Auswertung per Ende 2003; Rentabilitätsvorschau und Liquiditätsplanung für das erste Quartal 2004) und an die Erstattung des "Fortführungskonzepts" erinnert. Ende Januar 2004 gab die Sparkasse ... - unter der Voraussetzung der Offenlegung der Globalabtretung ggü. dem öffentlichen Auftraggeber - eine Bürgschaftsurkunde i.H.v. 33.888,67 EUR zugunsten eines Subunternehmers heraus (Bl. 75 und 181 GA). Das Sanierungsgutachten vom 17.2.2004 (Auszug Anlage K 2 - Bl. 10 ff.; 49 GA) hielt "unter Zugrundelegung von optimistischsten Planungsprämissen (...) die Sanierungswürdigkeit eventuell [für] gegeben". Mit Schreiben vom 18.2.2004 (Bl. 76 f. GA) erklärte die Sparkasse ... die Kündigung der Geschäftsbeziehung mit der Schuldnerin.

Die Schuldnerin hatte das Geschäftsjahr 2002 mit einem Bilanzverlust i.H.v. 161.000 EUR abgeschlossen; der - nach der Einleitung des Insolvenzverfahrens erstellte - Jahresabschluss 2003 (Auszug Bl. 13 ff. GA) wies einen bilanziellen Verlust i.H.v. 1.457.491,60 EUR aus ("Gesellschafter-Darlehen").

Das LG hat mit Urteil vom 11.8.2009 (Bl. 135 ff. GA) die Klage abgewiesen; hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Der Kläger, der eine Überraschungsentscheidung des LG beanstandet, erkennt spätestens zum Jahresende 2003 die eigenkapitalersetzende Wirkung der von der Beklagten gestellten Sicherungsgrundschuld. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt sei die Schuldnerin - für die Beklagte bei gewissenhafter Prüfung auch erkennbar ("vorläufiger Verlust") - insolvenzrechtlich überschuldet und kreditunwürdig gewesen; das Stammkapital sei vollständig aufgezehrt gewesen; aus eigener Kraft habe die Schuldnerin ihren Kreditbedarf nicht mehr zu decken vermocht. Sei der Insolvenzantrag danach spätestens Mitte Januar 2004 geboten gewesen, so bestehe ein - unverjährter - Anspruch der Insolvenzmasse gegen die Beklagte auf Freigabe - hilfsweise Zahlung - des letztlich aus der eigenkapitalersetzenden Besicherung resultierenden "überschießenden" Verwertungserlöses.

Der Kläger beantragt, das Urteil des LG Koblenz vom 11.8.2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen die Sparkasse ... anzuweisen, den dort aus der Verwert...

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