Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitverschulden bei Amtshaftungsanspruch

 

Normenkette

BGB §§ 254, 839

 

Verfahrensgang

LG Trier (Urteil vom 31.05.2005; Aktenzeichen 11 O 440/04)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 11.01.2007; Aktenzeichen III ZR 116/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 31.5.2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des LG Trier abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der beklagte Landkreis wird verurteilt, der Klägerin 5.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.1.2005 zu zahlen.

Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Kosten des gesamten Rechtsstreits tragen die Klägerin und der beklagte Landkreis je zur Hälfte.

Die Revision gegen das Urteil wird für die Klägerin zur Frage des Mitverschuldens zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der beklagte Landkreis darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern die Klägerin vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den beklagten Landkreis auf Zahlung eines Schadensersatzes i.H.v. 10.000 EUR nebst Zinsen wegen Amtspflichtverletzung in Anspruch.

Die Klägerin ist nach Abtretung Inhaberin von Baugenehmigungen zur Errichtung von jeweils einer Photovoltaikanlage an drei Windkraftanlagen geworden. Die Genehmigungen wurden von dem beklagten Landkreis im Jahr 2002 erteilt.

Am 10.9.2004 zeigte die Klägerin dem Beklagten den Baubeginn zum 24.9.2004 an.

Nachdem das BVerwG im Sommer 2004 festgelegt hatte, dass "Windfarmen" der immisionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, hob der beklagte Landkreis am 21.9.2004 die Baugenehmigung auf und begründete dies vor allem damit, dass auch das Anbringen der Photovoltaikanlage an einer Windkraftanlage nunmehr nach den Vorschriften des Bundesimmisionsschutzrechtes zu erfolgen habe. Diese Aufhebung der Baugenehmigung zu Lasten der Klägerin erfolgte ohne vorherige Ankündigung oder Anhörung. Gegen diese Aufhebung legte die Klägerin am 22.9.2004 Widerspruch ein.

Nach verschiedenen Kontaktaufnahmen zwischen den Parteien und auch mit dem Haftpflichtversicherer des Beklagten hob die Kreisverwaltung durch Bescheid vom 3.11.2004 die Aufhebung der Baugenehmigung vom 21.9.2004 wieder auf. Diese Aufhebung vom 3.11.2004 wurde im Wesentlichen mit der Rechtsauffassung der übergeordneten Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord, die im Widerspruch zu dem Bescheid des Beklagten vom 21.9.2004 stand, begründet (Bl. 12 GA).

Die Klägerin hat vorgetragen:

Sie habe im Vertrauen auf den Bestand und die Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigungen zahlreiche Forschungs-, Realisierungs- und Entwicklungsverträge abgeschlossen. Der Firma ...-technik GmbH, die die Baumaßnahme ab dem 24.9.2004 maßgeblich realisieren sollte, habe sie entsprechend dem geschlossenen Vertrag vom 30.8.2004 nach Aufhebung der Baugenehmigung und der hierdurch bedingten Nichtdurchführung der Bauarbeiten den vertraglich geschuldeten Betrag i.H.v. 10.000 EUR gezahlt. Da die Aufhebung der Baugenehmigung rechts- und amtspflichtwidrig gewesen sei, sei der beklagte Landkreis ihr insoweit ersatzpflichtig.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 10.000 EUR nebst 8 % Zinsen seit dem 15.12.2004 zu zahlen.

Der beklagte Landkreis hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Rechtslage im September 2004 gerade für die Errichtung von Photovoltaikanlagen an Windkraftanlagen unklar gewesen sei und diese Entscheidung, die Aufhebung der Baugenehmigung, sofort rückgängig gemacht worden wäre, wenn die Klägerin die ihr bekannten Stellungnahmen übergeordneter Behörden ihr früher zugänglich gemacht hätte. Er (beklagter Landkreis) habe auch umgehend reagiert, als diese Schreiben Ende Oktober ihm zugänglich gemacht worden seien.

Das LG hat die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass das Vertrauen der Klägerin in die erteilten Baugenehmigungen im vorliegenden Fall nicht schutzwürdig gewesen sei. Die Klägerin habe die noch nicht abschließend geklärte Rechtslage hinsichtlich der Errichtung und des Betriebs von Photovoltaikanlagen gekannt; ein Vertrauensschutz und damit der geltend gemachte Ersatzanspruch seien nicht gegeben.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihr erstinstanzliches Klageziel weiterverfolgt (Bl. 145, 238, 293 GA - mit geringer Abweichung im Zinsantrag). Unter Intensivierung ihres bisherigen Vorbringens trägt sie vor allem weiter vor: Das Vorhaben sei finanziell, wirtschaftlich für sie durchführbar gewesen. Sie habe auch die 10.000 EUR tatsächlich an den Vertragspartner gezahlt; dieser habe und werde dieses Geld auch behalten. Die Ende Oktober 2004 vorgelegten Schreiben der dem Landkreis übergeordneten Behörden seien für dessen Bescheid vom 3.11.2004 nicht entscheidend und ursächlich gewesen.

Der beklagte Landkreis beantragt, die Berufun...

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