Entscheidungsstichwort (Thema)

Beginn der verjährungshemmenden Wirkung einer Klage in gewillkürter Prozessstandschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die erst im Rechtsstreit erteilte Ermächtigung zur Geltendmachung einer fremden Forderung führt nicht zu einer rückwirkenden Verjährungshemmung ab Klageerhebung.

2. Wer in gewillkürter Prozessstandschaft klagt, hat sein Interesse an der Durchsetzung des fremden Rechts darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen. Wird er erst in zweiter Instanz wirksam ermächtigt, rechtfertigt die daraufhin erhobene Verjährungseinrede weder den Verspätungseinwand noch eine Belastung des Anspruchsgegners mit den Kosten seiner erfolgreichen Berufung.

3. Zur Verjährungsberechnung in einem derartigen Fall.

 

Normenkette

BGB §§ 195, § 199 ff., §§ 203-204; ZPO §§ 51, 91, 97, 253, 531

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 05.05.2011; Aktenzeichen 3 O 336/10)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird die Klage unter Aufhebung des Urteils der 3. Zivilkammer des LG Koblenz vom 5.5.2011 abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

1. Die Klägerin ist die Alleingesellschafterin der M. Getränkevertriebsgesellschaft mbH (MGV), die sich am 27.4.2010 die Komplementär- und Kommanditanteile an der K. Vertriebs GmbH & Co KG (KV) übertragen ließ. Diese hatte am 18.4.2010 durch Ausgliederung Ansprüche der K. Brauerei GmbH & Co KG (KB) aus Bierliefer- und Darlehensverträgen erhalten. Dazu gehörten nach dem Vorbringen der Klägerin auch eine Kreditrückgewährforderung gegen die Beklagte, die die Klägerin nunmehr in behaupteter Prozessstandschaft für die MGV eingeklagt hat.

Die KB hatte am 26.11.2004 einen Vertrag mit der Beklagten und deren Geschäftspartner Klaus G. geschlossen, in dem sie die Gewährung eines zinslosen Darlehens über 7.000 EUR zusagte, das später um 1.200 EUR aufgestockt wurde. Die Tilgung sollte über den Bezug von Fassbier erfolgen.

Der Vertrag war bis zum 30.9.2007 befristet. Gegen Ende seiner Laufzeit kam es zu Verlängerungsgesprächen, die nach Auffassung der Beklagten erfolgreich waren. Die Klägerin meldete sich jedoch unter dem 19.4.2010 mit der Mitteilung, dass der Vertrag termingerecht ausgelaufen sei und ihr ein offener Rückzahlungsanspruch von 6.558,10 EUR zustehe.

Dieser Anspruch bildet den Gegenstand des hiesigen Rechtsstreits, den die Klägerin zunächst auch gegen Klaus G. geführt hat. Das LG hat das streitige Zahlungsverlangen nach Anhörung der Beklagten und einer Zeugenvernehmung im Umfang von 6.182,95 EUR zugesprochen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung und erstrebt die Abweisung der Klage.

Dem hat der Senat in einem Beschluss vom 24.8.2010, auf den zur näheren Sachverhaltsdarstellung Bezug zu nehmen ist, keine Erfolgsaussicht beigemessen und seine Absicht mitgeteilt, die Berufung zurückzuweisen. Dabei hat er die Anspruchsberechtigung der MGV und - im Hinblick auf eine kurz zuvor am 22.08. 2011 von deren Seite erteilte Ermächtigung - die Prozessführungsbefugnis der Klägerin bejaht, die ein hinreichendes Eigeninteresse an der gerichtlichen Geltendmachung habe.

2. Mittlerweile hat sich die Beklagte aber stichhaltig verteidigen können. Das beruht auf der zwischenzeitlich erhobenen Verjährungseinrede. Die Einrede ist mit Schriftsatz vom 25.8.2011 vorgebracht worden. Daraufhin hat der Senat am 29.8.2011 ausgeführt:

"Der neuerliche Verjährungseinwand greift, wenn man, wie dies der Senatsbeschluss (vom 24.8.2011) getan hat, mit der Klägerin eine Fälligkeit der Klageforderung bereits am 30.9.2007 annimmt, weil die Ermächtigung zur Prozessführung durch die Klägerin erstmals aus der Erklärung der MGV vom 22.8.2011 hervorgeht und diese Ermächtigung nach herrschender Auffassung die Wirkung des § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB nur ex nunc einsetzen lässt (vgl. nur MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 204 Rz. 20). Damit konnte die Frist der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB zuvor ablaufen.

Eine Ermächtigung der Klägerin durch die MGV schon im Jahr 2010 war und ist bestritten. Sie wurde in erster Instanz weder belegt noch tauglich unter Beweis gestellt. Das nunmehr im Berufungsverfahren vorgebrachte Zeugnisangebot ist ebenso präkludiert, wie es die nachträgliche Vorlage des Betriebspachtvertrags vom 29.3.2010 wäre (§ 531 Abs. 2 ZPO)."

In diesem Zusammenhang war schon unter dem 24.8.2011 darauf hingewiesen worden, dass die von der Klägerin zu den Akten gereichte Vollmacht vom Juli 2010 aus sich heraus eine Prozessstandschaft nicht trug und dass allenfalls der Betriebspachtvertrag insoweit ergiebig sein könne. Indessen hat die Klägerin jetzt selbst erklärt, der Betriebspachtvertrag "erbringe keinen Beweis für ... eine Ermächtigung ... zur Prozessführung über die Vollmacht hinaus"; das sieht der Senat nicht anders. Im Hinblick darauf hätte umso mehr Veranlassung bestanden, eine davon unabhängige erstinstanzliche Prozessführungsbefugnis, wie sie die Klägerin für sich in Anspruch genommen hat und neuerlich mit de...

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