Entscheidungsstichwort (Thema)

Gutgläubiger Eigentumserwerb an Gaststätteninventar trotz Sicherungsübereignung an eine Bank

 

Leitsatz (amtlich)

Veräußert der Gaststättenpächter Inventar, das an eine Bank sicherungsübereignet ist, unbefugt an einen Dritten, wird dessen gutgläubiger Eigentumserwerb nicht dadurch gehindert, dass ein Bankmitarbeiter zuvor in einem Gespräch aller Beteiligten von "unseren Einrichtungsgegenständen" gesprochen hat, wenn diese Erklärung mehrdeutig war.

 

Normenkette

BGB §§ 854, 929-930, 932, 935, 985

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 13.07.2007; Aktenzeichen 15 O 211/06)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird die Klage unter Aufhebung des Urteils der 15. Zivilkammer des LG Koblenz vom 13.7.2007 abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Klägerin kaufte am 10.11.1999 gemeinsam mit Pasquale A. die "komplette Einrichtung" eines bestehenden Eiscafes, um es weiter zu betreiben. Beide tätigten noch zusätzliche Anschaffungen, ehe Pasquale A. am 25.1.2000 zugunsten der Volksbank W. einen Sicherungsübereignungsvertrag hinsichtlich des vorhandenen Lokalinventars schloss.

Pasquale A. führte das Eiscafe langfristig allein, weil die Klägerin weithin ortsabwesend war. Nach vier Jahren entschloss er sich zu einem Geschäftsverkauf und veräußerte mit Vertrag vom 4.2.2004 die "gesamte Betriebs- und Geschäftsausstattung" an den Beklagten. Dem waren in dessen Anwesenheit Unterredungen mit der Volksbank W. vorausgegangen; dabei wurden deren Kredite an Pasquale A. zur Sprache gebracht.

Mittlerweile hat auch der Beklagte den Betrieb des Eiscafes aufgegeben und die Räumlichkeiten verlassen. Das Inventar wurde von deren Vermieterin unter Berufung auf ein Pfandrecht zurückbehalten.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin den Beklagten auf Herausgabe der von ihr und Pasquale A. angeschafften Sachen in Anspruch genommen. Sie hat vorgetragen, dass sie daran neben Pasquale A. Miteigentum erlangt habe. Zudem wurde sie von der Volksbank W. ermächtigt, deren, von Pasquale A. abgeleitete Rechte, ggü. dem Beklagten geltend zu machen. Der Beklagte hat einen gutgläubigen Erwerb eingewandt.

Das LG hat der Klage im Anschluss an eine Zeugenvernehmung unter dem Gesichtspunkt des § 985 BGB stattgegeben. Es ist davon ausgegangen, dass die Eigentumsrechte an den herausverlangten Gegenständen bei der Klägerin stünden - zur einen Hälfte kraft Inhaberschaft und zur anderen Hälfte kraft einer Ermächtigung der Volksbank W. als Sicherungseigentümerin. Ein gutgläubiger Eigentumserwerb durch den Beklagten scheide aus, da der Klägerin der Mitbesitz an den Sachen entzogen worden sei und das Sicherungseigentum der Volksbank W. auf der Hand gelegen habe. Dass der Beklagte nicht mehr Besitzer sei, habe keine Bedeutung, weil er den Besitz erst nach Rechtshängigkeit verloren habe.

Diese Entscheidung greift der Beklagte mit der Berufung an. Er erstrebt die Abweisung der Klage und verweist dabei wie bereits in erster Instanz namentlich auf einen gutgläubigen Eigentumserwerb durch seine Person. Dem tritt die Klägerin entgegen. Hilfsweise beantragt sie die Verurteilung des Beklagten zu einer Schadensersatz-leistung von 10.000 EUR nebst Zinsen. Das streitige Inventar habe zumindest einen entsprechenden Wert.

II. Die Berufung des Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.

1. Das Herausgabebegehren der Klägerin (§ 985 BGB), das auf eigene Eigentumsrechte und - im Wege der Prozessstandschaft (vgl. Bassenge in Palandt, BGB, 67. Aufl., § 985 Rz. 1) - auf Eigentumsrechte der Volksbank W. gestützt wird, dringt nicht durch, weil der Beklagte Eigentümer der herausverlangten Sachen geworden ist. In der zeitlichen Entwicklung stellt sich die Situation wie folgt dar:

2. Ursprünglich war Gianna V. Eigentümerin des Großteils der streitigen Geschäftseinrichtung. Diese übertrug ihre Rechte dann im Hinblick auf den Kaufvertrag vom 10.11.1999 zu gleichen Teilen an die Klägerin und an Pasquale A. Deren Erwerb ist durch ihre Zeugenaussage belegt. Nachfolgend nahmen beide Zusatzanschaffungen vor, ehe Pasquale A. dann am 25.1.2000 mit der Volksbank W. eine Sicherungsübereignung des Inventars vereinbarte.

Diese Vereinbarung, die gem. §§ 929, 930 BGB getroffen wurde, war nur insoweit erfolgreich, als sie sich auf die Miteigentumsanteile Pasquale A's bezog. Die Eigentumsrechte der Klägerin konnten mangels deren Einverständnisses nicht übergehen; ein gutgläubiger Erwerb der Volksbank W. (§ 933 BGB) scheiterte daran, dass Pasquale A. den Besitz an den Sachen nicht aufgab (vgl. BGH NJW 1996, 2654).

Die gemeinsame Berechtigung der Klägerin und der Volksbank W. bestand fort, als sich Pasquale A. am 4.2.2004 mit dem Beklagten über einen Eigentumsübergang zu dessen Gunsten einigte. Mithin verfügte Pasquale A. nunmehr insgesamt als Nichtberechtigter. Gleichwohl war seine Verfügung erfolgreich; der Beklagte wurde Eigentümer,...

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