Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 17.02.2005; Aktenzeichen 16 O 71/04)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des LG Koblenz vom 17.2.2005 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt als Bezugsberechtigte von dem Beklagten die Auszahlung einer Unfallzusatzversicherungsleistung, nachdem der Versicherungsnehmer - ihr Ehemann - nach einem Suizid im Februar 2003 verstorben ist. Der Beklagte beruft sich darauf, dass nach den vereinbarten Bedingungen für die Unfallzusatzversicherung kein Versicherungsschutz bestehe.

Zwischen dem Beklagten und dem Ehemann der Klägerin W. H. bestand seit 1987 ein Lebensversicherungsvertrag (Kapitalversicherung auf den Todes- und Erlebensfall) und ein Unfallzusatzversicherungsvertrag mit einer Versicherungssumme i.H.v. 50.0000 DM (25.564,59 EUR). Dem Vertrag lagen u.a. die Bedingungen für die Unfallzusatzversicherung (UZB) des Beklagten zugrunde. Während der Beklagte nach dem Tod seines Versicherungsnehmers die Versicherungssumme aus der Lebensversicherung an die bezugsberechtigte Klägerin auszahlte, lehnte er die Zahlung der Unfallzusatzversicherungssumme mit Schreiben vom 13.10.2003 mit der Begründung ab, der Todesfall falle nicht unter den Versicherungsschutz der Unfallzusatzversicherung.

Der Ehemann der Klägerin war im August 2001 Opfer eines schweren Verkehrsunfalls geworden, wobei er sich eine schwere Hirnverletzung zugezogen hatte. Hierbei war es zu einer intracerebralen Blutung und einem Subduralhämatom rechts zentral gekommen, das osteoplastisch trepaniert worden war. Folge dieser Hirnverletzung war u.a. eine sensorische Aphasie und Wortfindungsstörung sowie eine allgemeine posttraumatische Hirnleistungsschwäche mit Defiziten in der Konzentration, einer vermehrten Reizbarkeit und Erschöpfbarkeit. Nachdem sich nach Durchführung umfangreicher Rehabilitationsmaßnahmen im Lauf der Zeit herausgestellt hatte, dass der Ehemann der Klägerin sein Sprachvermögen nur begrenzt würde wiederherstellen können und auch weiterhin in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt bleiben würde, kam er am 4.2.2003 kurz vor Beginn einer neuen Rehabilitationsmaßnahme durch Suizid zu Tode, indem er sich auf dem Speicher des gemeinsamen Einfamilienhauses erhängte. Er hinterließ einen Abschiedsbrief, in welchem er zum Ausdruck brachte, dass er nicht mehr wolle. Wegen der Einzelheiten des Abschiedsbriefes wird auf dessen Kopie (Bl. 62 GA) Bezug genommen.

Die Parteien streiten um die Auslegung des § 2 (3)d UZB. Diese Bestimmung lautet:

§ 2 Was ist ein Unfall im Sinne dieser Bedingungen

(1) ...

(2) ...

(3) Dagegen fallen nicht unter den Versicherungsschutz:

d) Selbsttötung, und zwar auch dann, wenn der Versicherte die Tat in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen hat. Versicherungsschutz besteht jedoch, wenn jener Zustand durch ein unter die Versicherung fallendes Unfallereignis hervorgerufen wurde.

Die Klägerin hat geltend gemacht, es sei davon auszugehen, dass der vorliegende Todesfall ein eigenständiges versichertes Unfallereignis darstelle. Im Übrigen habe ihr Ehemann die Selbsttötung in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen, wobei dieser Zustand durch den Verkehrsunfall vom August 2001 hervorgerufen worden sei.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 25.564,59 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.11.2003 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat geltend gemacht, ein zur Leistungspflicht führender Versicherungsfall liege nicht vor. Zum einen stelle ein Suizid keinen eigenständigen Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen dar, zum anderen scheide eine Leistungspflicht deshalb aus, weil der Tod des Versicherungsnehmers nicht - wie nach seiner Auffassung von den Bedingungen gefordert - innerhalb eines Jahres nach dem Verkehrsunfall vom August 2001 eingetreten sei. Im Übrigen sprächen die Umstände des Suizides gegen einen die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit bei dem Versicherungsnehmer.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

Die Klägerin verfolgt ihr erstinstanzliches Klagebegehren auf Zahlung von 25.564,59 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten seit dem 15.11.2003 weiter und macht geltend, der Entscheidung des LG liege ein falsches Verständnis der Auslegung der Versicherungsbedingungen, insb. der Abgrenzung von Unfall und Unfallfolgen zugrunde. In § 1 Nr. 1b UZB werde ein...

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