Entscheidungsstichwort (Thema)

Abänderung eines Titels auf Zahlung von Unterhalt

 

Verfahrensgang

AG Bingen am Rhein (Urteil vom 28.06.2000; Aktenzeichen 9 F 22/00)

AG Bingen am Rhein (Urteil vom 10.11.1999; Aktenzeichen 7 F 595/98)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Bingen vom 28. Juni 2000 teilweise abgeändert und neu gefasst:

Das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Bingen vom 10. November 1999 – 7 F 595/98 – wird dahingehend abgeändert, dass der Kläger ab dem 8. Februar 2000 der Beklagten einen nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 514 DM zu zahlen hat.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung hat einen wesentlichen Teilerfolg. Die Verhältnisse haben sich nach Erlass der letzten mündlichen Verhandlung in dem Verfahren AG Bingen – 7 F 595/98 –, auf die das Urteil vom 10. November 1999 erging, wesentlich im Sinne des § 323 ZPO geändert. Dies führt dazu, dass der Kläger ab dem 8. Februar 2000 (Zustellung der Abänderungsklage) nicht mehr 1.533,50 DM, sondern nur noch nachehelichen Ehegattenunterhalt in Höhe von 514 DM schuldet.

Das Familiengericht hat im vorangegangenen Verfahren das Einkommen des heutigen Klägers und damaligen Beklagten für die Zukunft wesentlich zu hoch geschätzt. Es hat damals angenommen, dem Kläger werde es gelingen, im Rahmen seiner Tätigkeit als Küchenverkäufer, nachdem er nach unverschuldeter Arbeitslosigkeit drei Monate vor der mündlichen Verhandlung eine neue Stelle gefunden hatte, wieder annähernd dieselben Provisionen einnehmen könne, wie in früheren Zeiten. Im Hinblick darauf schätzte das Amtsgericht das zukünftige Nettoeinkommen des Klägers auf insgesamt monatlich 4.400 DM.

Diese Prognose hat sich jedoch als falsch herausgestellt. Tatsächlich hatte der Kläger einschließlich des Weihnachts- und Urlaubsgeldes sowie der Steuerrückerstattung nur ein Nettoeinkommen von 2.985 DM. Dies steht fest aufgrund der von ihm in der Berufung vorgelegten Gehaltsbescheinigungen und der Ablichtung des Steuerbescheides für das Jahr 1999. Dies rechtfertigt die Abänderung des Urteils vom 10. November 1999. Es handelt sich insoweit weder um die nachträgliche Korrektur einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung noch um eine nachträgliche andere Tatsachenfeststellung. Vielmehr haben sich nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung die Verhältnisse, die für die Bemessung des Unterhalts bestimmend waren, geändert, weil die Unterhaltsberechnung sich nunmehr nicht auf eine Schätzung stützt, sondern sich an dem tatsächlich erzielten Einkommen orientiert. Die Abänderungsklage soll aber gerade die Korrektur einer fehl geschlagenen Prognose ermöglichen (vgl. Wendl-Staudigl 5. Aufl. § 8 Rdnr. 158 b, 158 c; Zöller ZPO 22. Aufl. § 323 Rdnr. 1).

Die von dem Familiengericht für seine gegenteilige Auffassung herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW-RR 1992, 1092) passt hier nicht. Diesem Fall lag die Annahme des Erstgerichts zugrunde, dass der Unterhaltsverpflichtete seiner Erwerbsobliegenheit nicht genüge und er bei Erfüllung seiner entsprechenden Verpflichtung wieder annähernd soviel verdienen könne wie in früheren Zeiten. Im Abänderungsverfahren hatte der Unterhaltsverpflichtete, der immer noch keine entsprechende Erwerbstätigkeit aufgenommen hatte, geltend gemacht, der Unterhaltsbedarf eines Kindes richte sich nur nach den tatsächlichen Verhältnissen, nicht aber nach fiktivem Einkommen. Damit hat er aber, wie der BGH erkannte, in Wirklichkeit eine Rechtsauffassung des Erstgerichts angegriffen. Dies ist im Abänderungsverfahren nicht möglich. Im hier zu entscheidenden Fall wird durch den Senat nicht die Rechtsauffassung des Urteils vom 10. November 1999 korrigiert. Dem Urteil liegt nicht zugrunde, dass der Kläger seiner Erwerbsobliegenheit nicht genügt und er sich deshalb fiktiv zusätzliches Einkommen zurechnen lassen müsse. Vielmehr vermutete das Gericht aufgrund des ihm bekannten Sachverhalts, dass sich das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten, nachdem er sich eingearbeitet hat und Provisionen für vorausgegangene Abschlüsse nach und nach fällig werden, nachhaltig steigert. Diese tatsächliche Vermutung hat sich aber im Nachhinein – nach Schluss der letzten Tatsachenverhandlung – als falsch herausgestellt.

Einzuräumen ist, dass bezüglich des Unterhalts, der nach Verkündung dieses Urteils durch den Senat fällig wird, für die Zukunft eine Prognose des Amtsgerichts durch eine neue Prognose ersetzt wird. Entscheidend ist aber, dass diese Prognose sich auf eine andere Tatsachengrundlage stützt, nämlich auf Tatsachen, die erst nach der letzten mündlichen Verhandlung des abzuändernden Urteils entstanden sind. Neue Tatsache ist die Feststellung, dass der Kläger im Jahr 2000 nur ein Nettoeinkommen von monatlich 2.985 DM erzielt hat. Das aber ist typisch für das Abänderungsv...

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