Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz aus Verkehrssicherung

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 02.05.1991; Aktenzeichen 10 O 478/90)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 2. Mai 1991 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Das Landgericht hat richtig entschieden; auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils nimmt der Senat Bezug (§ 543 Abs. 1 ZPO).

Das Vorbringen der Berufung rechtfertigt keine andere Beurteilung:

Dem Kläger steht der geltend gemachte Schmerzensgeldanspruch nicht zu; die Beklagte hat die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt (§§ 847, 823 Abs. 1 BGB).

Zugunsten des Klägers unterstellt der Senat dessen Vorbringen, die Beklagte sei Eigentümerin des gesamten Anwesens, des Parkplatzes, der Zufahrt und des Bürgersteigs vor dem Haus. Aus dieser tatsächlichen Eröffnung des Verkehrs für Dritte ergab sich sodann die allgemeine Rechtspflicht der Beklagten, die notwendigen Vorkehrungen zum Schutze berechtigter Verkehrsteilnehmer (Besucher) zu treffen. Dabei ist jedoch zu beachten, daß eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließt, nicht erreichbar ist. Für alle denkbaren, entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintrittes kann keine Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die nach den Erwartungen des jeweiligen Verkehrs im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren geeignet sind, eine Gefährdung bei bestimmungsgemäßem Gebrauch nach Möglichkeit abzuwenden (Palandt-Thomas, 49. Aufl., § 823, Anm. 8 A).

Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht richtet sich also nach dem, was ein vernünftiger Benutzer an Sicherheit erwarten darf. Der für eine Straße oder einen Weg Verkehrssicherungspflichtige hat dafür zu sorgen, daß diese(r) möglichst gefahrlos befahren bzw. begangen werden kann. Eine vollständige Gefahrlosigkeit kann jedoch mit zumutbaren Mitteln nicht erreicht und auch vom Verkehrsteilnehmer nicht erwartet werden. Deshalb muß z. B. der Fußgänger bei der Benutzung eines Bürgersteiges mit gewissen Unebenheiten rechnen und sich darauf einstellen (vgl. OLG Hamm NJW RR 87, 412; OLG Schleswig VersR 89, 627).

Aus den zu den Gerichtsakten gereichten Bildern der Örtlichkeit (Bl. 26, 27, Hülle Bl. 48 GA) ergibt sich zweifelsfrei, daß der Parkplatzbereich, die Zufahrt zum Parkplatz sowie der die Zufahrt von dem Hausanwesen trennende Gehweg ordnungsgemäß und verkehrssicher angelegt sind. Das wird von den Parteien nicht in Zweifel gezogen.

Entgegen der Auffassung des Klägers erachtet der Senat die Anlage des Gehweges vor dem Hausanwesen (Bl. 27 GA) zum Schutze eventueller Hausbesucher und anderer Fußgänger als sachgerecht. In jedem Fall ist es sinnvoll, Fahr- und Gehbereich voneinander zu trennen; dies ist sogar hier durch unterschiedliche Pflasterung deutlich sichtbar geschehen.

Die Bordsteinkante ist nicht hoch (Vorbringen des Klägers: 8–10 cm), sie befindet sich in ordnungsgemäßem Zustand. Nach alledem sind Pflichtverletzungen der Beklagten weder bei der Schaffung noch bei der Unterhaltung des Parkplatzes, der Zufahrt, des Gehweges oder des Hauseingangsbereiches erkennbar. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, den Bordsteinbereich bei Dunkelheit auszuleuchten. Dies mag für den unmittelbaren Eingangsbereich selbst erforderlichen sen, insbesondere im Interesse von Hausbewohnern oder Besuchern, die das Haus verlassen, damit sie den dort angebrachten Sockel nicht übersehen. Der (weitere) Zugangsbereich (Zufahrt, Gehweg) ist –wie dargelegt– ordnungsgemäß angelegt. Die Bordsteinkante stellt ein geringfügiges Hindernis dar, das von jedem Benutzer des Zugangs auch in der Dunkelheit erwartet, gefahrlos erkannt und überwunden werden kann. Eine Ausleuchtung dieses Bereiches geht nach der Auffassung des Senats über das im Rahmen der Verkehrssicherung Zumutbare hinaus (vgl. Geigel, Der Haftpflichtprozeß, 20. Aufl., 14, 113 bis 114).

Die Auffassung des Klägers, die Beklagte habe einen „Infrarot-Bewegungsmelder” anbringen müssen, der bei Annäherung von Besuchern den gesamten Hauseingangsbereich einschließlich des Gehweges ausleuchtet überspannt daher die Anforderungen an eine zumutbare Verkehrssicherung. Seine Behauptung, schon vor seinem Unfall seien „bereits verschiedene Besucher des Hauses, wie auch Mieter des Hauses über die angesprochene Bürgersteigkante gestolpert”, und hierauf sei die Beklagte hingewiesen worden, ist nicht hinreichend substantiiert. Die angeblichen Vorfälle sind weder zeitlich noch örtlich konkretisiert, Namen der Besucher sind nicht mitgeteilt, Art. und Zeitpunkt des angeblichen Hinweises werden nicht näher beschrieben.

Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellte, die Beklagte habe ihre Pflicht zur Verkehrssicherung verletzt, hätte der Kläger den Unfall jedenfalls derart überwiegend selbst verschuldet, daß eine daneben gegebene Haftung der Beklagte...

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