Leitsatz (amtlich)

1. Zur Sachmängelhaftung beim Grundstückskaufvertrag - hier: Wasserein-tritt im Flachdach eines Bungalows -.

2. Gibt der Verkäufer auf ausdrückliche Nachfrage die Erklärung ab, das Flachdach sei "neu gemacht worden", ohne die bloße - ungeprüfte - Wei-tergabe von Informationen des Voreigentümers noch die nur kurze eigene Nutzungszeit offenzulegen, trägt dies den Vorwurf des arglistigen Ver-schweigens des Sachmangels.

3. Ein Mitverschulden des Käufers im haftungsbegründenden Vorgang kommt in Betracht, wenn er die Gelegenheit zur Inaugenscheinnahme des Flach-dachs ungenutzt lässt und hierbei die Sanierungsbedürftigkeit der Dach-eindeckung offenkundig geworden wäre.

 

Normenkette

BGB § 434 Abs. 1 S. 2, § 437 Nr. 3, §§ 444, 254 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 23.12.2010; Aktenzeichen 16 O 413/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 16. Zivilkammer des LG Koblenz vom 23.12.2010 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 16.990,85 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.9.2009 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger alle weitergehenden Schäden in Höhe einer Haftungsquote von ¾ zu ersetzten, die auf eine Undichtigkeit des Flachdachs am Haus des Klägers "Am Hohenrain 19" in 56341 Kamp-Bornhofen zurückzuführen sind.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits im ersten und zweiten Rechtszug tragen der Kläger zu ¼ und die Beklagten als Gesamtschuldner zu ¾.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 115 v.H. des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 115 v.H. des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger verfolgt Schadensersatzansprüche aus einem Grundstückskaufvertrag.

Es wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

In § 4 Nr. 1 des notariellen Grundstückkaufvertrages vom 11.12.2007 (Bl. 10 ff. GA) heißt es:

"Der Käufer hat das Kaufobjekt eingehend besichtigt. Er erklärt, dass bei der Besichtigung keine Mängel festgestellt worden sind, die noch von dem Verkäufer beseitigt werden sollen. Der Verkäufer erklärt, dass ihm nicht erkennbare Mängel, insbesondere Altlasten nicht bekannt sind; Garantien werden nicht abgegeben.

(...)

Die Ansprüche und Rechte des Käufers wegen Sachmängeln des Kaufobjektes, insbesondere wegen des Zustands bestehender Gebäude, werden hiermit ausgeschlossen.

Von der vorstehenden Rechtsbeschränkung ausgenommen ist eine Haftung für Vorsatz oder Arglist."

Das LG hat nach Beweisaufnahme mit Urteil vom 23.12.2010 (Bl. 119 ff. GA) der Klage in vollem Umfang stattgegeben; hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Die Beklagten, die nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme einen Sachmangel des Flachdachs bei Gefahrübergang einräumen, berufen sich auf den im notariellen Kaufvertrag vereinbarten Gewährleistungsausschluss; entgegen der Auffassung des LG hätten sie keinesfalls "Angaben ins Blaue hinein" gemacht. Sie, die Beklagten, hätten im Rahmen der Verkaufsverhandlungen mit dem Kläger lediglich vom Voreigentümer und vom Makler herrührende Informationen weitergegeben; auch bei einer "unterlassenen Mitteilung der Quellenangabe" sei der Vorwurf der Arglist nicht gerechtfertigt. Kenntnis von der Mangelhaftigkeit des Daches hätten sie, die Beklagten, während ihrer 18-monatigen "Zeit der eigenen Bewohnung" nicht gehabt; ebenso wenig habe für sie als "nicht fachkundige Privatpersonen" Anlass bestanden, an der Richtigkeit der gewonnenen Informationen zu zweifeln. Eine Garantierklärung sei nicht abgegeben worden; die Ausdrucksweise "neu gemacht" könne vorliegend nur dahingehend verstanden werden, dass die Beklagte(n) die Sanierung des (Flach-)Dachs hätte(n) deutlich machen wollten. Der Kläger, der - insofern unstreitig - mehrfach zur (vorvertraglichen) Besichtigung des Hausanwesens vor Ort gewesen sei, habe eine Inaugenscheinnahme des - mittels einer angelehnten Leiter jederzeit zugänglichen - Daches nicht vorgenommen.

Die Beklagten beantragen, das Urteil des LG Koblenz vom 23.12.2010 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil, das in der Sache auf der Grundlage der durchgeführten Beweisaufnahme zu zutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen gelangt sei. Die Beklagten hätten mehrfach und in unterschie...

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