Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Nachweis der Unfallursächlichkeit für Tod mehrere Tage nach erlittenem Stromschlag

 

Leitsatz (amtlich)

Auch wenn davon auszugehen ist, dass der Stromschlag ohne eine vorbestehende Herzschädigung nicht zum Tod geführt hätte, würde eine Leistungskürzung wegen der Herzschädigung nach § 8 AUB voraussetzen, dass ein geschätzter quantitativer Mitverursachungsanteil derselben festgestellt werden könnte. Ist dies nicht möglich, besteht Anspruch auf die volle Todesfallleistung.

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 16.07.2009; Aktenzeichen 16 O 507/05)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des LG Koblenz vom 16.7.2009 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt als Bezugsberechtigte von der Beklagten Leistungen aus einem Unfallversicherungsvertrag.

Die Klägerin ist die Witwe des am 6.2.2004 im Alter von 53 Jahren verstorbenen A., der als selbständiger Elektroinstallateurmeister im eigenen Betrieb tätig war. A. unterhielt bei der Beklagten seit 1984 eine Unfallversicherung mit Vereinbarung der AUB 88 und einer Todesfallleistung von zuletzt 51.130 EUR, für die eine Bezugsberechtigung seiner gesetzlichen Erben angegeben war (Bl. 16 bis 20 d.A.). Die Klägerin ist testamentarische Alleinerbin des A. (Bl. 81 d.A.), seine Söhne haben etwaige ihnen gegen die Beklagte zustehende Ansprüche an die Klägerin abgetreten (Bl. 78 d.A.).

A. unterzog sich im Oktober 2003 einem Gesundheitscheck bei seinem Hausarzt Dr. B., der aufgrund dieser Untersuchung weder klinisch noch aufgrund der technischen/laborchemischen Befunde Behandlungsbedarf sah (Attest vom 23.5.2005, Bl. 108 d.A.).

Am 26.1.2004 führte A. in dem Betrieb der C. in D. Elektroarbeiten aus. Zwischen den Parteien ist streitig, ob er dabei einen Stromschlag erlitt. Ein für die Berufsgenossenschaft erstelltes pathologisches Gutachten des Dr. med. E. vom 21.6.2004 (Bl. 34 bis 56 d.A.) ergab eine hochgradig stenosierende Koronararteriensklerose aller drei Äste als Grundleiden, zirka sieben Stunden alte subendokardiale Myokardinfarkte der Hinterwand und Seitenwand und als Todesursache ein protrahiertes Herz-Kreislaufversagen bei Koronarinsuffizienz. Zu einer möglichen Stromwirkung konnte der Sachverständige aus pathologisch-anatomischer Sicht keine Angaben machen.

Mit Schreiben vom 11.5.2005 (Bl. 33 d.A.) lehnte die Beklagte Leistungen aus der Unfallversicherung ab, da das Ableben des Herrn A. nicht auf einen Unfall, sondern auf die bestehende schwerwiegende Herzkrankheit zurückzuführen sei.

Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage die Zahlung der vereinbarten Todesfallleistung.

Sie hat vorgetragen,

A. habe bei den Arbeiten am 26.1.2004 ein Kabel mit der Hand während der Montagearbeiten aus einem Schaltschrank heruntergezogen und sei mit dem Kabel an mindestens eine Phase gelangt, wodurch ein Kurzschluss ausgelöst worden sei. Er sei dann benommen und mit beidseitig zu einem Kreuz verschränkten Armen aufgefunden worden. Nach dem 26.1.2004 habe sich der Gesundheitszustand des A. erheblich verschlechtert, er habe Blässe, Abgeschlagenheit, Schwindel, psychische Auffälligkeit und Sehstörungen gezeigt. A. habe mehreren Personen von einem Stromunfall berichtet. Ursache des Versterbens des A., der auch Strommarken aufgewiesen habe, am 6.2.2004 sei der am 26.1.2004 erlittene Stromunfall gewesen.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 51.130 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.5.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, Todesursache sei die in dem pathologischen Gutachten festgestellte vorbestehende Herzerkrankung des A. gewesen. Aus medizinischer Sicht sei eine Mitwirkung des behaupteten Stromschlags beim Eintritt des Todes ausgeschlossen, da der Tod dann unmittelbar nach dem Stromschlag hätte eintreten müssen. Jedenfalls liege aber auch bei Annahme einer Mitwirkung eines Stromschlages die ganz überwiegende Todesursache in der Koronarsklerose und einem dadurch verursachten Herzinfarkt. Ein Stromfluss durch den Körper des A. sei nicht erfolgt, da die Stärke des Stroms bei den Elektroarbeiten am 26.1.2004 mindestens 230 mA betragen habe und ein Stromfluss ab einer Stromstärke von 80 mA bereits bei kurzzeitiger Einwirkung zum Tode führe.

Das LG hat der Klage vollumfänglich stattgegeben, da nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme die Klägerin bewiesen habe, dass A. an den Folgen eines Stromunfalls verstorben sei. Aufgrund der Zeugenaussagen hinsichtlich des Verhaltens des A. am 26.1.2004 und danach sowie dessen Erzählun...

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