Entscheidungsstichwort (Thema)

Sturmschaden - Orkan "Kyrill"

 

Normenkette

VGB 2000; VVG §§ 6, § 23 ff., § 61

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 02.07.2008; Aktenzeichen 16 O 486/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Einzelrichters der 16. Zivilkammer des LG Koblenz vom 2.7.2008 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.318,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. 4 % seit dem 22.1.2007 und i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.6.2007 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 59 % und die Beklagte 41 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Einfamilienwohnhauses in A. Für dieses Gebäude unterhält sie bei der Beklagten eine Wohngebäudeversicherung (Versicherungsschein Nr. 736/038624/K63) nach den allgemeinen Bedingungen für die Wohngebäudeversicherung in der Version VGB 2000/E. Als Versicherungsart ist die gleitende Neuwertversicherung vereinbart. Versicherte Gefahren sind u.a. Sturm und Hagel. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin zur Zahlung einer Entschädigung wegen eines Sturmschadens, der am 18.1.2007 am Dach des versicherten Wohngebäudes eintrat, verpflichtet ist.

Die Klägerin hat geltend gemacht, an diesem Tage seien infolge eines Sturms mit der Windstärke 8 die vorderen Dachschindeln des Hauses abgerissen worden und bis zu 50 m weit weggetragen worden. Mit der Beseitigung der durch den Sturm angerichteten Schäden habe sie die Firma B. beauftragt, die die Bitumenschindeln erneuert und das Dach wieder instand gesetzt habe. Am 1.4.2007 habe diese eine Schlussrechnung i.H.v. insgesamt 17.652,22 EUR gestellt. Dieser Betrag stelle die zur Beseitigung der Schäden erforderlichen Kosten dar.

Vor dem Sturm seien an dem Dach keinerlei Schäden vorhanden gewesen und auch eine Verformung der Schindeln sei nicht gegeben gewesen, so dass eine Sanierungsbedürftigkeit des Daches vor der Einwirkung durch den Sturm nicht bestanden habe. Im Übrigen habe sich der Ehemann der Klägerin regelmäßig vom Zustand des Daches überzeugt und dabei keinerlei Schäden am Dach bzw. keine alterungsbedingten Einschränkungen der Bitumenschindeln feststellen können. Es habe für die Klägerin deshalb auch kein Anlass bestanden, an der ordnungsgemäßen Beschaffenheit des Daches zu zweifeln.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 17.652,22 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.1.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat ihre Leistungspflicht bestritten, da ursächlich für den hier geltend gemachten Schaden allein die Sanierungsbedürftigkeit des versicherten Objekts gewesen sei. Das Herabfallen der Bitumdachschindeln sei nach den Feststellungen des von ihr beauftragten Sachverständigen, Dipl.-Ing. Alexander C, darauf zurückzuführen, dass insb. zur Wetterseite hin die Bitumenschindeln alterungsbedingt ausgehärtet und verformt gewesen seien. Da die Festigkeit des Materials stark herabgesetzt gewesen sei, hätten die Schindeln bereits ohne Kraftaufwendung zerbrechen können. Das Dach habe sich deshalb bereits vor dem Sturm in einem sanierungs- und erneuerungsbedürftigen Zustand befunden. Der ihr nach den vorgelegten Versicherungsbedingungen nach Ziff. 19.1c VGB obliegenden Sanierungsverpflichtung sei die Klägerin nicht nachgekommen, so dass Leistungsfreiheit eingetreten sei.

Das LG hat die Klage nach Anhörung des Sachverständigen C. sowie nach Vernehmung des Zeugen D. abgewiesen.

Zur Begründung hat das LG ausgeführt, dass der Schaden an den Dachschindeln nicht durch das Sturmereignis vom 18.1.2007 bedingt gewesen sei, sondern dadurch, dass die Bitumdachschindeln alterungsbedingt erneuerungsbedürftig gewesen seien und auch ohne das Sturmereignis hätten erneuert werden müssen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.

Sie ist der Auffassung, das LG habe in seiner Urteilsbegründung zu Unrecht auf allgemeine zivilrechtliche Grundsätze abgestellt, ohne die Besonderheiten des zugrunde liegenden Versicherungsvertrags und des Versicherungsvertragsrechts zu berücksichtigen. Darüber hinaus habe es verkannt, dass im vorliegenden Vertragsverhältnis der Versicherungswert des beschädigten Daches nicht durch dessen Zeitwert, sondern durch dessen Neuwert bestimmt werde. Bestehende Vorschäden seien dabei ebenso wenig zu berücksichtigen wie altersbedingte Abnutzungen. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Versicherer für die Beseitigung von Folgeschäden des Sturms gemäß Nr. 4.1.a VGB 2000/E einzutreten habe. Dies seien die Kosten, die eine unvermeidliche Folge des versicherten Ereignisses, nämlich des Sturms, darstellten. Hierzu zählten insb. die Aufräumungs-, Abbruch- und Entsorgungskosten. Diese wären auch bei einem neuen Dach in der geltend gemachten Größenordnung entstanden. Darüber hinaus habe das L...

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