Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtswidrige sofortige Unterbringung und Schmerzensgeld

 

Normenkette

BGB § 839; PsychKG Rh.-Pf. § 15

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 11.04.2003; Aktenzeichen 10 O 491/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 11.4.2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des LG Koblenz abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld i.H.v. 500 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 19.11.2002 zu zahlen.

Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 12/13 und die Beklagte 1/13 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin wurde von Mitarbeitern der beklagten Stadt nach dem Landesgesetz für psychisch kranke Personen (PsychKG) im Wege der sofortigen Unterbringung (§ 15 PsychKG) am 16.3.2002 in die …- Fachklinik in A. verbracht.

Das AG A. hat dann die weitere Unterbringung der Klägerin in der Folgezeit beschlossen. Diese gerichtlichen Unterbringungsbeschlüsse wurden durch die Entscheidung des Pfälz. OLG Zweibrücken vom 5.6.2002 als rechtswidrig aufgehoben.

Die Klägerin verlangt von der beklagten Stadt K. Schmerzensgeld (6.500 Euro) für die von dieser zu verantwortende Unterbringung, wobei sie davon ausgeht, dass die Gesamtmaßnahme (Unterbringung), vor allem auch die gesamte Dauer, auf das rechtswidrige Verhalten von Bediensteten der Beklagten zurückzuführen sei.

Das LG hat die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass weder dem beigezogenen Arzt noch Mitarbeitern der Beklagten eine Amtspflichtverletzung vorwerfbar sei.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze mit den weiter zu den Akten gereichten Unterlagen, auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (S. 2 – 4; Bl. 46 – 48 d.A.) sowie auf den Inhalt der beigezogenen Akten des AG A. verwiesen.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache einen Teilerfolg. Die Klägerin kann von der beklagten Stadt K. ein Schmerzensgeld i.H.v. 500 Euro nebst Rechtshängigkeitszinsen verlangen.

Mit der angefochtenen Entscheidung geht auch der Senat davon aus, dass das Handeln des hinzugezogenen Arztes (Dr. B. – Orthopäde) der beklagten Stadt zuzurechnen ist. Dieser Arzt wurde ersichtlich von der Beklagten zur Herbeiführung der Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 PsychKG (sofortige Unterbringung) beigezogen und diente mithin deren Aufgabenerfüllung.

Die Anordnung der sofortigen Unterbringung nach § 15 PsychKG war zur Überzeugung des Senats im vorliegenden Fall rechtlich unzulässig und stellt mithin eine Amtspflichtverletzung zum Nachteil der Klägerin dar. Insoweit ist die beklagte Stadt K. dieser gem. § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG ersatzpflichtig. Nach § 11 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 PsychKG können psychischkranke Personen gegen ihren Willen oder im Zustand der Willenlosigkeit untergebracht werden, wenn sie durch ihr krankheitsbedingtes Verhalten ihr Leben, ihre Gesundheit oder besonders bedeutende Rechtsgüter anderer gegenwärtig in erheblichem Maße gefährden und diese Gefahr nicht anders abgewendet werden kann. Diese auch für die sofortige Unterbringung unabdingbaren Voraussetzungen für den massiven Eingriff in die Freiheitsrechte eines Bürgers lagen bei der Klägerin am 16.3.2002 ersichtlich nicht vor.

Tatsächliche Hinweise für eine Eigengefährdung wurden nicht mitgeteilt; solche Hinweise sind auch aus dem gesamten Akteninhalt nicht ersichtlich. Für die Annahme einer Fremdgefährdung wird lediglich angeführt, dass die Klägerin möglicherweise mit dem nicht versicherten, entstempelten Fahrzeug sich in den öffentlichen Straßenverkehr begeben hätte. Diese Gefahr wäre unschwer durch Sicherstellung des Fahrzeuges, der Schlüssel (was dann auch später geschah, Bl. 8 BA) abwendbar gewesen. Insoweit lagen im Zeitpunkt der Anordnung der sofortigen Unterbringung die gesetzlich normierten Voraussetzungen nach § 11 Abs. 1 S. 1 PsychKG nicht vor.

Zum gleichen Ergebnis führt eine Prüfung der Anordnung nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip; das mildeste geeignete Mittel wurde gerade nicht eingesetzt.

Demnach handelten die Bediensteten der Beklagten zum Nachteil der Klägerin rechtswidrig und die Stadt K. ist dieser ersatzpflichtig.

Unter Abwägung der für die Schmerzensgeldhöhe maßgeblichen Zurechnungskriterien (u.a. Art und Umfang des Eingriffs in die Rechtsgüter der Klägerin, Verschuldensanteile, Dauer, Intensität der Unterbringung) erachtet der Senat ein Schmerzensgeld i.H.v. 500 Euro auch unter Berücksichtigung von vergleichbaren Fallkonstellationen, die auch von dem Senat bereits entschieden wurden, als angemessen und auch als ausreichend.

Hierbei berücksichtigt er vor allem, dass nicht die gesamte Dauer der Unterbringung der Klägerin in der …-Fach...

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