Leitsatz (amtlich)

Für eine Repräsentanteneigenschaft und Übernahme einer Risikoverwaltung reicht es nicht aus, dass in dem Antrag auf Abschluss der Kraftfahrtversicherung und in der Schadensanzeige die Tochter des VN als Halterin des Fahrzeuges angeben, das Fahrzeug überwiegend, allerdings nicht ausschließlich von ihr gefahren wird. Aus der bloßen Überlassung der Obhut über das Fahrzeug lässt sich kein Anscheinsbeweis für eine Übernahme der Risikoverwaltung begründen (OLG Koblenz, Urt. v. 20.11.1998 - 10 U 1428/97, NJW-RR 1999, 536 = NVersZ 1999, 482 = VersR 1999, 1231; vgl. für den selbständigen Handelsvertreter OLG Koblenz, Urt. v. 22.12.2000 - 10 U 508/00, OLGReport Koblenz 2001, 353 = NVersZ 2001, 325 = VersR 2001, 1507).

 

Normenkette

VVG § 61

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Urteil vom 20.11.2003; Aktenzeichen 1 O 405/98)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 1. Zivilkammer des LG Mainz vom 20.11.2003 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Das Versäumnisurteil des LG Mainz vom 30.5.2000 wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 9.970,19 EUR (19.500 DM) nebst 4 % Zinsen seit 2.10.1998 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt den Beklagten aus Vollkaskoversicherung in Anspruch.

Am 22.3.1998 wurde der bei dem Beklagten versicherte Pkw VW Polo des Klägers (Versicherungsnehmer) bei einem Unfall total beschädigt, abzgl. Restwert und Selbstbeteiligung vom Wiederbeschaffungswert verblieb ein vom Kläger geltend gemachter Schaden i.H.v. 19.500 DM.

Am Abend des 21.3.1998, einem Samstag, war die Tochter des Klägers mit dem Pkw zu einer Schlagerparty in O. gefahren. Am frühen Sonntagmorgen gegen 04:15 Uhr erhielt die Polizei eine Unfallmeldung und fand an der angegebenen Unfallstelle auf der L. zwischen N. und V. den schwer beschädigten VW Polo vor, neben dem in Höhe der Beifahrertür die verletzte Tochter des Klägers lag, die vom bereits anwesenden Notarzt versorgt wurde. Auf direktes Befragen der Polizeibeamten gab die Tochter zunächst an, ihr Freund T.G. habe den Pkw gefahren. Nachdem die Polizeibeamten Herrn G. aufgesucht und von ihm die Erklärung erhalten hatten, die beiden hätten sich vor ca. 2 Jahren getrennt und seither keinen Kontakt mehr gehabt, und bei Herrn G. auch keinerlei Unfallverletzungen festgestellt werden konnten, befragten sie die Tochter des Klägers erneut im Krankenhaus und erhielten nun die Auskunft, sie sei sich sicher, dass ihre Bekannte N.R. den Pkw zum Unfallzeitpunkt gesteuert habe. Auch diese Angabe erwies sich später als nicht zutreffend.

Eine der Tochter des Klägers um 06:25 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Alkoholkonzentration von 1,3 o/oo. Eine Rückrechnung auf den mit "4:50 Uhr" angegebenen Zeitpunkt des Unfalls ergab mindestens 1,45 und höchstens 1,82 o/oo.

Im Zuge des gegen die Tochter des Klägers eingeleiteten Ermittlungsverfahrens - Js-StA L. - wegen Trunkenheitsfahrt wurde vom Verteidiger ein Schreiben des Dr. A. vom 14.5.1998 vorgelegt (GA 48 f.), in dem die Unfallverletzungen der Tochter des Klägers im Einzelnen beschrieben sind und weiter vermerkt ist, dass wegen der Frage einer möglichen Gurtverletzung eine besondere Untersuchung stattgefunden habe und an der rechten Halsseite eine schräg von rechts oben nach links unten verlaufende streifenförmige Prellmarke festgestellt worden sei, die genau der Gurtbreite entspreche; die knöchernen Verletzungen der Querfortsätze des 1. und 2. Brustwirbelkörpers sowie der laterale Schlüsselbeinbruch sprächen aus ärztlicher Sicht zweifelsfrei dafür, dass die Patientin Beifahrerin gewesen sei. Im von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten vom 31.7.1998 (GA 57 ff.) kam dagegen der Sachverständige Dipl.-Ing. G. nach technischer Untersuchung des wahrscheinlichen Unfallablaufs und insb. des Beifahrergurts zu dem Ergebnis, dass am Beifahrergurt keinerlei Benutzungsspuren feststellbar seien, solche aber in Anbetracht der erlittenen Verletzungen hätten vorliegen müssen. Die Schlussfolgerung aus dem Arztbericht, dass die Tochter des Klägers mit dem Beifahrergurt angeschnallt gewesen sei, könne also nicht bestätigt werden. Nachdem der Verteidiger das Gutachten Herrn Dr. A. zur Stellungnahme zugeleitet hatte, führte dieser im Schreiben vom 7.9.1998 (GA 109 f.) aus, dass nach dem klinischen Bild ohne genauere Kenntnis des Unfallherganges und Dokumentation des Fahrzeugzustandes davon ausgegangen worden sei, dass die Prellmarke vom Beifahrergurt stamme; da laut Gutachten wohl einwandfrei feststehe, dass der Beifahrergurt nicht benutzt worden sei und der technische Sachverständige eine gravierende Rotationsphase des Fahrzeugs schildere, bei der der Fahrer zur Beifahrerseite hin geschleudert worden sei, sei das Verletzungsmuster im Bereich der Prellmarken der rechten Halsseite möglicherweise auf einen Zusammenprall der rechten Körperseite mit der Beifahrerlehne zu erklären. In der Hauptverhan...

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