Leitsatz (amtlich)

1. Ändern sich die für die Bemessung eines fiktiven Einkommens maßgeblichen Verhältnisse, eröffnet dies die Möglichkeit einer Abänderungsklage mit dem Ziel, der Unterhaltsberechnung ein höheres oder niedrigeres fiktives Einkommen zugrunde zu legen.

2. Ein Unterhaltspflichtiger hat eine Umschulung mit gebotenem Fleiß und zielstrebig zu beenden. Erforderlich ist das regelmäßige Wiederholen des Lehrstoffes, ggf. das Besuchen von Vertiefungskursen oder Vorbereitungskursen auf die Prüfung. Dabei sind mit Rücksicht auf die gesteigerte Unterhaltspflicht ggü. einem minderjährigen Kind an den Pflichtigen höhere Anforderungen zu stellen, als an ein unterhaltsberechtigtes, in der Ausbildung befindliches Kind.

 

Verfahrensgang

AG Montabaur (Urteil vom 06.05.2005; Aktenzeichen 16 F 15/05)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

II. Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das Teil-Urteil des AG - FamG - Montabaur vom 6.5.2005 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

a) In Abänderung des Urteils des AG - FamG - Montabaur vom 28.6.2002 - 16 F 418/01 - wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin zu Händen ihres gesetzlichen Vertreters über den titulierten Kindesunterhalt i.H.v. 49,08 EUR monatlich hinaus weitere je 234,92 EUR für die Monate August 2004 bis einschließlich März 2005 zu zahlen.

b) Die weiter gehende Klage betreffend den in Ziff. 1. genannten Zeitraum wird abgewiesen.

c) Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

III. Die weiter gehende Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

IV. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die am 5.10.1988 geborene Klägerin ist die Tochter der Beklagten aus deren geschiedenen Ehe mit dem gesetzlichen Vertreter der Klägerin. Sie lebt bei ihrem Vater in H., wo sie das Gymnasium besucht.

Durch Urteil des AG - FamG - Montabaur vom 28.6.2002 wurde die Beklagte zur Zahlung von Kindesunterhalt i.H.v. 49,08 EUR monatlich ab Januar 2002 verurteilt.

Wegen der Grundlagen, die zu dieser Verurteilung führten, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des vorgenannten Urteils (Kopie Bl. 8 ff. d.A.) Bezug genommen.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin Abänderung des Unterhaltsurteils und die Zahlung höheren Unterhalts.

Zur Darstellung des Sachverhalts wird zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Die im Anschluss an die Ausbildung zur Kauffrau für audiovisuelle Medien erfolgte IHK-Prüfung vom 30.6.2004 hat die Beklagte nicht bestanden. Die Wiederholungsprüfung am 14.2.2005 bestand sie mit der Note "ausreichend".

Die Klägerin hat eine wesentliche Änderung der Verhältnisse geltend gemacht, die darin bestehe, dass die Beklagte ihre Ausbildung beendet habe. Dass sie die Prüfung erst im zweiten Anlauf bestanden haben, können sie nicht entlasten. Auch für den Zeitraum zwischen der ersten Prüfung und der Wiederholungsprüfung müsse ihr ein fiktives Einkommen von mindestens 1150 EUR zugerechnet werden, weil davon auszugehen sei, dass sie die Ausbildung nicht zügig betreiben habe. Im Übrigen habe sie im Hinblick auf ihre gesteigerte Erwerbspflicht jede Arbeit, ggf. auch mehrere Nebenjobs ausüben müssen. Ihre Bemühungen hierzu seien unzureichend. Eine wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse ergebe sich auch daraus, dass die Beklagte nunmehr unstreitig ihrem neuen Lebensgefährten den Haushalt führe.

Sie beantragt, in Abänderung des Ersturteils die Beklagte zu verurteilen, an sie über die gezahlten 49,08 EUR hinaus für die Monate August 2004 bis Januar 2005 jeweils weitere 235 EUR und ab Februar 2005 laufenden Unterhalt i.H.v. 284 EUR, zahlbar bis zum 3. eines jeden Monats, zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat eine wesentliche Änderung der Verhältnisse bestritten und ihre Bemühungen um Arbeit für ausreichend gehalten.

Das AG hat durch Teilurteil vom 6.5.2005 über den bis einschließlich März 2005 geltend gemachten Unterhalt entschieden und die Beklagte in Abänderung des Ersturteils verurteilt, an die Klägerin für den genannten Zeitraum über den titulierten Unterhalt hinaus monatlich weitere 161,92 EUR zu zahlen.

Es hat eine wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse darin gesehen, dass die Klägerin nun nicht mehr an einer Umschulungsmaßnahme teilnehme und sie seit längerer Zeit in Lebensgemeinschaft mit einem Partner lebe, so dass die hiermit verbundene Haushaltsführung und Ersparnis anders zu bewerten seien, zumal seinerzeit wegen der Beschränkung des Antrages der Klägerin eine genauere Auseinandersetzung mit dieser Position nicht stattgefunden habe. Ab August 2004 sei auf der Grundlage des tatsächlichen Einkommens der Beklagten aus Arbeitslosengeld (471 EUR), eines fiktiven Zusatzeinkommens aus Nebentätigkeit (165 EUR) und eines Einkommens aus Haushaltsführung (350 EUR) zu rechnen, so dass sich nach Abzug des Erwerbstätigenselbstbehalts von 775 EUR nach der Berliner Tabelle ein monatlich ges...

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