Leitsatz (amtlich)

1. Bei Vorschäden im erneut beschädigten Bereich und bei bestrittener unfallbedingter Kausalität des geltend gemachten Schadens muss von Seiten des Geschädigten ausgeschlossen werden, dass Schäden gleicher Art und gleichen Umfangs noch vorhanden waren.

2. Um seiner Darlegungslast insoweit gerecht zu werden, muss der Geschädigte hierbei im Einzelnen zu der Art der Vorschäden und deren behaupteter Reparatur vortragen.

3. Ist dem Geschädigten als Käufer eines Gebrauchtwagens ein Vorschaden oder auch der Umfang eines Vorschadens nicht bekannt, muss er die entsprechenden Auskünfte bei dem Vorbesitzer des Pkw einholen.

4. Bagatellisiert der Geschädigte gegenüber dem von ihm eingeschalteten Sachverständigen, dessen Gutachten er seiner Kasko-Versicherung einreicht, einen Vorschaden, den das Fahrzeug erlitten hatte, kommt eine Leistungsfreiheit der Versicherung wegen einer vorsätzlichen (arglistigen) Verletzung der den geschädigten Versicherungsnehmer treffenden Aufklärungsobliegenheit in Betracht.

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 5 O 258/19)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 11.02.2021, Az.: 5 O 258/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 18.08.2021.

 

Gründe

Mit seinem am 11.02.2021 verkündeten Urteil hat das Landgericht die Klage vollumfänglich abgewiesen. Der Senat hält diese Entscheidung anhand der von dem Landgericht zu beurteilenden Sachlage aus folgenden Erwägungen für zutreffend.

Der Pkw hat am 28.03.2018 unstreitig einen massiven Vorschaden erlitten. Der Umfang dieses Schadens ergibt sich eindrucksvoll aus dem Gutachten des Sachverständigen A. vom 29.03.2018. Der Vorschaden, dessen Beseitigung Reparaturkosten in Höhe von 48.416,91 EUR (netto) bedingte bzw. bedingt hätte, betraf auch den bei dem Unfall vom 02.12.2018 beschädigten Bereich. Sowohl das Gutachten A. vom 29.03.2018, als auch das Gutachten des Sachverständigen B. vom 05.12.2018 weisen als Anstoßbereiche/Schadensbereiche die gesamte rechte Fahrzeugseite auf (Gutachten B.: vorne rechts, Seite rechts, hinten rechts; Gutachten A.: Vorderachshälfte rechts beschädigt, Stoßfänger vorne, Kotflügel vorne rechts, Radhaus vorne rechts, Längsträger vorne rechts, Türe vorne rechts, Seitenwand hinten rechts, Kühlerpacket vorne rechts).

Nach der Rechtsprechung (OLG Koblenz in VersR 2010, 234, KG Berlin in DAR 2016, 461; OLG Düsseldorf, 1 U 148/05, Urteil vom 06.02.2016, juris; OLG Hamm, 9 U 238/12, Beschluss vom 01.02.2013, juris), muss bei Vorschäden im erneut beschädigten Bereich und bei bestrittener unfallbedingter Kausalität des geltend gemachten Schadens im Einzelnen von Seiten des Geschädigten ausgeschlossen werden, dass Schäden gleicher Art und gleichen Umfangs noch vorhanden waren. Um seiner Darlegungslast insoweit gerecht zu werden, muss der Geschädigte hierbei im Einzelnen zu der Art der Vorschäden und deren behaupteter Reparatur vortragen. Welche Reparaturschritte wurden also von wem mit welchen "Materialien" durchgeführt ("Reparaturhistorie")? Der Kläger ist dieser Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen. So hat er auch nicht ansatzweise dargetan, in welcher Art und Weise die sich aus dem Gutachten A. vom 29.03.2018 ergebenden massiven Vorschäden im einzelnen beseitigt worden sein sollen. Die Vorlage einer aussagekräftigen Reparaturrechnung ist ebenfalls unterblieben. Zweifel an einer vollständigen sach- und fachgerechten Reparatur ergeben sich hierbei durchaus aus den Ausführungen des Sachverständigen H. in dessen Gutachten vom 24.02.2019 (StA Koblenz 2010 Js 3322/19), insbesondere den dort aufgeführten Lackschichtdicken, die teilweise erheblich voneinander abweichen.

Soweit der Kläger vorträgt, ihm seien Einzelheiten bezüglich der durchgeführten Reparaturmaßnahmen nicht bekannt, entsprechende Unterlagen würden ihm ebenfalls nicht vorliegen, entlastet ihn dies nicht. Der Umstand, dass der Geschädigte als Käufer des Gebrauchtwagens ein Vorschaden oder auch der Umfang eines Vorschadens nicht bekannt gewesen ist, fällt nicht in den Verantwortungsbereich des Schädigers (KG Berlin, 22 U 152/14, Urteil vom 27.08.2015, juris; OLG Koblenz, 12 U 473/16, OLG Köln in NZV 2013, 445; KG Berlin in NZV 2009, 345). Es wäre hier vielmehr an dem Kläger gewesen, entsprechende Auskünfte bei dem Vorbesitzer des Pkw einzuholen. Dieser Erkundigungspflicht ist der Kläger in keiner Weise nachgekommen. Die Folge ist, dass die Klage vollständig der Abweisung unterliegt (OLG Koblenz 10 U 1163/08, Urteil vom 26.032.2009, juris: KG Berlin 22 U...

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