Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenfestsetzung. Erhöhungsgebühr gemäß § 6 BRAGO

 

Normenkette

BRAGO § 6 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Beschluss vom 28.01.1997; Aktenzeichen 7 O 139/96)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Kläger wird der Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts Mainz vom 28. Januar 1997 dahin abgeändert, daß der Erstattungsbetrag um 161 DM erhöht und auf 1.018,21 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 4. November 1996 festgesetzt wird.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen den Beklagten zur Last.

Der Beschwerdewert beträgt 161 DM (= 2/3 von 241,50 DM).

 

Gründe

Das fristgemäß eingelegte Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg. Die Kläger haben einen anteiligen Erstattungsanspruch wegen einer Erhöhungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO, weil sie selbst mit einer entsprechenden Gebühr belastet sind.

Dem steht nicht entgegen, daß beide eine BGB-Gesellschaft bilden und eine Gesamthandsforderung eingeklagt hatten. Allerdings hat der Senat mehrfach entschieden, § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO sei seinem Sinn und Zweck nach nicht anwendbar, wenn Forderungen im Streit seien, die einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (vgl. Beschlüsse JurBüro 1990, 1448 und 1991, 71 sowie 14 W 411/93 vom 18. Juni 1993, 14 W 22/94 vom 14. Januar 1994 und 14 W 335/94 vom 28. Juni 1994) oder einer Erbengemeinschaft (Beschluß MDR 1993, 284) zuständen. Zur Begründung ist angeführt worden: In einem solchen Fall könne sich für den Prozeßbevollmächtigten aus dem Umstand, daß er nicht einen, sondern eine Mehrzahl von Mandanten vertrete, regelmäßig kein zusätzlicher Aufwand bei der Bearbeitung ergeben. Denn er habe nicht die Einzelbelange eines jeden seiner Auftraggeber, sondern ein einheitliches Gesamtinteresse wahrzunehmen.

Davon ist der Senat indessen neuerlich abgerückt. So hat er auf eine Anfrage des 1. Zivilsenats vom 10. Oktober 1996 (zum Verfahren 1 W 597/96) erklärt, er halte nicht mehr daran fest, daß § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO bei der gemeinsamen Prozeßvertretung von Miterben nicht einschlägig sei. Damit ist die Meinung, ein typischerweise einheitlich gelagertes Auftraggeberinteresse hindere die Anwendung der Norm, ersichtlich aufgegeben und eine Vorentscheidung für die Behandlung von Fällen getroffen worden, in denen es um die Prozeßvertretung einer BGB-Gesellschaft geht. Denn im Verhältnis zu Dritten unterscheidet sich deren Situation nicht grundlegend von der einer Erbengemeinschaft. Deshalb bejaht der Senat auch im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO und gibt seine frühere Rechtsprechung ausdrücklich auf. Er schließt sich damit im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung der ganz überwiegenden Auffassung (vgl. die Nachweise bei von Eicken in Gerold/Schmidt, BRAGO, 12. Aufl., § 6 Rdnr. 3 und 10) an, die auch vom Bundesgerichtshof (NJW 1984, 2296 zur Wohnungseigentümergemeinschaft) vertreten worden ist.

Diese Ansicht, die im Fall der anwaltlichen Mehrvertretung auf eine Einzelfallprüfung verzichtet, entspricht dem schematisierenden Normwortlaut. Sie trägt gleichzeitig zur Vereinfachung und Beschleunigung des Kostenfestsetzungsverfahrens bei. Denn es ist dann grundsätzlich nur noch nach der Anzahl der von dem Anwalt vertretenen Parteien zu entscheiden.

Materiell hat das so gefundene Ergebnis seine Berechtigung darin, daß sich das Haftungsrisiko des Anwalts, dem der Gebührenanspruch Rechnung tragen muß, auch dann durch die Vertretung mehrerer Mandanten erhöhen kann, wenn diese gesamthänderisch verbunden sind. Denn unterliegt die Gesamthandsgemeinschaft, muß der Anwalt gewärtigen, daß seine Tätigkeit von mehr als nur einer Person kritisch überdacht und gegebenenfalls zum Anlaß genommen wird, auf einen Regreß hinzuwirken.

Der Kostenausspruch beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

 

Unterschriften

Bischof, Dr. Menzel, Weller

 

Fundstellen

Haufe-Index 936280

MDR 1997, 891

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