Leitsatz (amtlich)

Gebührenfreiheit einer nicht statthaften GKG - Beschwerde) Auch die nicht statthafte GKG - Beschwerde (hier: gegen eine vorläufige Streitwert- festsetzung) ist gebührenfrei (Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung - Beschluss 14 W 635/99 vom 24.11.1999 in NJW-RR 2000, 1239).

 

Normenkette

GKG §§ 12, 63 Abs. 1 S. 2, § 66 Abs. 7, § 67 Abs. 1, § 68 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 9 O 201/11)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Widerklägerin gegen die vorläufige Streitwertfestsetzung des LG Koblenz vom 25.6.2012 wird verworfen.

2. Die Beschwerdeentscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die Beklagte wendet sich mit der Beschwerde gegen die vorläufige Festsetzung des Streitwerts der von ihr erhobenen Widerklage auf 5 Millionen EUR, nachdem ihr dafür von der Landesjustizkasse (unter Verrechnung eines Überschusses der Gegenseite) 47.550 EUR Gerichtskosten in Rechnung gestellt worden sind.

Der Senat entscheidet über die Beschwerde in der Besetzung mit drei Richtern, weil auch beim LG die vollbesetzte Kammer entschieden hat.

Das Rechtsmittel ist nicht statthaft und musste daher als unzulässig verworfen werden.

Das LG hat die Streitwertfestsetzung in dem angefochtenen Beschluss ausdrücklich als "vorläufig" bezeichnet. Es handelt sich demnach um eine Festsetzung nach § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG. Gegen eine derartige vorläufige Festsetzung können Einwände nur im Verfahren nach § 67 GKG geltend gemacht werden. Um Letzteres geht es hier nicht. Darüber hinaus ist eine Beschwerde nicht statthaft. All das ergibt sich aus § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG.

Der gleichwohl eingelegten Beschwerde liegt anscheinend die Vorstellung zugrunde, dass § 12 Abs. 2 Nr. 1 GKG, wonach die Zustellung der Widerklage nicht von der Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen abhängig ist, eine vorläufige Streitwertfestsetzung nach § 63 Abs. 1 GKG hindert, zumindest aber überflüssig macht.

Das ist indes nicht richtig. Auch für die Widerklage entsteht mit deren Einreichung die Kostenschuld des Widerklägers in Höhe der allgemeinen Verfahrensgebühr mit gleichzeitiger Fälligkeit gem. § 6 GKG. Die Gebühr kann daher auch sofort beigetrieben werden (vgl. zum Ganzen OLG München in MDR 2003, 1077 - 1079 mit Anm. Hartung).

Das hat mit der anders gelagerten Frage, dass die Tätigkeit des Gerichts in Bezug auf die Widerklage nicht von der Vorauszahlung der Gebühr abhängig gemacht werden darf, nichts zu tun.

Die Beschwerdeentscheidung des Senats ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).

Damit gibt der Senat - zugleich Kostensenat des OLG Koblenz - seine zum alten GKG in Anknüpfung an den Beschluss des BGH vom 22.2.1989 - IV b ZB 2/89 - vertretene Rechtsprechung auf, wonach für nicht statthafte GKG - Beschwerden eine Gebühr zu erheben ist (OLG Koblenz 14 W 635/99 vom 24.11.1999 in NJW-RR 2000, 1239). Nach dem bis 2004 geltenden GKG war zur Begründung der Gebührenpflichtigkeit nicht statthafter Beschwerden argumentiert worden, der damalige § 25 Abs. 2 GKG (später Abs. 3) sehe eine Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung nur unter den dort genannten Voraussetzungen vor, und "entsprechend" stelle § 25 Abs. 3 Satz 1 GKG a.F. (später Abs. 4 Satz 1) nur "die danach statthafte Beschwerde" von Gebühren frei (vgl. BGH, a.a.O.).

Diese Wortauslegung kann angesichts der jetzigen Fassung des GKG nicht mehr überzeugen. Die Überprüfungsmöglichkeiten nach dem GKG sind seit der Neufassung 2004 dadurch gekennzeichnet, dass sämtliche Rechtsbehelfs- und Rechtsmittelverfahren gem. §§ 66, 67 und 68 GKG gebührenfrei sind und Kosten nicht erstattet werden. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass über dem Streit um Gerichtsgebühren nicht auch noch das Damoklesschwert weiterer Gebühren oder Kostenerstattungsansprüche schweben soll. Der Gesetzgeber wollte Kosten- verfahren verhindern, die sich aus anderen Kostenverfahren ergeben, also neuen Streit vermeiden. Diese Erwägung greift auch dann, wenn der Rechtsbehelf oder das Rechtsmittel bereits nicht statthaft ist. Denn das Gesetz differenziert mit der im GKG 2004 gewählten Formulierung, dass "die Verfahren" gebührenfrei seien, nicht zwischen Zulässigkeit und Begründetheit eines Rechtsbehelfs und Rechtsmittels, die Gebühren nach dem GKG betreffen. Der Senat gibt seine frühere Rechtsprechung daher auf (a.A. weiterhin Norbert Schneider in NJW 2011, 2628 - 2630 m.w.N. zur Gegenmeinung).

Wegen der Streitfrage ist eine Rechtsbeschwerde zum BGH (§ 574 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 ZPO) nicht möglich. Das ergibt sich aus § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG (vgl. BGH, Beschl. v. 6.10.2009 - VI ZB 19/08).

Eine weitere Beschwerde ist nicht statthaft (§§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 3287558

FamRZ 2013, 147

JurBüro 2012, 662

MDR 2012, 1315

AGS 2013, 28

GuT 2014, 224

NJW-Spezial 2013, 59

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