Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsanwaltsgebühren: Vergleichsgebühr bei Vergleich über Hauptsache und Eilverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Sofern die Parteien Gegenstände des Eilverfahrens und des Hauptsacheprozesses in eine Einigung einbezogen haben, entsteht für den Anwalt nur eine Einigungsgebühr, die aus den zusammengerechneten Werten zu berechnen ist.

 

Normenkette

RVG §§ 17, 22; VV RVG Nr. 1003

 

Verfahrensgang

AG Alzey (Beschluss vom 12.12.2007; Aktenzeichen 1 F 27/07)

 

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Beklagten gegen den Beschluss des AG - FamG - Alzey vom 12.12.2007 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat von dem Beklagten die Zahlung von Trennungs- und Kindesunterhalt für das gemeinsame Kind ... begehrt. Sie hat in der Hauptsache Klage erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 3.4.2007 hat das AG dem Beklagten für das Hauptsacheverfahren und für das einstweilige Anordnungsverfahren Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung bewilligt und ihm die Beschwerdeführerin beigeordnet. Anschließend schlossen die Parteien einen Vergleich über die Hauptsache und das einstweilige Anordnungsverfahren. Der Streitwert für das Hauptsacheverfahren wurde auf 14.056,40 EUR und für das einstweilige Anordnungsverfahren auf 4.879,32 EUR festgesetzt.

Mit Beschluss vom 4.5.2007 hat das AG für das Hauptsacheverfahren die der Beschwerdeführerin aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung gem. § 49 RVG antragsgemäß auf 1.094,21 EUR festgesetzt. Darin enthalten ist eine Einigungsgebühr nach RVG-W Nr. 1003 aus dem Gegenstandswert von 14.056,40 EUR i.H.v. 257 EUR nebst Umsatzsteuer.

Mit Schriftsatz vom 19.6.2006 hat die Beschwerdeführerin ihre Gebühren für das einstweilige Anordnungsverfahren mit einer Gesamtsumme von 935,94 EUR berechnet und die Festsetzung beantragt. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat am 29.6.2007 die der Beschwerdeführerin aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung auf 675,33 EUR festgesetzt; die Einigungsgebühr nach RVG-VV Nr. 1003 i.H.v. 219 EUR aus einem Gegenstandswert von 4.879,32 EUR nebst anteiliger Umsatzsteuer wurde abgesetzt.

Die dagegen gerichtete Eingabe der Beschwerdeführerin vom 10.7.2007 hat das AG als Erinnerung behandelt. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung teilweise abgeholfen und die der Beschwerdeführerin aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung auf weite 17,85 EUR festgesetzt, insgesamt damit eine Einigungsgebühr nach RVG-VV Nr. 1003 aus 18.935,72 EUR nebst anteiliger Umsatzsteuer. Im Übrigen hat sie die Erinnerung der Abteilungsrichterin vorgelegt, die die Erinnerung mit Beschluss vom 12.12.2007 zurückgewiesen hat.

Hiergegen hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 10.1.2008, eingegangen beim AG am selben Tag, Beschwerde eingelegt.

Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, eine Einigungsgebühr sei für das Hauptsacheverfahren und das einstweilige Anordnungsverfahren aus dem jeweiligen Streitwert getrennt entstanden.

II. Das Rechtsmittel des Beschwerdeführers ist als (befristete) Beschwerde statthaft (§ 33 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 56 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 RVG) und auch im Übrigen zulässig; der Beschwerdewert übersteigt 200 EUR. Die befristete Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Das AG hat zu Recht - im Anschluss an die Stellungnahme der Bezirksrevisorin - die Festsetzung der Vergütung der Beschwerdeführerin durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle nicht beanstandet.

Es ist nur eine Einigungsgebühr nach RVG-VV Nr. 1003 aus den zusammengerechneten Gegenstandswerten des Hauptsacheverfahrens und des einstweiligen Anordnungsverfahrens, mithin aus 18.935,72 EUR festzusetzen.

Die von den Parteien am 3.4.2007 erzielte Einigung erfasst zwei selbständige Angelegenheiten, das Hauptsacheverfahren und das einstweilige Anordnungsverfahren. Das ergibt sich für das Gebührenrecht aus § 17 Nr. 4b RVG, wonach das Hauptsacheverfahren und das auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtete Verfahren verschiedene Angelegenheiten sind. Das bedeutet, dass für die beteiligten Prozessbevollmächtigten die Anwaltsgebühren für jedes Verfahren gesondert anfallen, und zwar auch dann, wenn die Angelegenheiten in demselben Gerichtstermin verhandelt werden. Eine Zusammenrechnung nach § 22 Abs. 1 RVG findet nicht statt.

Eine Ausnahme ist jedoch anzunehmen, wenn - wie hier - mehrere Rechtsstreitigkeiten durch einen gemeinsamen Vergleich beendet werden. Sofern die Parteien Gegenstände des Eilverfahrens und des Hauptprozesses in die Einigung einbezogen haben, entsteht für den Anwalt nur eine Einigungsgebühr, die aus den zusammengerechneten Werten zu berechnen ist (Anwaltskommentar Schneider/Wolf, RVG, 3. Aufl., § 22 RVG, Rz. 11; Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., § 17 RVG Rz. 13; vgl. zur alten Rechtslage nach § 7 Abs. 2 BRAGO: OLG Düsseldorf JurBüro 2005, 310.f; OLG München Rpfleger 1993, 463; Hartmann, Kostengesetze, 33. Aufl., § 23 BRAGO Rz. 94; Gerold/Schmidt-von Eick...

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