Verfahrensgang

OLG Koblenz (Aktenzeichen 2040Js 3719/04.13 OWi StA)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Koblenz wird das Urteil des Amtsgerichts Montabaur vom 28. April 2004 im Rechtsfolgenausspruch mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Montabaur zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft als unbegründet verworfen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen durch Urteil vom 28. April 2004 wegen fahrlässigen Überschreitens der außerörtlichen Höchstgeschwindigkeit um 41 km/h zu einer Geldbuße von 325 EUR verurteilt. Von der Verhängung des einmonatigen Regelfahrverbots hat es gegen Erhöhung der Regelgeldbuße abgesehen.

Nach den Urteilsfeststellungen befuhr der Betroffene als Fahrer eines PKW am 30. April 2003 die BAB A . im Bereich H... mit einer Geschwindigkeit von 141 km/h (nach Abzug von 3 % Toleranz von den gemessen 146 km/h), obwohl die zulässige Höchstgeschwindigkeit 1,4 km vor der Messstelle durch beidseits aufgestellte Verkehrszeichen 274 zunächst auf 130 km/h und 1,1 km vor der Messstelle durch ein entsprechend aufgestelltes Schilderpaar auf 100 km/h beschränkt war.

Der Betroffene hatte sich darauf berufen, das zuletzt aufgestellte Schilderpaar übersehen zu haben. Er sei von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h ausgegangen und "habe den im Fahrzeug befindlichen Tempomaten darauf eingestellt, anscheinend nicht genau auf 130 km, sondern etwas darüber" (UA S. 3 f).

Das Amtsgericht hat einen groben Pflichtverstoß mit der Begründung verneint, "der Betroffene (sei) irrtümlich von einer Geschwindigkeitsbeschränkung von 130 km/h ausgegangen" (UA S. 5). Es hat "trotz seiner Voreintragung" (UA S. 5), zu der das Amtsgericht festgestellt hat, dass die Verhängung einer Geldbuße von 600 EUR und zwei Monaten Fahrverbot gegen den Betroffenen wegen einer am 14. Oktober 2001 begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung von 102 km/h (!) am 30. April 2002 rechtskräftig geworden war, auch keine beharrliche Verletzung seiner Pflichten als Kraftfahrer angenommen, weil sich der Betroffene durch die Nutzung des Tempomaten bemüht habe, rechtstreu am Straßenverkehr teilzunehmen. Es habe dem Betroffenen nicht an rechtstreuer Gesinnung und Einsicht gefehlt, sondern nur an mangelnder Aufmerksamkeit. Nach Auffassung der Bußgeldrichterin konnte die Verhängung eines Fahrverbots außerdem mit Rücksicht auf den vom Betroffenen befürchteten Arbeitsplatzverlust als Außendienstmitarbeiter unter dem Gesichtspunkt der unbilligen Härte entfallen. Das Amtsgericht hat "deshalb das Absehen vom Fahrverbot gegen Erhöhung der Geldbuße um mehr als das Doppelte für gerechtfertigt" erachtet, "um den Betroffenen zu verkehrsgerechtem Verhalten zu mahnen" (UA S. 6).

Gegen das Urteil hat die Staatsanwaltschaft form- und fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt und begründet. Sie beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und wendet sich mit der Sachrüge gegen das Absehen vom Regelfahrverbot. Eine Beschränkung ihres Rechtsmittels hat sie aber nicht vorgenommen.

Der gemäß § 80a Abs. 1 OWiG i.d.F. des am 1.9.2004 in Kraft getretenen 1. Justizmodernisierungsgesetzes v. 24.8.2004 (BGBl. I S. 2198 ff.) zuständige Einzelrichter hat die Sache durch Beschluss vom 16. September 2004 dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen, weil es geboten ist, das Urteil zur Fortbildung des Rechts nachzuprüfen (§ 80a Abs. 3 Satz 1 OWiG n.F.).

II.

Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat zum Rechtsfolgenausspruch Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet.

1.Die Nachprüfung des Schuldspruchs des Urteils hat keinen Rechtsfehler zu Gunsten oder zu Ungunsten (§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 301 StPO) des Betroffenen ergeben.

Die zum objektiven Tatgeschehen und zur subjektiven Tatseite getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften um 41 km/h. Da das Amtsgericht die Einlassung des Betroffenen, das die zulässige Geschwindigkeit auf 100 km/h herabsetzende Schilderpaar (das nach den Urteilsfeststellungen nur ein einziges Mal vor der Messstelle aufgestellt war) übersehen zu haben, rechtsfehlerfrei für unwiderlegbar erachtet hat, scheidet eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Tatbegehung aus. Auch die übrige Beweiswürdigung ist rechtlich nicht zu beanstanden.

2.Die Entscheidung des Amtsgerichts, trotz Verwirklichung eines Regelbeispiels (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 BKatV i.V.m. lfd. Nr. 11.3.7 des Bußgeldkatalogs in der zur Tatzeit gültigen Fassung) unter Erhöhung der Regelgeldbuße von 100 EUR auf 325 EUR kein Fahrverbot anzuordnen, hält in mehrfacher Hinsicht sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand.

a)

Die Verneinung grob pflichtwidrigen Verhaltens des Betroffenen i.S. d. § 25 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StVG) ist nicht frei von Rechtsfehlern.

Die grobe Pflichtwidrig...

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