Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenverteilung bei Anerkenntnis im Erbauseinadersetzungsprozess. Anerkenntnis. Erbauseinandersetzung. Kosten

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Erbe, der auf ein anwaltliches Mahnschreiben und eine Klageandrohung über Monate hinhaltend reagiert, kann im Rechtsstreit den Erbauseinandersetzungs- anspruch nicht mehr mit der Kostenfolge des § 93 ZPO anerkennen. Das ist nicht dadurch in Frage gestellt, dass der anerkannte Klageantrag nicht vorab mitgeteilt wurde, wenn das Begehren vorprozessual hinreichend konkretisiert war.

 

Normenkette

BGB § 2042; ZPO §§ 91, 93, 99

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 07.08.2008; Aktenzeichen 12 O 33/08)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird das Anerkenntnisurteil der 12. Zivilkammer des LG Koblenz vom 7.8.2008 im Kostenausspruch dahin geändert, dass die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt werden.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Beklagten zur Last.

 

Gründe

Das nach § 99 Abs. 2 Satz 1 ZPO zulässige Rechtsmittel führt zur Änderung der angefochtenen Kostenentscheidung. Entgegen der Auffassung des LG sind die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen. Das entspricht dem Grundsatz des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Ein Fall des § 93 ZPO, der eine Kostenbelastung der Klägerin rechtfertigen könnte, ist nicht gegeben.

§ 93 ZPO ist unanwendbar, wenn sich die Beklagtenseite vor Prozessbeginn - ohne Rücksicht auf Verschulden und die materielle Rechtslage - so verhalten hat, dass die Klagepartei annehmen musste, ohne Klage nicht zum Ziel zu kommen (Herget in Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 93 Rz. 3 m.w.N.). So liegen die Dinge hier:

Die Klägerin erstrebte die Auseinandersetzung des Nachlasses nach der Ende 2004 verstorbenen Erblasserin und konnte dabei auf einen Anfang 2006 erteilten Erbschein verweisen. Vor diesem Hintergrund teilte sie der Beklagten in einem anwaltlichen Schreiben vom 9.1.2008 mit, auf wen sich der Nachlass neben den beiden Parteien verteile. Gleichzeitig sprach sie die vom hiesigen Rechtsstreit erfassten Nachlassgegenstände an. Dazu gehörten in erster Linie ein Barguthaben, dessen quotenmäßige Verteilung die Klägerin anstrebte, und in zweiter Linie bewegliche Sachen, deren Zuweisung offen gelassen wurde. Darauf reagierte die Beklagte nicht.

Nachdem die Klägerin dieses unter dem 8.2.2008 anwaltlich moniert und unter Androhung einer Erbauseinandersetzungsklage um eine Äußerung bis zum 20.2.2008 nachgesucht hatte, brachte die Beklagte in einem Schreiben vom 11.3.2008 zum Ausdruck, dass sie nach dem wahren Willen der Erblasserin vorrangig legitimiert sei und noch eine Prüfung durchführe, über deren Ergebnis sie "so schnell wie möglich" informieren werde. Unter dem 11.4.2008 äußerte sie sich erneut hinhaltend und mahnte "eine seriöse Auflösung" an. Im Anschluss daran reichte die Klägerin am 8.5.2008 Klage auf Zustimmung der Beklagten zur Erbauseinandersetzung gemäß dem vorliegenden Erbschein ein. In ihrer Klageerwiderungsschrift fand sich die Beklagte dann zu einem Anerkenntnis bereit.

Die Einleitung des Rechtsstreits hat die Beklagte zu verantworten. Die Klägerin durfte annehmen, dass sie von sich aus nicht bereit sei, der im Anerkenntnisurteil des LG geregelten Verteilung von Nachlassgegenständen binnen angemessener Frist zuzustimmen. Um diesen Schluss ziehen zu können, brauchte die Klägerin der Beklagten nicht vorab den später anerkannten Klageantrag zuzuleiten. Denn dieser Antrag orientierte sich an dem erteilten Erbschein, der der Beklagten bekannt war, und entsprach auch im Kern dem, was das Schreiben vom 8.1.2008 besagt hatte.

Die Verpflichtung der Beklagten, die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, ergibt sich aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Der Beschwerdewert wird, angelehnt an das erstinstanzliche Kosteninteresse der Parteien, mit 5.600 EUR bemessen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2039262

FamRZ 2010, 399

AnwBl 2009, 247

ErbR 2009, 220

OLGR-West 2009, 154

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