Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 1 AR 1/05)

 

Tenor

Die Beschwerde des Vertreters der Staatskasse gegen den Beschluss 1. Strafkammer des Landgerichts Koblenz vom 16. März 2005 wird als unbegründet verworfen.

 

Gründe

I. Die Beschwerdegegnerin ist eine von 7 früheren Angeklagten, die in dem Verfahren 2103 Js 8203 - StA Koblenz im Jahre 1998rechtskräftig verurteilt worden sind und als Gesamtschuldner (§ 466 StPO) für die Auslagen der Staatskasse haften. Zu diesen Auslagen gehören Entschädigungen nach dem (früheren) ZSEG in Höhe von 37.300,50 DM.

Im Kostenansatzverfahren nach § 4 Abs. 2 GKG a.F. verteilte die Staatsanwaltschaft diesen Betrag nach Kopfteilen (je 1/7 = 5.328,64 DM = 2724,59 EUR). Zusammen mit weiteren Positionen wie Gerichtsgebühren und Pflichtverteidigerkosten errechnete sich für die Beschwerdegegnerin eine Summe von 10.142,50 DM, die die Staatsanwaltschaft mit Kostenrechnung vom 23. Dezember 1999 anforderte. Diese Forderung wurde von der Beschwerdegegnerin anerkannt und Anfang des Jahres 2000 beglichen. Die Kostenrechnung vom 23. Dezember 1999 enthielt den Zusatz:

"Die Anforderung weiterer anteiliger Auslagen in Höhe von 31.971,86 DM bleibt vorbehalten."

Weil einer der Mitverurteilten zahlungsunfähig ist und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolglos blieben, nimmt die Staatskasse nun andere Kostenschuldner in Anspruch. Mit Kostenrechnung vom 4. November 2004 forderte die Staatsanwaltschaft die Beschwerdegegnerin auf, weitere 2724,59 EUR zu zahlen.

Ihrer dagegen gerichteten Erinnerung, mit der sie die Einrede der Verjährung erhob, hat die 1. Strafkammer des Landgerichts Koblenz mit Beschluss 16. März 2005 stattgegeben.

II. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Vertreters der Staatskasse ist unbegründet, weil die Strafkammer zutreffend den Eintritt der Verjährung mit Ablauf des Jahres 2003 festgestellt hat.

1.

Nach §§ 71 Abs. 2, 72 Nr. 2 GKG 2004, 10 Abs. 1 GKG a.F. verjähren Ansprüche auf Zahlung von Kosten in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Verfahren durch rechtskräftige Entscheidung über die Kosten beendet war. Dies war bei der Beschwerdegegnerin am 5. September 1998 der Fall. Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 GKG a.F. sind auf die Verjährung die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden (hier gemäß Art. 229, § 5 EGBGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung). Ergänzend bestimmt § 10 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F., dass die Verjährung auch durch die Aufforderung zur Zahlung oder durch eine dem Schuldner mitgeteilte Stundung erneut beginnt.

2.

Somit wäre die noch offene Forderung der Staatskasse gegen die Beschwerdegegnerin bereits mit Ablauf des Jahres 2002 verjährt gewesen, es sei denn, es wäre vorher zu einer Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung gekommen.

a)

Eine Unterbrechung bewirkt, dass mit Eintritt eines unterbrechenden Ereignisses die Verjährungsfrist in voller Länge von neuem zu laufen beginnt. Demgegenüber hat die Hemmung zur Folge, dass die Verjährungsfrist bei Eintritt des Hemmungsgrundes zum Stillstand kommt und mit dessen Wegfall weiterläuft, d.h. sie wird im Ergebnis um die Dauer der Hemmung verlängert.

b)

§ 10 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F. normiert nach seinem eindeutigen und keiner anderen Auslegung zugänglichen Wortlaut Unterbrechungshandlungen. Daraus folgt entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, dass ab Zugang der Kostenrechung vom 23. Dezember 1999, die hinsichtlich eines weiteren Betrages in Höhe von 31.971,86 DM zugleich die Mitteilung einer Stundung beinhaltete, eine neue, nach 10 Abs. 1 GKG a.F. zu berechnende Verjährungsfrist lief. Da weder vom Beschwerdeführer vorgetragen wird noch aus den Akten ersichtlich ist, dass diese Kostenrechnung nicht im Jahre 1999 zuging, endete die neue Verjährungsfrist - ohne erneute Unterbrechung oder Hemmung - mit Ablauf des Jahres 2003.

c)

Weitere verjährungsunterbrechende Ereignisse sind nicht ersichtlich.

d)

Es ist auch keine Verjährungshemmung eingetreten. Zwar normiert § 202 Abs. 1 BGB a.F. eine Hemmung, "solange die Leistung gestundet oder der Verpflichtete aus einem anderen Grunde vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist". Diese Norm ist hier jedoch nicht einschlägig.

(1)

Stundung im Sinne des § 202 Abs. 1 BGB a.F. ist - wie auch durch die Neufassung in § 205 BGB gesetzlich klargestellt wurde -, eine Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner, durch welche die Fälligkeitder Forderung auf einen späteren Zeitpunkt hinausgeschobenwird (BGH WM 1977, 895 ≪ 897 ≫). Für die einseitige Erklärung des Gläubigers, er sehe derzeit (ganz oder teilweise) von der Geltendmachung einer Forderung ab, gilt im Kostenrecht § 10 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F. (heute § 5 Abs. 3 Satz 2 GKG).

(2)

§ 58 Abs. 2 GKG a.F. (heute § 31 Abs. 2 GKG) gibt dem Zweitschuldner das Recht, die Leistung zu verweigern, bis eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Erstschuldners erfolglos geblieben ist oder aussichtslos erscheint, was zur Folge hat, dass so lange auch die Verjährung gemäß § 202 Abs. 1 BGB a.F. gehemmt ist (was nach § 205...

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