Entscheidungsstichwort (Thema)

Maßgebliche Parteibezeichnung im Prozess zwischen Wohnungseigentümern

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist die gegen eine Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtete Klage in eine Klage gegen die übrigen Wohnungseigentümer geändert worden, kann die Parteiänderung auf Beklagtenseite eine Rücknahme der Klage gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft beinhalten, deren Wirksamkeit nach Beginn der mündlichen Verhandlung von der Einwilligung der bisherigen Beklagten (Wohnungseigentümergemeinschaft) abhängt.

2. Erachtet das Gericht die Klageänderung als zulässig, sind die übrigen Wohnungseigentümer Partei des Weiteren Rechtstreits und damit allein rechtsmittelbefugt. Die Parteirolle ist im weiteren Verfahren von Amts wegen zu prüfen. Sie kann durch eine fehlerhafte Protokollberichtigung nicht geändert werden.

 

Normenkette

ZPO §§ 164, 253 Abs. 2 Nr. 1, §§ 263, 269, 511; WEG §§ 10, 23, 44, 46

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Beschluss vom 30.03.2009; Aktenzeichen 2 S 9/08)

AG Lahnstein (Aktenzeichen 2 C 759/07)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Koblenz vom 30.3.2009 aufgehoben.

Die Sache wird an das LG Koblenz zurückgegeben.

2. Die Beschwerdeentscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Mit ihrer ursprünglich gegen "die Wohnungseigentümergemeinschaft" gerichteten Klage hatte die Antragstellerin zunächst beantragt, einen Negativbeschluss der Eigentümerversammlung aufzuheben und darüber hinaus die Wohnungseigentümergemeinschaft zu verpflichten, die Absicherung und Sanierung von Balkonplatten "durchzuführen" und bis dahin das darunter liegende Gelände abzusperren.

In der mündlichen Verhandlung des AG am 11.3.2008 stellte die Antragstellerin klar, dass die Klage sich nicht gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern gegen die einzelnen Wohnungseigentümer der Gemeinschaft richte. Dem in ein Feststellungsbegehren geänderten ersten Antrag hat das AG stattgegeben und daneben die Erledigung des Antrags auf Absicherung und Sanierung festgestellt. Nach dem Urteilsrubrum richtet sich die Entscheidung gegen

"die übrigen Wohnungseigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft".

Dementsprechend legten diese auch Berufung ein. Erstmals in der Berufungsbegründung ist davon die Rede, Rechtsmittelführer sei die "Wohnungseigentümergemeinschaft".

In der mündlichen Verhandlung des LG am 10.3.2009 erteilte das Gericht nicht näher protokollierte "umfangreiche Hinweise". Daraufhin nahm die Antragstellerin ihre Klage mit Zustimmung der Antragsgegner zurück. In der ursprünglichen Sitzungsniederschrift waren "die Wohnungseigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft" als Rechtsmittelführer bezeichnet. Das Protokoll ist insoweit vom stellvertretenden Kammervorsitzenden durch Beschluss vom 2.4.2009 dahin "berichtigt" worden, dass Berufungsklägerin die "Wohnungseigentümergemeinschaft" sei.

Den Streitwert "des Berufungsrechtsstreits" hat das LG auf 28.000 EUR festgesetzt und durch Beschluss vom 30.3.2009 auch den Gegenstandswert des Verfahrens erster Instanz entsprechend bemessen. Zugleich hat das LG eine Gegenvorstellung der Antragstellerin zurückgewiesen. Diese richtete sich gegen die ursprüngliche Protokollfassung und die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren.

Mit ihrer gegen den Beschluss vom 30.3.2009 gerichteten Beschwerde erstrebt die Antragstellerin eine Herabsetzung des Streitwertes auf 7.000 EUR.

Das Rechtsmittel ist zulässig. Die gebotene Auslegung (§§ 133, 157 BGB) ergibt, dass die Antragstellerin sich nicht nur gegen die Streitwertfestsetzung erster Instanz wendet, sondern auch die Streitwertbemessung für das Berufungsverfahren beanstandet. Damit ist das Rechtsmittel insgesamt zulässig, obwohl gegen eine Berufungsentscheidung des LG in der Hauptsache kein Rechtsmittel zum OLG eröffnet wäre (vgl. im Einzelnen OLG Koblenz vom 12.2.2008 - 5 W 70/08 in MDR 2008, 405 = JurBüro 2008, 254 - 255.m. w. N).

Die Beschwerde hat auch in der Sache einen vorläufigen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung musste aufgehoben werden, weil sie auf Seiten der Antragsgegner eine Partei in das Verfahren der Streitwertfestsetzung hineinzieht, die am Rechtsstreit in zweiter Instanz nicht beteiligt ist. Insoweit ist - in chronologischer Abfolge - folgendes zu sehen:

Ursprünglich war die Klage gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtet. In der mündlichen Verhandlung beim AG Lahnstein wurde die ursprüngliche Klage geändert. Sie zielte nunmehr auf die einzelnen Wohnungseigentümer. Die darin liegende Klageänderung hat das AG als zulässig angesehen (S. 5 der Entscheidungsgründe).

Mit der daran anknüpfenden Frage, ob die Parteiänderung auf Beklagtenseite nicht mit Blickrichtung auf die bisherige Partei eine Klagerücknahme beinhaltet, deren Wirksamkeit sich nach § 269 Abs. 1 ZPO richtet und die Kostenpflicht nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO auslöst, hat das AG sich nicht befasst. Hält man die Klagerücknahme für wirksam, fehlt es an einer Kostengrundentscheidung, die...

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