Leitsatz (amtlich)

Für die Bemessung der Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen gegenüber einem minderjährigen Kind ist die Höhe des Wohnvorteils grundsätzlich mit der bei einer Fremdvermietung erzielbaren objektiven Marktmiete, als dem sog. objektiven Wohnwert, zu bemessen (Anschluss an BGH Beschl. v. 19.3.2014 - XII ZB 367/12 - juris Tz. 19 und BGH FamRZ 2013, 1563; Abgrenzung zu OLG München FamRZ 1999, 251).

 

Verfahrensgang

AG Neuwied (Beschluss vom 19.12.2013; Aktenzeichen 17 F 212/12)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG Neuwied vom 19.12.2013 in Ziff. 1 bis 4 teilweise aufgehoben und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin zu 1) ab dem 1.2.2013 einen monatlichen, jeweils monatlich im Voraus fälligen Kindesunterhalt i.H.v. 304,95 EUR zu zahlen.

2. Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin zu 2) ab dem 1.2.2013 einen monatlichen, jeweils monatlich im Voraus fälligen Kindesunterhalt i.H.v. 304,95 EUR zu zahlen.

3. Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin zu 1) rückständigen Kindesunterhalt für den Zeitraum vom 1.12.2011 bis 31.1.2013 i.H.v. 4.635,66 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 13.2.2013 zu zahlen.

4. Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin zu 2) rückständigen Kindesunterhalt für den Zeitraum vom 1.12.2011 bis 31.1.2013 i.H.v. 4.325,66 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 13.2.2013 zu zahlen.

5. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

II. Die weiter gehende Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG Neuwied vom 19.12.2013 wird zurückgewiesen.

III. Es verbleibt bei der Kostenentscheidung erster Instanz. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller zu 10 % und der Antragsgegner zu 90 %.

IV. Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.

V. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf bis 8.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller sind die leiblichen Kinder des Antragsgegners aus erster Ehe. Der Antragsgegner ist seit dem 12.10.2001 in zweiter Ehe verheiratet. Aus dieser Ehe ist ein weiteres Kind,... [C], geboren am ... 2002, hervorgegangen. Mit diesem Kind und seiner zweiten Ehefrau lebt der Antragsgegner in einem in seinem Alleineigentum stehenden, am 20.10.2000 erworbenen Haus mit einer Wohnfläche von 160 qm. Im Zeitraum von April 2011 bis November 2012 hatte sich die neue Ehefrau des Antragsgegners von diesem vorübergehend getrennt und war mit dem Kind ... [C] ausgezogen. Unterhalt leistete der Antragsgegner in dieser Zeit für beide (weitgehend) nicht. Gemäß Anerkenntnisbeschluss vom 31.10.2012 wurde der Antragsgegner zu monatlichen Kindesunterhaltszahlungen für ... [C] i.H.v. 180 EUR verpflichtet.

Mit Schreiben vom 8.12.2011 forderte das Jugendamt der Kreisverwaltung ... als Beistand für die Kinder den Antragsgegner zur Zahlung des Mindestkindesunterhalts auf. Nachdem der Antragsgegner dem nicht nachkam, wurde im Juli 2012 das vereinfachte Verfahren auf Festsetzung von Kindesunterhalt für die Zeit ab 1.12.2011 eingeleitet. Dieses wurde sodann nach entsprechenden Einwendungen des Antragsgegners in das streitige Verfahren übergeleitet.

Der Antragsgegner hat sich erstinstanzlich auf seine fehlende Leistungsfähigkeit berufen. Er war bis zu seiner Eigenkündigung zum Juni 2012 bei der ... [D] GmbH beschäftigt. Anschließend wechselten Zeiten der Arbeitslosigkeit und der Erwerbstätigkeit, wobei der Verdienst des Antragsgegners zu keiner Zeit mehr jenen bei der ... [D] GmbH erreichte. Momentan ist der Antragsgegner seit 31.12.2013 erneut arbeitslos. Das bewohnte Anwesen ist mit 385 EUR/mtl. finanziert. Darüber hinaus hat der Antragsgegner zusätzliche Altersvorsorgeaufwendungen i.H.v. 67,81 EUR/mtl. Seine Ehefrau übt einen Minijob aus.

Das Familiengericht hat den Antragsgegner antragsgemäß verpflichtet. Denn der Antragsgegner sei auch unter Berücksichtigung des ihm zu belassenden Selbstbehalts von 1.050 EUR zur Zahlung des Mindestkindesunterhalts jedenfalls als fiktiv leistungsfähig anzusehen. Der Wohnvorteil sei unstreitig mit 600 EUR in Ansatz zu bringen. Mangels während der vorübergehenden Trennung erbrachter Unterhaltszahlungen an seine zweite Ehefrau und das Kind ... [C] könnten diesen gegenüber bestehende Unterhaltsverpflichtungen keine Berücksichtigung finden. Ohnehin sei die zweite Ehefrau nachrangig.

Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde, mit der er eine Herabsetzung des zuerkannten Unterhalts auf monatlich 158,66 EUR je Antragsteller ab 1.2.2013 sowie der Rückstände je Antragsteller auf 3.014,66 EUR begehrt.

Der Antragsgegner macht geltend, das Familiengericht lege ein Einkommen zugrunde, welches er nicht erzielt habe und auch nicht erzielen könne. Er sei auf dem Arbeitsmarkt als ungelernter Arbeiter einzustufen. Der fortlaufende Verlust seiner Beschäftigungen im Jahr 2013 beruhe auf Kündigungen aus ...

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