Leitsatz (amtlich)

Wird die Fax-Absendung von Rechtsmittelschriften einer Hilfskraft übertragen, ist eine besondere Ausgangskontrolle geboten.

Kein Nachschieben weiterer Begründung zur Wiedereinsetzung nach Ablauf der Antragsfrist.

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 26.03.2010; Aktenzeichen 15 O 228/09)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil der Einzelrichterin der 15. Zivilkammer des LG Koblenz vom 26.3.2010 wird unter Zurückweisung ihres Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

 

Gründe

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche nach Rücktritt von einem Vertrag über die Herstellung eines Wohnsattelaufliegers geltend.

Das LG hat der Klage i.H.v. 70.454 EUR durch Teilurteil stattgegeben, weil der Kläger wirksam vom Vertrag zurückgetreten sei, da die Beklagte nicht fristgerecht geliefert habe. Wegen Zahlung weiteren Schadensersatzes i.H.v. 47.292,22 EUR und vorprozessualer Rechtsanwaltskosten von 2.188,44 EUR ist die Klage noch beim LG anhängig.

Das Urteil wurde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 31.3.2010 zugestellt (EB Bl. 188 d.A.). Die Berufung der Beklagten datiert vom 29.4.2010 und ist am 3.5.2010 beim OLG Koblenz eingegangen. Mit Schriftsatz vom 1.6.2010, am selben Tag bei dem OLG eingegangen, hat die Beklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist beantragt.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat die Prozessbevollmächtigte der Beklagten vorgetragen:

Die Beklagte habe sich am 28.4.2010 telefonisch mit ihrer Prozessbevollmächtigten in Verbindung gesetzt und um Einlegung der Berufung gegen das Teilurteil des LG Koblenz vom 26.3.2010 gebeten. Soweit ein Auftrag zur Einlegung eines Rechtsmittels kurz vor Ablauf der Rechtsmittelfrist erteilt werde, werde durch die Prozessbevollmächtigte die Rechtsmittelschrift mit dem ausdrücklichen Hinweis auf den Fristablauf und den Hinweis darauf, dass die Rechtsmittelschrift vorab per Fax versandt werden müsse, diktiert und auf der Akte werde selbst noch einmal ein entsprechender Hinweis der Faxversendung angebracht. Durch die seit Jahren zuverlässig arbeitende Angestellte der Prozessbevollmächtigten, Frau A., werde der Schriftsatz dann ausgefertigt und in die Postausgangsmappe eingelegt, separat werde der für den Faxversand vorgesehene Schriftsatz in einer separaten Faxausgangsmappe zur Unterzeichnung vorgelegt. Durch die Prozessbevollmächtigte würden dann beide Schriftsätze unterzeichnet und danach durch die Angestellte A. das Fax versandt und der für den Postversand vorbestimmte Schriftsatz zur Post fertig gemacht. Erst danach werde die Rechtsmittelfrist im Kalender gelöscht.

Im vorliegenden Fall habe die Prozessbevollmächtigte, nachdem der Auftrag zur Einlegung der Berufung am Nachmittag des 28.4.2010 erteilt worden sei, die Berufungsschrift diktiert und den ausdrücklichen Hinweis erteilt, diese Berufungsschrift wegen der ablaufenden Berufungsfrist vorab per Fax an das zuständige OLG Koblenz zu übermitteln. Zusätzlich sei ein entsprechender Hinweis auf der Akte selbst angebracht worden. Gleichzeitig sei sowohl im Diktat als auch auf der Akte vermerkt worden, dass eine Abschrift des Berufungsschriftsatzes per Fax an die Berufungsklägerin übermittelt werden solle. Durch die Angestellte A. sei dann am 29.4.2010 das Diktat geschrieben und sowohl für den Postausgang fertig gemacht und in die Postmappe zur Unterschrift eingelegt als auch noch einmal separat zur Faxüber-mittlung zusammen mit dem Faxanschreiben an die Beklagte der Prozess-bevollmächtigten zur Unterschrift vorgelegt worden. Diese habe dann sowohl die zum Postversand vorgesehene Ausfertigung als auch die zum Faxversand vorgesehene Ausfertigung der Berufungsschrift zusammen mit dem zum Faxversand vorgesehenen Anschreiben an die Beklagte unterzeichnet und der Angestellten A. ausgehändigt zur Weiterbearbeitung. Versehentlich sei dann jedoch die für die Faxübermittlung vorgesehene Ausfertigung der Berufungs-schrift lediglich zur Kenntnisnahme an die Beklagte gefaxt worden, jedoch nicht an das OLG. Lediglich der zum Postausgang vorgesehene Schriftsatz sei zur Post gegeben worden. Nach Übersendung der Faxdurchschrift an die Beklagte und die Fertigstellung des Postausgangs habe die Angestellte A. die Berufungsfrist im Kalender als erledigt gelöscht.

Erst durch den Schriftsatz des Klägers vom 17.5.2010, eingegangen bei der Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 19.5.2010, sei der Beklagtenvertreterin aufgefallen, dass die Berufungsschrift nicht vorab per Fax an das zuständige OLG übermittelt worden sei.

Bei der Angestellten A. handele es sich um eine geschulte und zuverlässige Bürokraft, die für die Beklagtenvertreterin seit Februar 2006 ohne Beanstandung tätig sei. Regelmäßige Kontrollen hätten ergeben, dass Frau A. fehlerfrei arbeite und Anweisungen immer genau befolge.

Diesen Vortrag hat die Beklagte durch Vorlage einer...

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