Leitsatz (amtlich)

1. Eine zur Leistungsfreiheit des Versicherers führende objektive Verletzung der Aufklärungsobliegenheit liegt vor, wenn nach einem KfZ-Diebstahl in Danzig/Polen in der Schadensanzeige wahrheitswidrig 130.000 anstatt 180.000 gefahrene Kilometer angegeben werden. Der VN vermag sich nicht von der in § 6 Abs. 3 VVG enthaltenen Verschuldensvermutung damit zu entlasten, dass das Schadensanzeigenformular nicht von ihm, sondern von seinem, den genauen Kilometerstand nicht kennenden Vater ausgefüllt worden sei und er, der VN, dieses nur ungeprüft unterschrieben habe.

2. Von einer rechtzeitigen, eine Obliegenheitsverletzung ausschließenden Berichtigung der falschen Angaben kann nicht ausgegangen werden, wenn diese erst erfolgte, nachdem der Versicherer bei der Werkstatt Nachforschungen angestellt hatte (vgl. zur Aufklärungsobliegenheit auch OLG Koblenz v. 12.3.1999 - 10 U 419/98, NVersZ 1999, 273, 274; v. 15.1.1999 - 10 U 1574/97, NVersZ 1999, 272 = VersR 1999, 1536).

 

Normenkette

ZPO § 522 Abs. 2; AKB § 7 Abs. 1 Nr. 2 S. 3; AKB § Abs. 5 Nr. 4; VVG § 6 Abs. 3; VVG § S. 1

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Aktenzeichen 4 O 162/03)

 

Tenor

Der Senat erwägt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Dem Kläger wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 28.1.2005.

Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Leistung wegen Diebstahls seines Fahrzeuges in Danzig/Polen in Anspruch.

Der Kläger war im August 2002 Halter und Eigentümer des Pkw Audi A4 Avant mit dem damaligen amtlichen Kennzeichen. Dieses Fahrzeug war bei der Beklagten unter der Kraftfahrtversicherungsnummer mit einer Selbstbeteiligung von 332 EUR vollkaskoversichert.

Der Bruder des Klägers, M.B., fuhr am 14.8.2002 mit dem Fahrzeug nach Polen. Am 25.8.2002 stellte er den Pkw des Klägers gegen ca. 13.00 Uhr in der Innenstadt von Danzig ab und verschloss ihn. Als er gegen ca. 20.00 Uhr am 15.8.2002 wieder zu dem Platz zurückkehrte, wo er das Fahrzeug abgestellt hatte, musste er feststellen, dass das Fahrzeug dort nicht mehr vorhanden und entwendet war.

Der Bruder des Klägers meldete umgehend am 15.8.2002 bei der Polizei in Polen den Diebstahl. In einer Anzeige bei der Polizei in W. gab er am 20.8.2002 die Kilometerleistung des Fahrzeugs mit 100.000 Kilometer an. Mit einer Anzeige vom 22.8.2002 zeigte der Kläger der Beklagten den Schaden an. Dieses Formular wurde vom Vater des Klägers ausgefüllt und vom Kläger sodann unterschrieben. In diesem Formular ist der Kilometerstand mit 130.000 Kilometer angegeben. Die Fragen Nr. 11 bezüglich reparierter und unreparierter Schäden und verschleißbedingten Reparaturen wie z.B. Austauschmotor, Getriebe und Bremsanlage wurden verneint. Die Frage nach der letzten Inspektion wurde nicht beantwortet. Unter anderen Belegen bezüglich der Ausstattung des Fahrzeugs war dieser Schadensanzeige nur die Rechnung vom 8.3.2001 über die Inspektion bei 120.000 km beigefügt.

Die Beklagte stellte daraufhin Nachforschungen an und bat bei dem Kläger um die Mitteilung der Werkstatt. Nachdem diese mitgeteilt worden war, erhielt die Beklagte von der Werkstatt Rechnungen über fünf weitere Werkstattbesuche nach dem März 2001. Es handelt sich um zwei Inspektionen, den Austausch der Frontscheibe und des Tragegelenks, eine Fahrzeugmessung und den Austausch der Bremsscheiben und Bremsbeläge sowie des Radlagers hinten. Dabei stellte sich heraus, dass die letzte Inspektion am 24.5.2002 bei einem Kilometerstand von 165.800 Kilometer stattgefunden hatte.

Mit Fax vom 4.10.2002 berichtigte der Kläger seine Angaben zum Kilometerstand aus der Schadensanzeige und gab nunmehr den Kilometerstand mit 180.000 Kilometer an.

Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte sei zur Leistung verpflichtet. Da der Wert des Fahrzeugs nicht feststehe, könne er eine Feststellungsklage geltend machen.

Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm auf der Grundlage des Fahrzeug-Vollkaskoversicherungsvertrages aus Anlass des Diebstahls des Pkw Audi A4 Avant mit der Fahrzeug-Identitäts-Nr. ... mit dem ehemaligen Kennzeichen am 15.1.2002 in Danzig/Polen uneingeschränkt Vollkaskoversicherungsschutz zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat sich auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung berufen. Der Kläger habe in seiner Schadensanzeige vorn 22.8.2002 falsche und unvollständige Angaben gemacht. Dies habe sie durch die Rechnungen der Werkstatt, die sie am 1.10.2002 erhalten habe, erfahren. Bestätigt sei dies auch durch ein Telefonat mit dem Vater des Klägers am 14.11.2002, in dem dieser gesagt habe, der Kläger habe ihm den Kilom...

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