Entscheidungsstichwort (Thema)

Entstehung der Vergleichsgebühr bei einer einvernehmlichen Beilegung des Streits um das Sorgerecht. Beschwerde gegen Kostenfestsetzung nach § 128 BraGO. Ehescheidung

 

Leitsatz (redaktionell)

Haben die Parteien zur einvernehmlichen Beilegung des Streits über das Sorgerecht für das gemeinsame Kind in der mündlichen Verhandlung vereinbart, die Hilfe einer Beratungsstelle in Anspruch zu nehmen, fällt keine Vergleichsgebühr an, da diese Vereinbarung keinen Vergleichscharakter hat.

 

Normenkette

BGB § 779 Abs. 1; BRAGO § 23 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

AG Neuwied (Beschluss vom 15.09.2004; Aktenzeichen 16 F 174/03)

 

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – Neuwied – vom 15. September 2004 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die Parteien trafen im Scheidungsverfahren in der mündlichen Verhandlung vom 4.5.2004 folgende Vereinbarung: „Die Parteien verpflichten sich, sich wegen des Sorgerechts für den gemeinsamen Sohn …bei der Beratungsstelle… abzumelden und konstruktiv dort eine Beratung in Anspruch zu nehmen.”

Die Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners, die diesem im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnet waren, beantragen gemäß § 123 BRAGO die Festsetzung ihrer Kosten und dabei im Hinblick auf die genannte Vereinbarung die Festsetzung einer Vergleichsgebühr.

Der Rechtspfleger setzte die geltend gemachte Vergleichsgebühr ab; die hiergegen eingelegte Erinnerung wies der Amtsrichter zurück.

Hiergegen wenden sich die Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners mit ihrer Beschwerde

Die gemäß § 128 IV BRAGO zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine von den Kindeseltern vor Gericht getroffene Vereinbarung zum Sorgerecht für die beteiligten Rechtsanwälte eine Vergleichsgebühr gemäß § 23 BRAGO auslösen (vgl. Senat FamRZ. 2002, 37)

Zwar unterliegt die Sorgerechtsregelung nach wie vor nicht der Verfügungsbefugnis der Parteien. Nach der Neuregelung des § 1671 BGB kommt dem übereinstimmenden Vorschlag der Eltern jedoch insoweit eine besondere Bedeutung zu, als das Gericht dem Antrag auf Aufhebung der gemeinsamen Sorge bei Zustimmung des anderen Elternteils stattgeben und dem gemeinsamen Wunsch entsprechen muss. Dies rechtfertigt die Zuerkennung einer Vergleichsgebühr für den Anwalt, der durch seine Bemühungen an der Beilegung eines zuvor bestehenden Streits über das Sorgerecht mitgewirkt hat (Senat, a.a.O.)

So liegt es indessen hier nicht. Die Parteien haben keinerlei das Gericht oder sie selbst in irgendeiner Form bindende Vereinbarung getroffen, sondern lediglich eine Art Selbstverpflichtung, im Sinne des gemeinsamen Kindes bei ihren diesbezüglichen Auseinandersetzungen professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Eine solche Vereinbarung hat auch im Ansatz keinen Vergleichscharakter. Nicht jede einvernehmliche Streitbeilegung stellt schon einen Vergleich dar. In der Regel ist es vielmehr erforderlich, dass die Vereinbarung auch als Vollstreckungstitel tauglich sein muss (BGH FamRZ 2003, 89). Für das Gebiet der elterlichen Sorge wird wegen der Besonderheiten der Bindung des Gerichts an die Vereinbarung der Eltern die oben beschriebene Ausweitung vorgenommen. Dies kann jedoch nicht dazu führen, jegliche einvernehmliche Streitbeilegung als Vergleich im Sinne des Kostenrechts zu interpretieren.

 

Unterschriften

Haupert

 

Fundstellen

Haufe-Index 1547920

FamRZ 2005, 738

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