Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollstreckung aus ausländischem Unterhaltstitel (österreichischer Prozessvergleich)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zur Vollstreckbarerklärung eines österreichischen Unterhaltstitels (Prozessvergleich)

2. Die Vollstreckbarerklärung des Prozessvergleichs kann vom Beschwerdegericht nur dahin überprüft werden, ob die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde der öffentlichen Ordnung (ordre public) offensichtlich widersprechen würde; sonstige Einwendungen gegen die Entscheidungsfindung I. Instanz sowie gegen den titulierten Anspruch selbst sind ausgeschlossen.

 

Normenkette

EuGVVO Art. 57-58; AVAG § 12 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Beschluss vom 19.11.2003; Aktenzeichen 3 O 64/03)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des LG Mainz vom 19.11.2003 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird festgesetzt auf 34.320 Euro.

 

Gründe

I. Die Parteien sind miteinander verheiratet. Durch Prozessvergleich vor dem Bezirksgericht Liesing (Österreich) vom 9.5.2003 (Bl. 2-5 GA) hat sich der Antragsgegner - unter Ziff. III. - verpflichtet, ab 1.6.2003 an die Antragstellerin einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 1.400 Euro sowie für die (beiden) gemeinsamen Kinder für den Monat Juni 2003 einen Unterhaltsbetrag von jeweils 450 Euro und ab dem Monat Juli 2003 einen monatlichen Unterhaltsbetrag von jeweils 730 Euro zu zahlen; der Antragsgegner hat sich des Weiteren verpflichtet, für den Monat Juni 2003 das Schulgeld für die beiden Kinder zu zahlen.

Die Antragstellerin, die aus dem Prozessvergleich gegen den Antragsgegner im Bezirk des angerufenen LG die Zwangsvollstreckung betreiben will (Gehalts- und Kontenpfändung; Bl. 1 und 32 GA), verfolgt die Vollstreckbarerklärung von Ziff. III. des - in Österreich vollstreckbaren (Bescheinigung des Bezirksgerichts Liesing vom 21.10.2003; Bl. 18 GA) - Prozessvergleichs vom 9.5.2003 "bezüglich der laufenden Unterhaltszahlungen" (Bl. 11 GA).

Das LG hat durch Beschluss vom 19.11.2003 (Bl. 12/13 GA) erkannt, dass Ziff. III des gegenständlichen Prozessvergleichs mit der Vollstreckungsklausel zu versehen ist; die Vollstreckungsklausel wurde am 1.12.2003 erteilt (Bl. 16/17 GA).

Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 18.12.2003, eingegangen beim LG am 22.12.2003, Beschwerde eingelegt (Bl. 24/25 GA); er beantragt, den Beschluss des LG Mainz vom 19.11.2003 aufzuheben und die Vollstreckungsklausel für unzulässig zu erklären.

II. Die Beschwerde ist statthaft (Art. 43 Abs. 1 EuGVVO) und auch im Übrigen zulässig, insb. fristgerecht erhoben (Art. 43 Abs. 5 S. 2 EuGVVO); sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

1. Die gegenständliche Vollstreckbarerklärung bestimmt sich - worauf bereits das LG zutreffend hingewiesen hat (Verfügung vom 30.9.2003; Bl. 5 Rs. GA) - nach Maßgabe der Art. 38 ff., Art. 57, 58 EuGVVO, ergänzt durch die Durchführungsbestimmungen des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes vom 19.2.2001 (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, Abs. 2 S. 1 AVAG). Der sachliche Anwendungsbereich der - unmittelbar geltenden (Art. 249 Abs. 2 EGV) - Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates der Europäischen Union vom 22.12.2000 ist eröffnet (Art. 1 Abs. 1 und 2 EuGVVO). Deutschland und Österreich sind Mitgliedsstaaten im Sinne der Verordnung (Art. 1 Abs. 3, Art. 68 EuGVVO); der Prozessvergleich vor dem Bezirksgericht Liesing wurde zeitlich nach dem In-Kraft-Treten der Verordnung am 1.3.2002 (Art. 76 EuGVVO) geschlossen (Art. 66 Abs. 1 EuGVVO).

Diese Rechtsgrundlage greift - unmittelbar - auch im Hinblick auf die titulierte Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Kindesunterhalt ein. Zwar ist insofern vorrangig - das im Verhältnis zu Österreich fortgeltende Haager Übereinkommen vom 15.4.1958 (BGBl. 1961 II, 1006) einschlägig (Art. 71 Abs. 1, Abs. 2 lit. b S. 2 EuGVVO; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., 2003, Anh. nach § 723 Rz. 5); die Antragstellerin hat indes ausdrücklich (Schriftsatz vom 12.11.2003; Bl. 9 GA) das Verfahren der Vollstreckbarerklärung nach der EuGVVO gewählt (Art. 11 HUÜ 1958; Art. 71 Abs. 2 lit. b S. 3 EuGVVO; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., 2003, Art. 71 EuGVVO Rz. 5; Heiderhoff, IPRax 2004, 99 [100 f.]; s. allgemein zum sog. Günstigkeitsprinzip: Linke, Internationales Zivilprozessrecht, 3. Aufl., 2001, Rz. 339).

2. Der Senat entscheidet in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung (§ 122 Abs. 1 GVG). Da hier im ersten Rechtszug der Vorsitzende der Zivilkammer entschieden hat (vgl. Art. 39 Abs. 1 i.V.m. Anhang II EuGVVO), liegt kein Erkenntnis eines (originären) Einzelrichters i.S.d. §§ 568, 348 ZPO vor (Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl. 2003, Art. 43 EuGVVO Rz. 18).

3. Die vom LG ausgesprochene Vollstreckbarerklärung des ausländischen Prozessvergleichs begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

a) In Ansehung des gegenständlichen Prozessvergleichs ist der Senat im Rechtsbehelfsverfahren auf die Prüfung beschränkt, ob die Zwangsvollstreckung...

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