Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtbarkeit einer vorläufigen Streitwertfestsetzung

 

Normenkette

GVG §§ 62, 68; RVG § 32

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Beschluss vom 07.05.2007; Aktenzeichen 4 O 189/06)

 

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Mainz vom 7.5.2007 wird als unzulässig verworfen.

Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Beschwerdewert beträgt 1.000 EUR.

 

Tatbestand

Durch Beschluss vom 7.5.2007 hat das LG den Streitwert - erkennbar vorläufig - auf 259.012,82 EUR festgesetzt. Mit Beschluss vom 14.1.2008 hat das LG auf die Beschwerde der Beklagtenvertreter den Streitwert - wiederum erkennbar vorläufig - auf 298.712,72 EUR festgesetzt und der Beschwerde im Übrigen nicht abgeholfen.

Mit ihrer im eigenen Namen erhobenen Beschwerde erstreben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten eine höhere Festsetzung des Streitwerts.

Das Rechtsmittel war unzulässig und musste daher verworfen werden.

 

Entscheidungsgründe

Die Streitwertfestsetzung durch das LG Mainz erfolgte nach dem Verständnis des Senates gem. § 62 GKG n.F.

§ 62 GKG n.F. entspricht inhaltlich § 24 GKG a.F., während in § 63 GKG n.F. die Regelungen von § 25 Abs. 1 GKG a.F. enthalten sind. Die möglichen Rechtsmittel gegen Streitwertfestsetzungen sind nunmehr in den § 66 ff. GKG n.F. geregelt. Bereits nach der bisherigen Regelung war eine Entscheidung nach § 24 GKG a.F. nicht isoliert, sondern nur mit der Hauptsache anfechtbar (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 33. Aufl., Rz. 1 zu § 24 GKG a.F.) und eine vorläufige Streitwertfestsetzung nach § 25 Abs. 1 GKG a.F. konnte ebenfalls nicht isoliert, sondern - bei Beschwer, die hier nicht gegeben ist - nur i.V.m. einer Vorschussanforderung angefochten werden (Hartmann, a.a.O., Fn. 14 zu § 25 GKG a.F.). Insoweit sollte die n.F. des Gerichtskostengesetzes, insb. § 68 GKG n.F. keine Erweiterung der bisherigen Rechtsmittel regeln (vgl. hierzu auch OLG Stuttgart NJW-RR 2005, 942).

Ein Rechtsmittel gegen den angefochtenen Beschluss nach § 68 GKG n.F. ist danach nicht statthaft.

Auch nach der Vorschrift des § 32 Abs. 2 S. 1 RVG ist die Beschwerde nicht statthaft. Es fehlt an einer beschwerdefähigen Entscheidung des LG.

Die Frage, ob die Beschwerde auch dann statthaft ist, wenn sie sich gegen die vorläufige Streitwertfestsetzung zum Zwecke der Gebührenerhebung durch den beauftragen Rechtsanwalt richtet, wird in Literatur und Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet. Teilweise wird aus der Regelung des § 9 Abs. 2 BRAGO a.F., der dem heute geltenden § 32 Abs. 2 RVG entspricht, ein selbständiges Beschwerderecht des Rechtsanwalts für diese Fälle hergeleitet (OLGR Köln, 2000, 323; Schneider, Streitwertbeschwerde des Anwalts, MDR 2000, 380 [381]). Nach anderer Auffassung, der sich der Senat anschließt, ist die Vorschrift des § 9 Abs. 2 BRAGO a.F. (heute § 32 Abs. 2 RVG) einschränkend dahin auszulegen, dass eine Beschwerde nur im Rahmen der Regeln des GKG stattfinden soll (OLGR Jena 1999, 392; OLGR Frankfurt 1999, 43; OLG Hamm MDR 2005, 1309; Meyer, Streitwertbeschwerde des Rechtsanwalts gegen eine vorläufige Wertfestsetzung nach § 25 Abs. 1 GKG, 9 Abs. 2 BRAGO?, JurBüro 2000, 396).

§ 32 Abs. 2 RVG verleiht dem Rechtsanwalt zwar ein eigenes Beschwerderecht. Die Vorschrift eröffnet aber keine über die Regelungen nach dem Gerichtskostengesetz hinausgehende Beschwerdemöglichkeit. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 32 Abs. 2 S. 2 RVG, der im Falle einer unterbliebenen Wertfestsetzung auf nach anderen Rechtsvorschriften gegebene Rechtsbehelfe verweist. Das Beschwerderecht nach § 32 Abs. 2 S. 1 RVG kann aber nicht weiter gehen als dasjenige, welches dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestanden hätte, wenn eine vorläufige Wertfestsetzung unterblieben wäre. Hinzu kommt, dass die vorläufige Festsetzung des Streitwerts - abhängig vom Verfahrensstand - mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sein kann, die Anlass für eine mehrfache Änderung der Entscheidung im laufenden Verfahren sein kann. Würde sich an jede Änderung ein Beschwerdeverfahren des Rechtsanwalts anschließen, so könnte der Rechtsstreit ohne entsprechende Notwendigkeit und ohne dass die Partei die Möglichkeit hätte, hierauf Einfluss zu nehmen, über Gebühr verzögert werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Da das Rechtsmittel nicht statthaft ist, ist das Verfahren nicht gebührenfrei gem. § 66 Abs. 8 GKG n.F. (BGH R GKG, § 25 Abs. 3 S. 1; OLG Koblenz NJW-RR 2000, 1239).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2010547

NJW-RR 2009, 499

MDR 2008, 1368

OLGR-West 2008, 788

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