Verfahrensgang

AG Mainz (Entscheidung vom 09.07.2020)

 

Tenor

  1. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Mainz vom 9. Juli 2020 wird als unbegründet verworfen.
  2. Der Betroffene hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 46 Abs. 1 OWiG iVm. § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).
 

Gründe

I.

1.

Mit Bußgeldbescheid vom 26. August 2019 hat die Zentrale Bußgeldstelle beim Polizeipräsidium ... gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 31 km/h eine Geldbuße von 150,- Euro festgesetzt und ein einmonatiges Fahrverbot verhängt. Zuvor hatte sie den Betroffenen, der Halter des gemessenen Pkws mit dem amtlichen Kennzeichen ... ist, mit Schreiben vom 24. Juni 2019 angehört. Nachdem dieser sich zu dem Tatvorwurf nicht geäußert hatte, bat die Bußgeldbehörde mit Schreiben vom 16. Juli 2019 die Einwohnermeldebehörde der Stadt ... um Übersendung eines Vergleichsfotos des Betroffenen zum Zwecke der Fahreridentifizierung, dem diese Behörde am 22. Juli 2019 nachkam.

2.

Mit dem im Tenor genannten Urteil hat das Amtsgericht gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 31 km/h auf die bereits im Bußgeldbescheid festgesetzten Rechtsfolgen erkannt.

Gegen das Urteil hat der Betroffene am 14. August 2020 Rechtsbeschwerde eingelegt. Er rügt, dass die Bußgeldbehörde sein Personalausweisfoto angefordert habe, was einen Verstoß gegen § 24 Abs. 2 Personalausweisgesetz (PAuswG) darstelle. Dieser vorsätzlich begangene, erhebliche Gesetzesverstoß gebiete unter dem Gedanken des Opportunitätsgrundsatzes die Einstellung des Verfahrens. Eine Sanktionierung mittels der Rechts- und Regelfolgen der Bußgeldkatalogverordnung sei damit nicht vereinbar. Darüber hinaus beanstandet der Betroffene, dass die Bußgeldakte elektronisch geführt worden sei, da es in Rheinland-Pfalz mangels Rechtsverordnung zu § 110a OWiG an einer Rechtsgrundlage hierfür fehle. Insoweit werde sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 4a Abs. 1 Satz 1 der Landesverfassung Rheinland-Pfalz verletzt. Des Weiteren wendet der Betroffene ein, dass das Messfoto nicht geeignet gewesen sei, ihn als Fahrer zu identifizieren. Er rügt ferner die Erhöhung der Regelgeldbuße von 120,- Euro auf 150,- Euro und beanstandet, dass das Gericht die von ihm vorgetragenen Gründe, nach denen vom Fahrverbot ausnahmsweise gegen angemessene Erhöhung der Geldbuße gemäß § 4 Abs. 4 BKatV hätte abgesehen werden können, nicht ausreichend beachtet habe.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 11. September 2020 beantragt, die Rechtsbeschwerde gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG iVm. § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen. Hierauf hat der Verteidiger mit Schriftsatz vom 22. September 2020 erwidert.

3.

Der Einzelrichter des Senats hat die Sache gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1 OWiG durch Beschluss vom heutigen Tag auf den Senat zur Entscheidung übertragen, da es geboten ist, das Urteil zur Fortbildung des Rechts nachzuprüfen.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 79 Abs. 1 Satz 2 OWiG statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere in der gesetzlich vorgeschriebenen Form eingelegt und begründet worden.

In der Sache hat sie keinen Erfolg. Die Überprüfung des Urteils nach Maßgabe der Rechtsbeschwerdebegründung und der Gegenerklärung vom 22. September 2020 hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben.

1.

Verfahrenshindernisse, die aufgrund der ordnungsgemäß erhobenen Sachrüge vom Senat von Amts wegen zu berücksichtigen wären (vgl. OLG Koblenz, Beschl. 2 SsBs 128/12 v. 26.08.2013 - NStZ-RR 214, 189; 2 SsBs 22/11 v. 15. Juni 2011), liegen nicht vor. Insbesondere ging dem Urteil ein ordnungsgemäß erlassener Bußgeldbescheid voraus und die Übersendung des Anhörungsbogens gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG hatte verjährungsunterbrechende Wirkung, so dass die Ordnungswidrigkeit nicht verjährt ist. Dem steht nicht entgegen, dass die Zentrale Bußgeldstelle die Bußgeldakten in elektronischer Form führt, auch wenn die Landesregierung es bisher versäumt hat, die dazu notwendige Rechtsverordnung im Sinne des § 110a Abs. 1 Satz 2, 3 OWiG zu erlassen. Denn mit vollständigem Ausdruck der gespeicherten Verfahrensunterlagen ist die Bußgeldbehörde zu einer Aktenführung in Papierform übergegangen. Die Ausdrucke bilden eine ausreichende Grundlage des weiteren Verwaltungs- und des gerichtlichen Verfahrens, zumal ein Großteil der Unterlagen von vornherein nur in digitaler Form ohne Papierurschrift - wie etwa die Messdaten - oder jedenfalls nicht als Originalurkunde - wie etwa der Eichschein oder Schulungsnachweise - vorlagen. Der Anhörungsbogen und der Bußgeldbescheid sind vorliegend ausgedruckt und in Papierform an den Betroffenen versandt worden; in dieser Gestalt bilden sie die nach §§ 65 f. OWiG erlassene Urschrift. Einer Unterschrift oder besonderen aktenmäßigen Dokumentation seines E...

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