Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlegungs- und Beweislastverteilung im Unterhaltsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Den Unterhaltspflichtigen trifft nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen eines Härtegrundes nach § 1579 BGB sowie für alle Umstände, die seine Inanspruchnahme als grob unbillig erscheinen lassen.

Gründet sich sein Vortrag auf Tatsachen, die dem Wahrnehmungsbereich des Unterhaltsberechtigten angehören, ist es diesem zuzumuten, einen ins Einzelne gehenden Gegenvortrag einzuführen, das bloße einfache Bestreiten reicht in diesem Fall nicht aus.

 

Normenkette

BGB § 1361 Abs. 3, § 1579 Nr. 6; ZPO § 138 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Bingen am Rhein (Beschluss vom 23.03.2004; Aktenzeichen 9 F 160/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des AG - FamG - Bingen am Rhein vom 23.3.2004 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die miteinander verheirateten Parteien leben seit März 2003 getrennt; aus der Ehe ist das Kind Ch. (geb. 30.11.1989) hervorgegangen, das beim Kläger lebt.

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Zahlung des Mindestunterhalts für das gemeinsame Kind i.H.v. derzeit 284 EUR monatlich, die Beklagte begehrt im Wege der Widerklage ab 1.3.2003 die Zahlung von Trennungsunterhalt i.H.v. - noch - 190 EUR monatlich (nach Verrechnung mit dem Kindesunterhalt).

Das AG hat mit Beschluss vom 23.3.2004 (14-16 PKH-Heft) den Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Widerklage mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Unterhaltsanspruch der Beklagten mit Rücksicht auf ihr - vom Kläger unwidersprochen - vorgetragenes außereheliches Verhältnis verwirkt sei. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 31.3.2004 (Bl. 53/54 GA).

II. Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 127 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Die Widerklage verspricht nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand keine Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).

Die Beklagte hat einen etwaigen Anspruch auf Trennungsunterhalt gem. § 1579 Nr. 6 i.V.m. § 1361 Abs. 3 BGB verwirkt. Mit Recht ist das AG davon ausgegangen, dass sich die Beklagte aus der intakten Ehe heraus einem anderen Partner zugewendet hat und mit diesem in eheähnlicher Gemeinschaft zusammenlebt (BGH v. 17.2.1982 - IVb ZR 653/80, MDR 1982, 654 = NJW 1982, 1216 [1217]; v. 27.9.1989 - IVb ZR 78/88, MDR 1990, 140 = NJW 1990, 253 [254]).

a) Der Kläger hat vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass die Beklagte "aus einer intakten Ehe ausgebrochen" sei, indem sie sich schon während der Ehe dem benannten Zeugen H. zugewandt habe und mit diesem zusammenlebe, das - bis heute fortbestehende (Schriftsatz v. 13.4.2004; Bl. 57 GA) - außereheliche Verhältnis sei der Grund für die Trennung gewesen (Schriftsatz v. 19.2.2004; Bl. 37 GA). Er hat ergänzend vorgebracht, dass die Beklagte mit dem Zeugen J. in der Öffentlichkeit als Paar auftrete, sie dessen Auto - "sowohl zur Arbeit als auch zum Einkaufen" - fahre und das Paar "fast jeden Abend in den B. Lokalen zu sehen" sei (Schriftsatz v. 10.3.2004; Bl. 43 GA).

Diesem Vortrag ist die Beklagte überhaupt erst mit der Beschwerde entgegengetreten, wobei sie sich darauf beschränkt hat, ihre "Zuwendung" zu dem Zeugen J. sowie das Zusammenleben mit ihm in eheähnlicher Gemeinschaft respektive ein "auf Dauer angelegtes intimes Verhältnis" zu bestreiten (Schriftsatz v. 31.3.2004; Bl. 54 GA). Damit ist die Beklagte indes ihrer (sekundären) Darlegungslast nicht gerecht geworden, sodass die Behauptung des Klägers als zugestanden anzusehen ist (§ 138 Abs. 3 ZPO).

Allerdings trifft den Kläger als Unterhaltspflichtigen nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen des Härtegrundes nach § 1579 BGB sowie für alle Umstände, die seine Inanspruchnahme als grob unbillig erscheinen lassen (BGH v. 28.11.1990 - XII ZR 1/90, FamRZ 1991, 670 [672]; Gerhardt in Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl. 2004, § 4 Rz. 610). Gründet sich der Vortrag des Verpflichteten aber - wie hier - auf (hinreichend konkret bezeichnete) Tatsachen, die dem (privaten) Wahrnehmungsbereich der anderen Partei angehören, ist es dieser im Hinblick auf die ihr obliegende unterhaltsrechtliche Auskunftspflicht (§ 242 BGB) zuzumuten, einen ins Einzelne gehenden Gegenvortrag zu halten; das bloße einfache Bestreiten genügt dann nicht mehr (BGH v. 15.10.1986 - IVb ZR 78/85, MDR 1987, 302 = NJW 1987, 1201; Dose in Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl. 2004, § 6 Rz. 722; Palandt/Brudermüller, BGB, 61. Aufl. 2002, § 1579 Rz. 50; s.a. OLG Koblenz, Urt. v. 14.3.2005 - 15 UF 605/99, OLGReport Koblenz 2000, 254 ff.). Im Streitfall tritt hinzu, dass in Ansehung des - unwidersprochenen gebliebenen - Klagevorbringens zum Auftreten der Beklagten mit dem Zeugen J. in der Öffentlichkeit bereits nach den Grundsätzen d...

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