Leitsatz (amtlich)

1. Für die Geltendmachung eines Beweisverwertungsverbots wegen Verstoßes gegen § 81a Abs. 2 StPO ist erforderlich, dass rechtzeitig, d.h. bis spätestens zu dem in § 257 Abs. 2 StPO bestimmten Zeitpunkt in der ersten Tatsacheninstanz, gegen die Verwertung Widerspruch erhoben wird; in der Begründung der Verfahrensrüge sind die Tatsachen dazu mitzuteilen.

2. Darauf kann auch nicht verzichtet werden, wenn der Angeklagte in erster Instanz freigesprochen worden ist, auch wenn sich der Freispruch auf ein Beweisverwertungsverbot stützt.

3. Das Nachschieben von Vortrag zur Begründung bereits erhobener Verfahrensbeanstandungen ist nach Ablauf der Frist des § 345 Abs. 1 StPO nicht möglich.

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Entscheidung vom 03.05.2010)

 

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 7. kleinen Strafkammer des Landgerichts Mainz vom 3. Mai 2010 wird als offensichtlich unbegründet verworfen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen dem Angeklagten zur Last.

 

Gründe

Die Entscheidung beruht auf § 349 Abs. 1, Abs. 2 StPO und entspricht dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft.

1. Die Revision ist unzulässig, soweit mit ihr die Verletzung von § 81a Abs. 2 StPO und ein damit einhergehendes Beweisverwertungsverbot geltend gemacht wird, da sie nicht den besonderen Darlegungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entspricht.

Danach müssen bei einer Verfahrensrüge die Tatsachen, aus denen sich der behauptete Verfahrensmangel ergeben soll, so genau dargelegt werden, dass das Revisionsgericht aufgrund dieser Darlegung ohne Rückgriff auf die Akten sein Vorliegen feststellen kann, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen sind oder bewiesen werden.

Für die Geltendmachung eines Beweisverwertungsverbots wegen Verstoßes gegen § 81a Abs. 2 StPO ist erforderlich, dass rechtzeitig, d.h. bis spätestens zu dem in § 257 Abs. 2 StPO bestimmten Zeitpunkt in der ersten Tatsacheninstanz, gegen die Verwertung Widerspruch erhoben wird; in der Begründung der Verfahrensrüge sind die Tatsachen dazu mitzuteilen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 08.03.2010 - 2 (9) Ss 18/10, zit. n. juris Rdnr. 5; OLG Hamm, Beschl. v. 22.12.2009 - 3 Ss 497/09 -, zit. n. juris Rdnr. 9, 12; OLG Celle, Beschl. v. 16.06.2009 - 311 SsBs 49/09, zit. n. juris Rdnr. 7; OLG Hamburg, Beschl. v. 04.02.2008 - 2 - 81/07 (REV) -, zit. n. juris Rdnr. 35). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass es sich bei dem Widerspruchsrecht des Angeklagten um ein prozessuales Gestaltungsrecht handelt, dessen Ausübung nicht auf einen bestimmten Verfahrensabschnitt beschränkbar ist und dessen Nichtausübung innerhalb der Frist des § 257 Abs. 2 StPO deshalb zum endgültigen Rechtsverlust führen muss (vgl. für die Verletzung von §§ 136 Abs. 2 Satz 2, 163a Abs. 4 Satz 2 StPO: BGH, Beschl. v. 09.11.2005 - 1 StR 447/05, zit. n. juris Rdnr. 13; für die Verwertung einer ohne Einwilligung des Beschuldigten gewonnenen Speichelprobe: BGH, Beschl. v. 15.10.2009 - 5 StR 373/09 -, zit. n. juris).

Die hiernach erforderliche Mitteilung lässt die Revisionsbegründungsschrift vermissen; ihr lässt sich nur entnehmen, dass der Angeklagte der Beweisverwertung in der Berufungsinstanz widersprochen hat.

Auf die Mitteilung konnte auch nicht deshalb verzichtet werden, weil der Angeklagte in erster Instanz freigesprochen worden ist, auch wenn sich, wie sich aus dem auf die Sachrüge hin heranzuziehenden landgerichtlichen Urteil ergibt, der Freispruch auf ein Beweisverwertungsverbot stützt. Aus diesem Umstand ergibt sich nicht zwangsläufig, dass dem Freispruch auch ein rechtzeitig erhobener Widerspruch zugrunde lag. Denn das Verfahren ist wegen der Anfechtbarkeit durch die Staatsanwaltschaft nach dem erstinstanzlichen Freispruch nicht unbedingt beendet, während ein nicht rechtzeitig in erster Instanz erhobener Widerspruch gleichwohl zur Verwirkung des Widerspruchsrechts führt (vgl. OLG Karlsruhe, aaO., Rdnr. 6 m.w.N.; OLG Hamm, Beschl. v. 13.10.2009 - 3 Ss 359/09, zit. n. juris Rdnr. 5; OLG Stuttgart NStZ 1997, 405).

Soweit der Angeklagte (erst) in seiner Gegenerklärung vortragen lässt, dass er der Beweisverwertung bereits in erster Instanz widersprochen hat, ist dies unbeachtlich; das Nachschieben von Vortrag zur Begründung bereits erhobener Verfahrensbeanstandungen ist nach Ablauf der Frist des § 345 Abs. 1 StPO nicht möglich (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl. 2010, § 345 Rdnr. 28 m.w.N.).

2. Die auf die allgemeine Sachrüge vorzunehmende Überprüfung des Urteils lässt Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht erkennen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2624364

NStZ-RR 2011, 148

NZV 2011, 513

NZV 2011, 6

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